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Archiv für den Tag: 11. Februar 2010

Vincent Paul Sonderland

(kgc). Dr. Vincent Paul Sonderland wurde am 18. September 1785 in Kaiserswerth geboren und ist 77-jährig am 12. Januar 1862 in Barmen gestorben. Begraben ist er auf dem Unterbarmer Friedhof.
Nach dem medizinischen Studium in Heidelberg hat Vincent Paul Sonderland 1808 zum Doktor der Medizin promoviert und sich als praktischer Arzt in Ratingen niedergelassen. Dort erreichte ihn 1814 die Berufung als Kantons-Physikus – Kreisarzt der Stadt – nach Barmen. Tüchtige fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten, Gemeinsinn und eine angenehme Umgangsart erwarben ihm schnell das Vertrauen seiner Mitbürger und Vorgesetzen. Schon 1816 wurde er Stadtrat, wenig später Bezirksarzt des ganzen Kreises Elberfeld-Mettmann. Als er in den Ruhestand trat, wurde er zum Geheimen Sanitätsrat ernannt.
Seine Bedeutung für die Heimat seiner Wahl erwarb sich Dr. Sonderland weit über seine Lebenszeit hinaus durch die „Geschichte von Barmen“, die er 1821 drucken ließ. Sonderland gehörte zu den Menschen, die sich für die Fragen ihres Berufes auch mit der Feder des Journalisten einsetzen. So gab er sich gleich nach seinem Beginn in Barmen an die Bearbeitung einer „medizinischen Topographie von Barmen“, wie er es nennt, also wohl einer Übersicht über die gesundheitlichen Fragen seines Stadtbezirks. Das Werk ist wohl nicht erhalten geblieben. Er erhielt dabei eine Fülle von allgemeinen Nachrichten aus der Vergangenheit der noch jungen Stadt Barmen. Er wusste, dass er mit der Zusammenstellung einer Barmer Geschichte eine Lücke im Schrifttum ausfüllen würde. Ihn drängte aber auch sein Sinn für systematische Vollständigkeit dahin, die leeren Stellen, die in dem inzwischen gewonnenen Bild von der Ortsgeschichte noch blieben, auf Grund mündlicher Berichte und schriftlicher Quellen zu ergänzen.
Als Geschichtsforscher oder als Geschichtsschreiber von hohem Rang kann man Sonderland nicht bezeichnen. Dazu fehlte ihm die Fachbildung. Aber sein in der Medizin und Naturforschung geschulter wissenschaftlicher Sinn für Tatsachen hielt ihn in dem Rahmen, der ihm als Laien am besten anstand: nur das zu schreiben, was nach sorgfältiger Untersuchung und Befragung dem kritischen Urteil genügte.
Wenn man bedenkt, wie wenig noch seine Zeitgenossen, auch die Historiker vom Fach, das Mittelalter kannten, und dass ihm für den mittelalterlichen Anfang seiner Erzählung nur die damals eben erschienenen „Akademischen Beiträge“ von Kremer zur Verfügung standen, dass er überhaupt nur wenig historische Handbücher benutzen konnte, wird man ihm ein paar Irrtümer verzeihen. Das meiste, was Sonderland erzählte, ist in den folgenden Jahrhunderten von der Geschichtsforschung bestätigt worden. Sein Stil war meistens erfreulich kurz und immer sachlich und klar.

Lesetipp:
„Die Geschichte von Barmen“, V.P. Sonderland, Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Wuppertals Band 8, 1821, Born-Verlag Wuppertal 1963

Saul Wahl

(uf). Der 1797 in Pirmasens geborene und in Koblenz aufgewachsene Saul Wahl gründete 1821 die „Handlung für Kleider- und Bettwaren“ im Barmer Bruch, das Gebiet um den heutigen Engelsgarten. Zuvor machte er bei der Elberfelder Firma Leudesdorf & Enoch eine Kaufmannslehre. Interessant ist, dass er als Knabe mit napoleonischen Truppen vom deutschen Südwesten nach Nordosten mit Ziel Moskau gezogen war und sich im Wuppertal stoppen ließ.

Wahls Textilgeschäft, dessen Waren von guter Qualität und preiswert sein mussten, fand seine Kundschaft zunehmend im Kreis des Berger Bürgertums. Die alteingesessen Bürger produzierten eher die textilen Stoffe, während der Handel mit den Produkten in Wuppertal bis in die Zeit des Nationalsozialismus eine im ganzen Deutschen Reich bekannte Domäne von jüdischen Aufsteigern wurde. Saul Wahl war Jude. Sein Name findet sich in einer Liste der Oberbürgermeisterei Barmen des Jahres 1824 über hier lebende jüdischen Bürger.

1847 verlegt Saul Wahl seine Geschäftsräume nach Barmen-Gemarke in die zentral gelegene Mittelstraße, den heutigen Werth. Inzwischen war auch sein Bruder Raphael nach Barmen gekommen und in die Firma eingetreten, die sich dann „S. & R. Wahl“ nannte. Die Bedeutung Barmen als Handelszentrum neben Elberfeld war gestiegen, seit 1847 die Bergisch-Märkische Eisenbahnstrecke Elberfeld – Barmen – Schwelm eröffnet wurde.

S. & R. Wahl war in Barmen und Umgebung als reell und preiswert geschätzt. Damals gab es im Einzelhandel noch keine festen Preis, keine Garantie und kein Umtauschrecht. Die Brüder Wahl betrieben eine fortschrittliche Geschäftspolitik. Die Firma expandierte auch weiter, nachdem 1864 Hermann Wahl, das neunte Kind von Saul und Amalie Wahl, in die Geschäftsleitung eingetreten war. Ab 1852 befanden sich die Geschäftsräume in die Werther Straße 2. Die Marktbedürfnisse wurden klug eingeschätzt und die technische Entwicklung umgesetzt. Dazu zählte die Eingliederung von Teppichen und Inneneinrichtungen ins Warenangebot.

Der Pionier des Barmer Geschäftslebens, Saul Wahl, starb 1867 und wurde auf dem jüdischen Friedhof in der Elberfelder Judenkirchhofstraße (heute: Weißenburgstraße) beigesetzt. Sohn Hermann trat in Vaters Fußstapfen.

Lesetipps:
„Die Wahls in Barmen“, ein jüdisches Familienschicksal in Briefen, Ulrich Föhse, in: Klaus Goebel (Hg.): Unter Hakenkreuz und Bombenhagel, Wuppertal 1989.

19.02.2008

Siegfried Hüsemann

(kgc). Als Siegfried Hüsemann am 24. Mai 2009 für immer seine Augen schloss, trauerte ganz Nächstebreck um einen verdienten Mitbürger. „Er hinterlässt eine tiefe und schmerzhafte Lücke“, formulierte Hermann Josef Richter in seiner Funktion als 1. Vorsitzender des Bürgervereins Nächstebreck. Die beiden Herren waren über Jahrzehnte Weggefährten, als es um Gesellschaft und Kultur im Barmer Nordosten ging.
Op Hottenstein
Siegfried Hüsemann wurde am 13. Dezember 1942 geboren und wohnte mit seiner Frau Gisela an der Wittener Straße 211, in Sichtweite der evangelischen Kirche Hottenstein, in der er oft mit dem Männergesangverein Bracken gesungen hat. Es war Hüsemann vergönnt, am 8. März 2009 noch das 100-jährige Bestehen des Chores singend im Gemeindesaal mitzuerleben.
Im Bürgerverein
Im Bürgerverein Nächstebreck diente Siegfried Hüsemann 38 Jahre lang seinen Mitbürgern treu, fleißig und zuverlässig im Vorstand. Er arbeitete in vielen Gremien engagiert mit. Im Festausschuss Nächstebrecker Heimatfest, im Schulverein Wittener Straße, als Gründungsmitglied im Förderverein der Freiwilligen Feuerwehr Nächstebreck, in der Dorfgemeinschaft Bracken und im MGV Bracken.
In CDU und BV
Über ein Jahrzehnt war Siegfried Hüsemann Mitglied der Bezirksvertretung Oberbarmen und vertrat im Auftrag der CDU Nächstebrecker Interessen. Auch in der Union bildeten die Freunde Hüsemann und Richter ein erfolgreiches Gespann.
100 Jahre MGV „Bracken“
Als 1909 der Männergesangverein „Bracken“ gegründet wurde, war Nächstebreck noch westfälisch orientiert und kam erst 1922 mit Langerfeld zu Barmen. Der Verein besitzt noch eine Fahne von 1929, die unmittelbar vor der Gründung Wuppertals die Inschrift „Barmen-Nächstebreck“ trägt. Im Dorf „Bracken“ befand sich früher der Haltepunkt „Nächstebreck“ an der Eisenbahnstrecke Wichlinghausen – Sprockhövel – Hattingen. In der Gaststätte von Wilhelm Oppermann schlug die Geburtsstunde des Männerchores.
In seinem Grußwort erinnerte Oberbürgermeister Peter Jung vor 300 Gästen im evangelischen Gemeindehaus Hottenstein an die vergangenen 100 Jahre, in denen die Menschen verschiedene Gesellschaftsformen, Kriege, Unglücke, Glück und Frieden erlebt haben. Verstummt sind die Sängerkehlen nur während der beiden Weltkriege. Immer gleich waren Liebe und Freude an Musik und Gesang. Schließlich ging es nicht allein um das Singen, sondern auch um Fröhlichkeit, Freund- und Kameradschaft. In persönlich schweren Zeiten fanden die Sänger in der Gemeinschaft Halt und Hilfe. Sie haben aber auch reichlich gegeben. Hermann Josef Richter lobte als Vorsitzender des Bürgervereins Nächstebreck das Miteinander und die ständige Bereitschaft der Sänger, Veranstaltungen verschiedenster Art musikalisch zu gestalten: „Nächstebreck wäre um vieles ärmer, gäbe es die „Brackener“ nicht.“
Der Stadtchef stellte fest, dass Wuppertal eine fröhliche Stadt ist, weil es so viele Chöre und eine lange Tradition gibt. Auch wenn den MGV „Bracken“, wie alle Männerchöre, Nachwuchssorgen drücken, so stellt Peter Jung doch das grundsätzliche Interesse junger Menschen an Musik fest: „Es müssen andere Formationen und Lieder probiert werden, um junge Generationen zu motivieren.“ Im Blick auf klassische und Kirchenmusik arbeiten beispielsweise Wolfgang Kläsener und die Kantorei Barmen-Gemarke mit dem Carl-Duisberg-Gymnasium zusammen und Generalmusikdirektor Kamioka war in der Max-Planck-Realschule zu Gast. Gemischten Chören geht es ohnehin besser, als Männerchören.
Den 100. Geburtstag des MGV „Bracken“, dessen jüngster Sänger immerhin 62 Lenze zählt, nutzte Peter Jung am 8. März 2009 zu Lob und Dank an die vielen ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder, die Verantwortung übernommen und sich für ihre Mitmenschen engagiert haben. Gegenwärtiger Vorsitzender ist seit 1993 Gerd Kipp. Gegenwärtig zählt er 23 Singfreunde.

Siegfried Palm

Ein Meister und „Pavarotti“ des Violoncellos

(kgc). Als Siegfried Palm am 25. April 1927 geboren wurde, gab es im Fischertal noch eine Frauenklinik. Seine Familie wohnte in der Sedanstraße und der Junge wuchs gleich neben dem Realgymnasium auf, das er nach der Volksschule Viktorstraße besuchte. Von seinem Vater gleichen Vornamens hatte Palm das musikalische Talent geerbt. Sein Vorbild war Violoncellist im Städtischen Orchester. Zum 415. Geburtstag seiner Schule kam Prof. Siegfried Palm wieder einmal ins Tal und musizierte gemeinsam mit Prof. Dr. Joachim Dorfmüller. Er gehörte zu den Menschen aus dem Tal, die in der Fremde berühmt geworden sind, wie auf andere Art Harald Leipnitz, Horst Tappert und Rita Süßmuth.

Bereits mit 15 Jahren spielte Siegfried Palm im Orchester des Stadttheaters Barmen, weil er das Violoncello souverän und perfekt spielte. Drei Jahre später folgte ein Engagement als Solovioloncellist im Städtischen Orchester Lübeck. 1947 kam der Barmer zum Symphonieorchester des NWDR in Hamburg. Von 195 bis 1953 war er Meisterschüler von Enrico Mainardi und spielte bis 1962 im Hamann-Quartett. Die folgende Station hieß bis 1968 Rundfunk-Sinfonie-Orchester Köln. Der Umzug nach dort wurde auch deshalb zum Erfolg, weil Palm die Professur und Leitung einer Violoncellomeisterklasse an der Kölner Musikhochschule übernahm, zu dessen Direktor er 1972 avancierte. 1976 wurde er Generalintendant der Deutschen Oper Berlin. Doch 1981 brach der Individualist entgültig durch, er zerriß die Fesseln des Amtes und reist seitdem als „freier Mensch“ durch die Welt. Es gibt kaum eine Musikmetropole, in der Palm nicht gespielt hat. Professor Palm hat die Spieltechnik des Violoncellos wesentlich weiterentwickelt und ist vor allem als Interpret der Neuen Musik bekannt geworden. Eine Reihe von Komponisten hat er zu Werken für sein Instrument angeregt. Zu besonderen Anlässen kehrte der Cello-Virtuose und Cello-Pädagoge gerne in seine Vaterstadt zurück, ob zum Stadtjubiläum oder zur Eröffnung der Uni-Halle. Anläßlich des 415. Geburtstages seines Sedan-Gymnasiums führte Professor Palm mit dem Organisten Professor Dorfmüller in der Immanuelskirche die „Duo-Fantasie“ urauf, die aus der Feder von Christian Gerhard, einem Sedan-Abiturienten des Jahres 1930, stammt.

Professor Siegfried Palm zählte den früheren NRW-Ministerpräsidenten und Bundespräsidenten Johannes Rau (1931-2006) zu seinen Freunden, den er aus „Sedan-Tagen“ kannte. Als der 16-jährige Palm die Leitung des Schulorchesters übernahm, spielte kein Geringerer als „Bruder Johannes“ die Violine.

Mit Siegfried Palm starb am 6. Juni 2005 in Frechen bei Köln eine kulturelle Leit- und Vaterfigur der deutschen Musikszene des zwanzigsten Jahrhunderts. Als Interpret widmeten ihm die wichtigsten Komponisten der zeitgenössischen Musik Solosonaten: Bernd Alois Zimmermann, Yannis Xenakis, Mauricio Kagel, Krzystov Penderecki, Wolfgang Rihm und viele andere. Palm hat sie lebendig gemacht und weitergetragen.

Als Pädagoge sorgte er für eine qualitätvolle Ausrichtung musikpädagogischen Wirkens weit über die Bundesrepublik Deutschland hinaus. Der Kulturpolitiker Siegfried Palm war kompromisslos um Verständigung zwischen Ideologien, Staaten, Menschen bemüht. Als Pädagoge und Kulturpolitiker hat sich Palm besondere Verdienste erworben. Er war immer ein Hardliner in Sachen Qualität, ein liebevoller Vater in der Behandlung seiner Schülerinnen und Schüler, ein kluger Kopf in der Betrachtung zeitgenössischen Musiklebens.

Siegfried Palm hat als Präsident der Gesellschaft für neue Musik (GNM), als Präsident des deutschen Tonkünstlerverbandes (DTKV) und als Präsidiumsmitglied des Deutschen Musikrates und der European String-Teatchers-Association (ESTA) nie funktionärsmäßig, sondern immer als Künstler, gewirkt. In seiner Funktion als Intendant der Deutschen Oper Berlin, als Präsident und Ehrenpräsident des Deutsch-Französischen Kulturrates hat er sich ebenso einen Namen gemacht wie als Interpret und Musikpädagoge. Im ConBrio-Verlag erschien eine Gesprächsbiographie unter dem Titel „Capriccio für Siegfried Palm“.

Sonja Priester

Dem Verschönerungsverein ein Gesicht gegeben

(kgc). Wenn heute die über 140-jährige wechselvolle, spannende Geschichte des Barmer Verschönerungsvereins und seiner Anlagen nachlesbar ist und sich die Menschen im Barmer Süden an der Tradition erfreuen können, dann hat Sonja Priester großen Anteil, weil sie in ihrer Freizeit in ungezählten Stunden das Vereinsarchiv durchforstet, die Chronik rekonstruiert und nieder geschrieben hat. Die ehemalige Geschäftsführerin, die am 30. Dezember 2006 im Alter von 80 Jahren gestorben ist, hat weit über die Verwaltungsarbeiten hinaus den Verein geprägt, als sie die Nachfolge von „Fräulein Kugel“ antrat.
Sonja Priester wurde am 14. August 1926 geboren und wuchs auf dem so genannten Wollberg in Unterbarmen auf. Nach dem Staatsexamen in Sachen Hauswirtschaft verließ sie beruflich das Tal und zeigte Hausfrauen, wie Wäsche richtig weiß wird. Der Weg von der Station Buchhalterin bis zum Start beim Barmer Verschönerungsverein am 1. Dezember 1969 war nicht weit, lag der Arbeitsschwerpunkt wegen der wöchentlichen Lohnzahlungen auf diesem Gebiet. Als sie im Bewerbungsgespräch gefragt wurde, was sie alles kann, antwortete Sonja Priester: „Ich kann vieles, vieles aber auch nicht.“ Die weitere Frage des damaligen Vorsitzenden Ernst Günther Plutte, ob sie sieben Sachen gleichzeitig denken kann, hat Frau Priester Jahrzehnte lang praktisch beantwortet. Ob Grundstücksangelegenheiten, Vermietungen, Korrespondenzen, Beitragskassierung, Aufhängen von Wegeschildern, Ausrichtung von Parkrallyes, Parkführungen von Gruppen oder Mitgliedswerbung, die BVV-Geschäftsführerin war buchstäblich „Mädchen für alles“. Sonja Priester hat sich um junge Mitglieder bemüht und das zurückhaltende Image des Vereins verändert. 1978 hat sie einen Arbeitskreis zur Betreuung des Aussichtsturms gegründet, der seither von Ostern bis Herbst die sonntägliche Öffnung besorgt. Höhepunkte ihres Wirkens waren der 125. Geburtstag des Verschönerungsvereins und die Wiedereröffnung des sanierten Toelleturms.
Anlässlich ihres 65. Geburtstages und Eintritt in den Ruhestand wurden nicht nur Engagement, Durchsetzungsvermögen und „menschliche Eigenschaften“ gelobt, sondern Sonja Priester als „standfest wie der Toelleturm“ bezeichnet. 1991 trug sie einen Sticker mit dem Titel „rassige Rentnerin“. Aus dem Leben verabschiedete sich Sonja Priester mit einer eigenen Anzeige: „Auch ich ging fort, doch wollte ich mich noch verabschieden, von all den Menschen, die mir viel bedeuteten, die mir Freundschaft, Liebe und Wohlwollen entgegenbrachten. Leider ging es mir in den letzten Jahren nicht gut. Umso dankbarer war ich für menschliche Zuwendung und Unvergessensein. Euch und Ihnen allen, die mir in dieser Weise verbunden waren, sage ich danke.“

Rainer Widmann

Fast 40 Jahre lebt der gebürtige Schwabe (1949 in Kirchheim/Teck geboren) bereits im Bergischen Land, wo er seit seinem Studienabschluss als Diplom-Ingenieur Verkehrstechnik 1973 als Verkehrsplaner bei der Stadt Wuppertal tätig ist. Als stellvertretender Leiter der Abteilung Verkehrsplanung ist Rainer Widmann nicht nur Projektleiter für Großprojekte wie den Ausbau der L 419 auf Lichtscheid und die Umwandlung der Nordbahntrasse in einen Freizeitweg, sondern auch Fußgängerbeauftragter. Neben den vielen Konzepten, deren Umsetzung Widmann in seinen 35 Berufsjahren koordinierte, arbeitete er verantwortlich in verschiedenen Arbeitskreisen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) mit, zudem gehen etliche Fachveröffentlichungen auf sein professionelles Konto.

Barmen
Von 1973 bis 1987 hat Rainer Widmann auf dem Rott in der Graudenzer Straße gewohnt, bevor er einen 13-jährigen Abstecher ins westliche Ausland Elberfeld machte. Seit 2000 wohnt er im Waldhof. Der Rott hatte ihn wieder!

Musikalische Berufung
Neben seinem Beruf pflegt Widmann eine zweite, durchaus auch bewegende, nämlich musikalische Beru-fung: Was in den 1960er Jahren mit einer bis heute ungebrochenen Sammelleidenschaft für Schallplatten englischer Rock- und Beatbands und amerikanischer Undergroundkünstler wie Jimi Hendrix, Velvet Un-derground, Captain Beefheart oder Frank Zappa begann, mündete über eine Tätigkeit als Discjockey En-de der 1960er Jahre in ein zunehmendes Interesse für den Jazz: „Zunächst war es der Jazzrock, wie Mi-les Davis, Soft Machine oder John McLaughlin ihn spielten, später lernte ich vor allem die Avantgarde und den Free Jazz schätzen.“ Dass die vitale Wuppertaler Szene dazu einen Beitrag geleistet hat, liegt auf der Hand. Und es dauerte nicht lange, bis Widmann begann, sich hier einzumischen.

Nie abklingendes Jazzfieber
„Aus Interesse an einer besseren Konzertkoordination suchte ich Kontakt zu den Programmmachern in der Börse und traf dort 1973 auf Dieter Fränzel, von dem ich 1975 die Planung und Gestaltung der Jazz-konzerte übernahm.“ Fortan war Widmann bis in die 1980er Jahre hinein Jazzprogrammverantwortlicher und als solcher auch Vorsitzender des Kommunikationszentrum Wuppertal e. V. „die börse“. Der 1979 von ihm mitgegründeten JAZZ AGe WUPPERTAL e. V., die pro Jahr rund 20 bis 40 Konzerte vorwiegend mit frei improvisierter Musik und Avantgardejazz veranstaltet, ist Widmann bis heute als 1. Vorsitzender treu geblieben und holte neben lokalen Bands und Musikern auch eine Vielzahl internationaler Jazzstars nach Wuppertal: „Persönliche Highlights waren die Konzerte mit Carla Bley 1981, den Einstürzenden Neubau-ten 1985, mit Sun Ra und dem Art Ensemble of Chicago 1990.“

Mann des klingenden Worts
Als freier Musikredakteur bei der Westdeutschen Zeitung und der Wuppertaler Rundschau („Jazz & Pop News“), dem JAZZPODIUM und der von ihm mitbegründeten JAZZTHETIK setzte sich Widmann in den 1980er Jahren ebenso für die Förderung „seiner“ Musik ein, wie mit einer einmal monatlich auf Radio Wuppertal ausgestrahlten Jazzradiosendung. Auch das 328 Seiten starke Buch zur Wuppertaler Jazzge-schichte „Sounds like Whoopataal – Wuppertal in der Welt des Jazz“ (Klartextverlag Essen), dessen Mit-herausgeber er ist, enthält Beiträge von Widmann. Und was in Wuppertal kaum jemand weiß, der nicht selbst dabei war: Auch das iTALien-Magazin hat er 1983 aus der Taufe gehoben.

Energischer Festivalmotor
Nachdem er sich 20 Jahre zuvor schon als Mitinitiator der Wuppertaler „Grenzüberschreitungen“ hervor-getan hatte, knüpfte Widmann 2003 mit dem „Wuppertaler Jazzmeeting“ an diese Erfahrungen an, das am 19. Oktober zum fünften Mal lokale Bands und Projekte auf zwei Bühnen im Café Ada an der Wiesenstra-ße präsentiert: „Die lokale Szene zu fördern, liegt mir mittlerweile sehr am Herzen. Besonders interessant finde ich die große Bandbreite der auftretenden Künstler, die zu harten Schnitten im Programm führt. Da steht aktueller Jazz neben Blues, Experimentelles neben Bop, und es ist sehr schön zu beobachten, wenn Hardcorefans einer bestimmten Richtung sich plötzlich öffnen für Musik, die ihnen eigentlich völlig fremd ist. So etwas liebe ich. Insofern freue ich mich aktuell besonders auf das Konzert von Ralf Falk, in dessen Bluesband dies Jahr zwei junge Musiker aus der Rockszene mitspielen. Diesem Potenzial eine Plattform zu geben, ist eine sehr schöne Aufgabe.“

Nach wie vor viele Träume
Wovon träumt einer, der schon insgesamt über 700 Konzerte mit einigen Tausend Musikern auf die Beine gestellt hat? „ Ich bin ein Freund von großen Stars in kleinen Räumen. Wenn es finanziell möglich wäre, würde ich Brian Eno gern in die Galerie Epikur holen, den ‚elektrischen’ John McLaughlin in der Börse und Robert Wyatt im Café Ada präsentieren.“ Da es dazu wohl nicht kommen wird, setzt Widmann lieber seine machbaren Träume in die Tat um: „Zum Jazzmeeting werden wir zukünftig auch internationale Künstler einladen, als Gäste mit Wuppertaler Musikern zusammen zu spielen, um so einen Austausch mit den Szenen anderer Städte wie Berlin und New York zu initiieren.“

Katrin Ann Kunze für die Monatsschrift „Engels“ im Oktober 2007.
Foto Rainer Widmann: Andreas Schmitz.

Infos zum Jazzmeeting:
www.jazzage.de, www.cafeada.de (hier auch Onlineticketbestellung)

Rheinlandtaler
Am 23. September 2008 erhält Rainer Widmann für seine ehrenamtlichen Verdienste um die Kultur im Rheinland, insbesondere um die regionale Jazz-Szene, von der Landschaftsversammlung Rheinland im Cafe´ ADA den beliebten Rheinlandtaler.


Rheinlandtaler
Am 23. September 2008 hat Rainer Widmann für seine ehrenamtlichen Verdienste um die Kultur im Rheinland, insbesondere um die regionale Jazz-Szene, von der Landschaftsversammlung Rheinland im Cafe´ ADA den beliebten Rheinlandtaler erhalten. Zur Überreichung führte Corinna Beck, stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland aus:
Kulturförderung
Mit dem Rheinlandtaler zeichnet der Landschaftsverband Rheinland seit über 30 Jahren ehrenamtliche Leistungen in der Denkmalpflege, Landes- und Sprachgeschichte, sowie in der Volkskunde, aus. Die Träger des Rheinlandtalers haben sich um diese Auszeichnung verdient gemacht, durch hervorragende Leistungen, die auch überörtlich Beachtung fanden. Ich freue mich, dass sich der Kreis der Trägerinnen und Träger heute um Herrn Widmann erweitert.
Das Ehrenamt ist und bleibt eine der tragenden Säulen unserer Kulturarbeit: Amt und Ehrenamt müssen einander ergänzen, und wirkliches Engagement kommt aus dem Herzen und reißt andere mit. Wie sähe das kulturelle Leben, auch speziell in Wuppertal, sonst aus? Es muss Menschen wie Rainer Widmann geben, die sein Engagement in der Musik, im Jazz, als wunderbare Bereicherung empfinden!
Am 25. August 1949 wurde Rainer Widmann in Kirchheim-Teck in Schwaben geboren, Er begann 1969 ein Studium der Architektur. 1973 kam der junge Mann zum Studium der Verkehrsplanung und –technik nach Wuppertal.
Die Verkehrsplanung hat es Rainer Widmann seit Kindertagen, so formuliert er es selbst, angetan. Bis heute ist er dieser Profession treu geblieben. Und wie kann es in Wuppertal für einen Verkehrsplanung anders sein: die Wuppertaler Schwebebahn lässt das Herz von Rainer Widmann höher schlagen. Nicht zuletzt haben aber auch ehrenamtliche Aufgaben dazu geführt, dass der Schwabe im Bergischen „hängen geblieben“ ist. Und das zur Freude vieler Menschen, die Musik lieben!
Aus London an die Wupper
Schon Ende der 1960er Jahre sah Rainer Widmann ein Vorbild in den Londoner Musik-Clubs, die es in dieser Form in Deutschland noch gar nicht gab. Er wuchs mit den Beatles, Rolling Stones, Jimmy Hendrix und Frank Zappa auf. Heute sind es Legenden. Und er kam mit dem Jazz in Kontakt.
Dabei hatte die Wuppertaler „Börse“ als Jazz- und Musikclub eine wichtige Funktion. Zuvor gab es das „Impuls“, den Szene-Club am Döppersberg, seit 1970 am Viehhof, der dann in die „Börse“ übergeleitet wurde. Dort wurde Rainer Widmann aktiv. Er suchte zunächst zu den Programmmachern der „Börse“ Kontakt, um sich für eine bessere Koordination der Jazz-Konzerte einzusetzen. Und wie es so gehen kann, wenn jemand Interesse bekundet: schon von 1975 bis in die 1980er Jahre hinein war er Programmverantwortlicher für Jazz im Kommunikationszentrum „Die Börse“ und Vorsitzender des Vereins Kommunikationszentrum Wuppertal e.V. Widmann etablierte als Disc-Jockey die „Jazz-O-Thek“, die im Jahr 2004 im Cafe´ ADA an der Wiesenstraße für einige Monate wieder belebt werden konnte. Auf die maßgebliche Initiative von Rainer Widmann hin wurde 1979 die Jazz Age Wuppertal e.V. gegründet. Bis heute ist der Vorsitzender dieser Arbeitsgemeinschaft.
Zwischen 20 und 40 Konzerte pro Jahr veranstaltet diese Jazz Age an unterschiedlichen Orten im Tal. Dabei geht es um frei improvisierte Musik und Avantgarde-Jazz. Dank der Beziehungen von Rainer Widmann ist es gelungen, neben den wichtigen lokalen Bands eine Vielzahl internationaler Jazzstars nach Wuppertal zu holen: Ensemble of Chicago, Carla Bley, Klaus Doldingers Passport, Jan Garbarek, Albert Mangelsdorff, um nur einige zu nennen. In der Summe sind es über 700 Konzerte mit einigen Tausend Musikern. Und auch das ist ein Befund: Wuppertal ist eine wichtige Heimat des Free Jazz und die experimentelle Musik – dies dürften wohl nur Insider wissen – und das seit den 1920er Jahren.
Noch ´ne Initiative
Rainer Widmann hat 1983 Mitinitiator des Wuppertaler Projekts „Grenzüberschreitungen“ und 1985 Mitbegründer und Namensgeber der deutschen Jazz-Zeitschrift „Jazzthetik“. Seit 2002 wird im Hause Widmann der Wuppertaler Jazz-Newsletter zusammen gestellt.
Das „Wuppertaler Jazzmeeting“ ist ebenso der Initiative von Rainer Widmann zu verdanken. Er ist der eigentliche Motor dieser Veranstaltung, bei der alljährlich im Cafe´ ADA bis zu zwölf Bands auf zwei Bühnen präsentiert werden. Als besonderer Höhepunkt kann das Erscheinen des 328 Seiten umfassenden Buches zur Wuppertaler Jazzgeschichte „Sounds like Whoopataal – Wuppertal in der Welt des Jazz“ im Jahr 2006 gelten. Dieses Werk hat Handbuchcharakter und dokumentiert den Rang der Jazzmusik für Wuppertal und das Bergische Land eindrucksvoll. Herr Widmann ist Mitautor und Mitherausgeber.
Ausgleich zum Berufsstress
Die Jazzmusik war für Rainer Widmann immer ein Ausgleich zur beruflichen Tätigkeit als Verkehrsplaner und Beauftragter für den ruhenden Verkehr. In seiner Freizeit hat er nie nach Geld gefragt und eigentlich alles aus „Spaß an der Freud“ gemacht. Mit seinem Einsatz für die Musik, den freien, dem experimentellen Jazz, hat er das kulturelle Leben von Stadt und Region bereichert. Sein Einsatz galt und gilt den Menschen. Wir brauchen in unserer Gesellschaft Mitstreiter, wie Rainer Widmann.
So weit die Ausführungen von Corinna Beck.
Glanz für „Whoopataal“
In seinem Grußwort freute sich Oberbürgermeister Peter Jung nicht nur über die Auszeichnung für einen seiner fleißigen, engagierten und zuverlässigen Mitarbeiter, sondern auch, „weil so auch etwas Ruhm für unsere Stadt abfällt!“ „Ich bin froh, dass der Rheinlandtaler Sie getroffen hat“, strahlte Jung. Versprochen hat der Stadtchef, gemeinsam mit Widmann über die künftige „Trasse“ radeln zu wollen.
Dank
Rainer Widmann hat sich über die „wunderschöne Verleihung“ im Kreise von Familie, Freunden und Bekannten (Ingrid Schuh, Uli Armbruster, Anna Tykwer) gefreut. Im Cafe´ ADA dankte er den Wegbegleitern der vergangenen Jahrzehnte für ihre Unterstützung. Beispielsweise Dieter Fränzel ist bereits seit den 1950er Jahren in Wuppertal aktiv. Widmann fand die Börsenzeit spannend und abenteuerlich. In den „wilden Zeiten“ ging es nach dem Brand am Viehhof um den Wiederaufbau. Widmann: „Wichtig war und ist, dass sich alle Gleichgesinnten zusammen raufen. Ein Ergebnis der Kulturkooperative war die Zeitschrift „Italien“, durch die es gelungen ist, die freie Szene gemeinsam zu fördern.“ Rainer Widmann hat die Verleihung des Rheinlandtalers an ihn als Würdigung der freien Jazz-Szene verstanden.

Wuppertaler Rundschau, 08.10.2008
Er hat den Jazz im Blut
Rainer Widmann wurde mit dem Rheinlandtaler geehrt
(kgc). Rainer Widmann hat für seine ehrenamtlichen Verdienste um die Kultur im Rheinland, insbesondere um die regionale Jazz-Szene, von der Landschaftsversammlung Rheinland den seit über 30 Jahren verliehenen Rheinlandtaler erhalten. Zur Überreichung kam Corinna Beck, stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung, ins Cafe‘ ADA und bestätigte: „Das Ehrenamt ist und bleibt eine der tragenden Säulen unserer Gesellschaft. Wirkliches Engagement kommt aus dem Herzen und reißt andere mit. Wie sähe das kulturelle Leben sonst aus? Es muss Menschen wie Rainer Widmann geben, die sein Engagement in der Musik, im Jazz, als wunderbare Bereicherung empfinden!“
Aus London an die Wupper
Ende der 1960er Jahre sah der 1949 in Schwaben geborene Rainer Widmann ein Vorbild in den Londoner Musik-Clubs, die es in dieser Form in Deutschland noch gar nicht gab. Er wuchs mit den heutigen Legenden Beatles, Rolling Stones, Jimmy Hendrix und Frank Zappa auf. Und er kam mit dem Jazz in Kontakt. Dabei hatte die „Börse“ als Jazz- und Musikclub und Nachfolgerin des Döppersberger (ab 1970 am Viehhof) Szeneclubs „Impuls“ eine wichtige Funktion. Rainer Widmann setzte sich für eine bessere Koordination der Jazz-Konzerte ein. Von 1975 bis in die 1980er Jahre war er Programmverantwortlicher für Jazz im Kommunikationszentrum „Die Börse“ und Vorsitzender des Vereins Kommunikationszentrum Wuppertal e.V. Widmann etablierte als Disc-Jockey die „Jazz-O-Thek“, die im Jahr 2004 im Cafe´ ADA an der Wiesenstraße für einige Monate wieder belebt wurde. Seiner Initiative entstammte 1979 die Gründung der Jazz Age, deren Vorsitzender er noch heute ist.
20 bis 40 Konzerte veranstaltet die Jazz Age pro Jahr an unterschiedlichen Orten im Tal. Dabei geht es um frei improvisierte Musik und Avantgarde-Jazz. Dank der Beziehungen von Rainer Widmann ist es gelungen, neben den wichtigen lokalen Bands eine Vielzahl internationaler Jazzstars nach Wuppertal zu holen: Ensemble of Chicago, Carla Bley, Klaus Doldingers Passport, Jan Garbarek, Albert Mangelsdorff. Summiert sind es über 700 Konzerte mit einigen Tausend Musikern. Insider wissen: Wuppertal ist seit den 1920er Jahren eine wichtige Heimat des Free Jazz und die experimentelle Musik.
Viele Initiativen
Rainer Widmann hat 1983 Mitinitiator des Wuppertaler Projekts „Grenzüberschreitungen“ und 1985 Mitbegründer und Namensgeber der deutschen Jazz-Zeitschrift „Jazzthetik“. Seit 2002 wird im Hause Widmann im Waldhof der Wuppertaler Jazz-Newsletter zusammen gestellt.
Das „Wuppertaler Jazzmeeting“ ist ebenso der Initiative von Rainer Widmann zu verdanken. Er ist der eigentliche Motor dieser Veranstaltung, bei der alljährlich im Cafe´ ADA bis zu zwölf Bands auf zwei Bühnen präsentiert werden. Höhepunkt war 2006 das Erscheinen des 328 Seiten umfassenden Buches zur Wuppertaler Jazzgeschichte „Sounds like Whoopataal – Wuppertal in der Welt des Jazz“. Dieses von Widmann mit Dieter Fränzel und anderen herausgegebene Werk hat Handbuchcharakter und dokumentiert den Rang der Jazzmusik für Wuppertal eindrucksvoll.
Ausgleich vom Berufsstress
Die Jazzmusik war für Rainer Widmann immer ein Ausgleich zur beruflichen Tätigkeit als Verkehrsplaner, Beauftragter für den ruhenden Verkehr und Projektleiter der „Trasse“ (Nordbahn). In seiner Freizeit hat er nie nach Geld gefragt und eigentlich alles aus „Spaß an der Freud“ gemacht. Mit seinem Einsatz für die Musik, den freien, experimentellen Jazz, hat er das kulturelle Leben von Stadt und Region bereichert. Er ist lebender Beweis, was ein Mensch leisten kann, wenn er von einer Sache überzeugt ist. Fremdmotivation ist nicht notwendig, wohl aber Worte der Dankbarkeit.
Teamarbeit
Rainer Widmann hat sich über die „wunderschöne Verleihung“ im Kreise von Familie, Freunden und Bekannten (Ingrid Schuh, Uli Armbruster, Anna Tykwer) gefreut. Im Cafe´ ADA dankte er den Wegbegleitern der vergangenen Jahrzehnte für ihre Unterstützung. Beispielsweise E. Dieter Fränzel ist bereits seit den 1950er Jahren in Wuppertal aktiv. Widmann fand die Börsenzeit spannend und abenteuerlich. In den „wilden Zeiten“ ging es nach dem Brand am Viehhof um den Wiederaufbau. Widmann: „Wichtig war und ist, dass sich alle Gleichgesinnten zusammen raufen.“ Er hat die Verleihung des Rheinlandtalers an ihn als Würdigung der freien Jazz-Szene verstanden.
Rainer Widmann mit dem Rheinlandtaler. In der Rundschau zeichnete er jahrelang für die Jazz- & Pop-News verantwortlich.
Foto: Conrads

Reinhard Jansen

(WeZi). Vielen Wuppertalern ist Dr. Reinhard Jansen als früherer Lehrer bekannt. In der katholischen Kirchengemeinde St. Antonius und weit darüber hinaus lernten ihn zahlreiche Menschen als Begleiter der von ihm begonnenen und bescheiden „Heimatfahrten“ genannten Exkursionen.
Weltbewegend
Dr. Reinhard Jansen wurde am 10. April 1929 in Essen geboren und wuchs in Duisburg-Hamborn und – kriegsbedingt – in Sigmaringen auf, gemeinsam mit zwei jüngeren Geschwistern. Nach Abitur und Studium in Geschichte war er in Bonn und (Essen-) Kettwig tätig. Während des Studiums und danach arbeitete er als Reiseleiter, wo er Erfahrungen im Organisieren und Begleiten von Gruppen machte, was später bei den Heimatfahrten genutzt wurde. Damals lernte er auch seine Frau Hildegard kennen, die sich seit vielen Jahren im Sozialdienst Katholischer Frauen engagiert. 1960 bis 1965 war er in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon im Schuldienst. Dann wurde er Wuppertaler. Bis 1970 unterrichtete er am städtischen Gymnasium Sedanstraße. Nächste Station war bis 1974 die Schulleitung in Rio de Janeiro/Brasilien. Dann zog er endgültig wieder nach Wuppertal und lehrte an der St.-Anna-Schule. 1993 kam der Ruhestand, der ihm allerdings 1995 bis 1997 den Vorsitz im Pfarrgemeinderat von St. Antonius in Barmen ein brachte.
Heimatfahrten
Im April 1995 fand die erste „Heimatfahrt“ ins Adenauerhaus nach Rhöndorf statt. Die Idee konnte verwirklicht werden, weil damals die Bundesbahn ihr neues Ticket „Schönes Wochenende“ einführte. Dadurch waren preiswerte Fahrmöglichkeiten entstanden. Dr. Reinhard Jansen wollte damit „vielen Leuten in Gesellschaft aus allen Bildungsschichten und unabhängig vom Taufschein“ die Möglichkeit zu Reisen ermöglichen. Zu jeder Fahrt machte er eine Vortour, erkundete preiswerte Gaststätten und wichtige „Örtchen“, plante genau die Wege und Zeiten, so dass sich immer mehr Menschen diesen Fahrten anschlossen. Bis zu 80 Personen fuhren mit. Sie wussten, dass sie unter guter Leitung sicher ans Ziel und wieder zurückkamen. Weiteste Ziele der Tagesfahrten waren Osnabrück, Kassel, Mainz, Trier und Maastricht.
Die Teilnahme an der Schiffswallfahrt nach Remagen am 2. August 2009 war die 250. Heimatfahrt. Zu seinem 80. Geburtstag hatte Reinhard Jansen die Teilnehmer der Heimatfahrten nach Velbert eingeladen, wo er nach dem Besuch des Schloss- und Beschlägemuseums zum Kaffee geladen hatte. Dabei dankten ihm alle für die vielen schönen Reisen.
Pfarrgemeinderatsvorsitzender Werner Zimmermann zum 80. Geburtstag am 10. April 2009 im Pfarrbrief der Gemeinde: „Wir schließen uns dem Dank an: Dank für allen Einsatz in unserer Pfarrgemeinde, Dank für die Heimatfahrten, Dank für alle guten Ratschläge, Anregungen und Tipps. Unser Wunsch für ihn ist die Unterstützung dessen, was er selber sagte: „Frieden mit Gott und Hoffnung, die Fahrten noch einige Zeit weiterzuführen“. In diesem Sinn, lieber Reinhard Jansen, ad multos annos – und Danke!

Rheinlandtaler

Ehrenamtliche machen Tugenden lebendig und sind das Rückrat des Staates

(kgc). Die Vereinten Nationen hatten 2001 zum „internationalen Jahr der Freiwilligen“ erklärt, um den Blick der Öffentlichkeit auf die ehrenamtliche Arbeit zu lenken, die selten spektakulär, dafür umso mehr in aller Stille geleistet wird. Außerdem wird einmal im Jahr, am 5. Dezember, dem „internationalen Tag des Ehren-amtes“ der Freiwilligen gedacht. Zeitlich im Vorfeld verleiht die Stadt Wuppertal „Wuppertaler“ an ausge-wählte Personen, die gute, vorbildliche Beispiele liefern. Angemerkt wird: nicht jeder Freiwillige braucht ein Amt, um den Mitmenschen Gutes zu tun. Die Mitgliedschaft in Geschichts-, Fördervereinen, Initiativen und Arbeitskreisen kann für Aufgabe und Tätigkeit nützlich sein, ist jedoch nicht Bedingung für Würdigung und Anerkennung. In Deutschland hat ehrenamtliche Arbeit einen hohen Stellenwert. Ein Drittel der Bevölke-rung ist für Mitmenschen in ganz unterschiedlichen Formen im Einsatz. Wenn auch Deutschland manches Mal als Service-Wüste bezeichnet wird, an freiwilligem Einsatz für die Mitmenschen lassen es viele Bürge-rinnen und Bürger nicht mangeln: rund 22 Millionen Menschen leisten in 20.000 Sportvereinen und unge-zählten anderen Organisationen, aber auch solo in aller Stille, jährlich 2,8 Milliarden Arbeitsstunden. Das heißt auch, dass jeder dritte erwachsene Bundesbürger ehrenamtlich engagiert ist und so rund 140 Milliar-den Euro zum Bruttosozialprodukt beigesteuert werden. Deshalb bezeichnete der ehemalige Bundespräsi-dent Johannes Rau die Freiwilligen als Rückrat des Staates und freut sich über die vielen Menschen, die sich einmischen und unentgeltlich um Nachbarn kümmern. Nach Ansicht von Rau ist die Umstrukturierung der Gesellschaft in vollem Gange und es wäre wichtig, dass sie sich von einer bloßen „Zuschauerdemokra-tie“ fern hält. Das scheint mitunter wie ein Schwimmen gegen den Strom, denn das wahre Ehrenamtsleben hat auch seine Kehrseiten. Da findet ein Sportverein keinen Vorsitzenden mehr. Ein Bürgervereinschef tritt nach mehreren Amtsjahrzehnten zurück, doch Nachwuchs ist nicht in Sicht. Die Jugendmannschaften von Sportvereinen leben von ehrenamtlichen Betreuern und Eltern, die Jungen und Mädchen zu Auswärtsspie-len fahren. Die Bereitschaft lässt nach. Deshalb müssen manche Leistungen demnächst von Profis erbracht werden und die Beiträge und Kosten steigen.
Die Dokumentation der Lokal-, Landes, Staats- und Europa-Kulturgeschichte in ihren unterschiedlichen Facetten ist ohne freiwilliges, uneigennütziges und zeitaufwendiges Forschen, Messen und Beschreiben durch viele Menschen undenkbar. Die Tätigkeitsfelder: Denkmal-, Bodendenkmal-, Archiv-, Mundart-, Mu-seums-, Heimat- und Landespflege, Landesgeschichte, Volkskunde, Sprachgeschichte, Naturkunde und Naturschutz (beides ab 1986). Im Blickfeld von Beobachtern sind seit 1992 auch Bemühungen um die kul-turelle Entwicklung und Bedeutung des Rheinlandes und seit 1996 das Mitwirken am multinationalen Zu-sammenleben und friedlichen Miteinander zwischen Völkergruppen im Rheinland. 1987 hat Dr. Konrad Kraemer, damals Vorsitzender des Kulturausschusses der Landschaftsversammlung Rheinland, festge-stellt: „Nie zuvor haben so viele Bürger unseres Landes für die Wahrung und Wiederentdeckung lokaler und regionaler Kultur ihre Freizeit geopfert und nie zuvor waren Interesse und Engagement für Naturschutz, Heimat, Heimatgeschichte, Sprache und Brauchtum so groß. Die Beschäftigung mit der eigenen Geschich-te darf nicht zu einer Flucht vor der Jetzt-Zeit mit ihrer angeblichen Orientierungslosigkeit werden.“ Zur Würdigung herausragender, beispielhafter Arbeit hat der Landschaftsverband Rheinland, dem die land-schaftliche Kulturpflege obliegt, 1976 eine Auszeichnung gestiftet, mit der Verdienste auf dem kulturellen Gebiet des Rheinlandes gewürdigt werden: den Rheinlandtaler. Als „Vater“ des Talers gilt der erste Landes-rat Hans Rudolf Hartung. Einer der Mitbegründer war Professor Dr. Klaus Goebel aus Wuppertal, der in seiner Funktion als Mitglied der Landschaftsversammlung von 1976 bis 1989 Mitglied und zeitweise Vorsit-zender der Verleihungskommission war. In dieser Eigenschaft hat er selbst Vorschläge gemacht und als Kulturausschussvorsitzender den Rheinlandtaler in Vertretung des Vorsitzenden der Landschaftsversamm-lung und seiner Stellvertreter verliehen.
Jährlich werden rund 50 Persönlichkeiten zumeist aus den 14 Städten und 13 Kreisen, die dem Land-schaftsverband Rheinland angehören, mit dem Rheinlandtaler (Hans-Jürgen von Osterhausen, Kulturamts-leiter des LVR über ein Gerücht: „Er ist hierzulande beliebter als das Bundesverdienstkreuz!“) geehrt. In nun schon 30 Jahren ist die Auszeichnung an insgesamt über 550 Persönlichkeiten, davon ?? in Wuppertal, verliehen worden.
Der bronzene Rheinlandtaler steht gleichrangig neben den beiden Stipendien, die der Landschaftsverband seit vielen Jahren vergibt: dem Paul-Clemen-Stipendium für herausragende wissenschaftliche Arbeiten über Fragen der rheinischen Kunst und dem Albert-Steeger-Stipendium für wissenschaftliche Arbeiten aus allen Bereichen der landschaftlichen Kulturpflege. Während die beiden Stipendien jungen Menschen zufal-len, kann mit dem Rheinlandtaler auch das Lebenswerk eines älteren Mitbürgers gewürdigt werden. Der Rheinlandtaler zeigt auf der Schauseite ein von Haarwellen kreisrund umrahmtes Gesicht mit großen Au-gen und weit geöffnetem Mund – das Gesicht der Medusa. Diese „Herrscherin“ war in der griechisch-römischen Mythologie eine der drei Gorgonen, die man sich als weibliche Ungeheuer vorstellte, geflügelt, mit Schlangen im Haar und mächtigen Zähnen. Ihr Anblick ließ jedes Lebewesen zu Stein erstarren. Nach antiker Vorstellung wehrte das Gesicht der Medusa jedes Unheil ab. Zum persönlichen Schutz trug man daher häufig ein Amulette mit ihrem Bildnis. Geschaffen wurde der Rheinlandtaler von Wolfgang Reuter aus Köln, hergestellt in der Kölner Kunstgießerei H.W. Schweitzer.

28.12.2007

Das sind die Empfänger des Rheinlandtalers, die sich um den Wuppertaler Osten verdient gemacht haben.

  Günther Voigt
Martin Lücke
Gerhard Birker
Gerd Helbeck
  Kurt Schnöring
oachim Dorfmüller
  Michael Metschies
  Ulle Hees
Ursula Ernestus
Ruth Meyer-Kahrweg
Klaus Goebel
Wolfgang Fehl
Karl Tirre
Rainer Widmann

Robert-Wolfgang Schnell

Rüdiger Hofmann

(kgc). Rüdiger Hofmanns seit 1979 andauernde Mitgliedschaft im Barmer Verschönerungsverein (BVV) wäre nichts Besonderes, hätte nicht schon kurze Zeit später die aktive Mitarbeit und Gründung des Arbeitskreises zur Betreuung des Toelleturms begonnen.
Seinerzeit war der Aussichtsturm auf der Barmer Südhöhe nach zehnjährigem „Dornröschenschlaf“ wegen Baufälligkeit und umfänglicher Renovierung, die sich schon ein Jahrzehnt später als Misserfolg herausstellte, wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Seither koordiniert Hofmann die Einsatzzeiten der Freiwilligen, die ermöglichen, dass bei trockenem Wetter und klarer Sicht der Turm sonn- und feiertags von 11 bis 17 Uhr geöffnet ist.
Toelleturmbetreuung
Da der Verschönerungsverein als Turmbesitzer kein Wachpersonal einstellen konnte, fanden sich einige BVV-Mitglieder bereit, das Wahrzeichen zu öffnen und dafür ihre Freizeit zu opfern. 1980 übernahm Rüdiger Hofmann den noch 2008 funktionierenden Arbeitskreis und schaltete sich in die Mitgliedswerbung ein, denn naturgemäß leidet der Verein, der sich seit seiner Gründung 1864 um die Pflege der Barmer Anlagen kümmert, unter der Alterspyramide. Ab und zu führt Hofmann interessierte Gruppen durch den attraktiven Park, der durch die „Regionale 2006“ eine neue Aufwertung erfahren hat: Umfeld Toelleturm, Emil-Röhrig-Platz (frühere Bergbahn-Haltestelle Talblick), Aussichtsplateau, Rotunde, Kinderspielplatz. Die historische Bergbahntrasse wurde wieder erlebbar gemacht.
Arbeitskreis
In früheren Jahren wurden Wanderrallys für die ganze Familie durch den Park organisiert, zum Familientreff auf dem Spielplatz eingeladen, hölzerne Wegeschilder restauriert, ein Wanderplan und Infoblätter erarbeitet und der Jahrhundertmarkt rund um den 100-jährigen Toelleturm mitgestaltet. 2007 hat Rüdiger Hofmann eine Initiative zur Sanierung des Obelisken in den oberen Anlagen gestartet. Starke Risse und Abspaltungen durch Witterungseinflüsse, verbunden mit dem Eindringen von Regenwasser bis tief in den Sandstein, gehören zur Bestandsaufnahme. 2008 fand die Sanierung in Form des Säuberns des Steins, Schließen der vielen Risse, Verputzen zerstörter Flächen, Wiederherstellen der Verzierungen, Imprägnieren des Steins und Lasieren des gesamten Denkmals, statt. Dank der großen Spendenbereitschaft von BVV-Mitgliedern konnte Rüdiger Hofmann ein zweites Objekt auf den Sanierungsweg bringen, das Ringel-Denkmal im gleichnamigen Tal.
Sein rühriges Engagement trug dazu bei, dass er 1987 in den erweiterten BVV-Vorstand gewählt worden ist. Das ist eine Ehre an sich!
Zielbeschreibung
Eine Idee versucht Rüdiger Hofmann noch immer auf den Weg zu bringen: die Barmer Anlagen und der Barmer Wald bieten sich hervorragend an, nicht nur in Fotos abgelichtet zu werden, sondern auch für bewegte Bilder „Im Wandel der Jahreszeiten“. Rüdiger Hofmann, ein Barmer Junge, denkt an Flora und Fauna, aber auch an die vielen Denkmäler, spielende Kinder und ausruhende Senioren. Gesucht werden Videofilmer, die einzeln oder im Team nach einem Konzept einen Film gestalten.
Praktisches Geschenk
Der berufliche Ruhestand veranlasste Rüdiger Hofmann 1998, nach 35-stündiger Arbeit den Besuchern der Barmer Anlagen ein neues Entenhaus zu schenken. Das sofort nach der Aufstellung bezogene Haus aus wasserfester Siebdruckplatte und mit Fassadenfarbe geschützt, hat eine Grundfläche von einem Quadratmeter, ist 95 Zentimeter hoch und als achteckiger Pavillon mit zwei Eingängen gestaltet.
Persönliches
Rüdiger Hofmann wurde am 13. April 1935 in Wuppertal geboren. Die Volksschule besuchte er kriegsbedingt von 1941 bis 1944 in Berlin, später von 1946 bis 1947 in Wuppertal. Der Besuch des Gymnasiums schloss sich von 1947 bis 1955 an. Bei der Remscheider Firma KHL (König & Hohmann & Otto Lübeck) hat er als Betriebsleiter bis zum Eintritt in den Ruhestand, 1999, gearbeitet.