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Rheinlandtaler

Ehrenamtliche machen Tugenden lebendig und sind das Rückrat des Staates

(kgc). Die Vereinten Nationen hatten 2001 zum „internationalen Jahr der Freiwilligen“ erklärt, um den Blick der Öffentlichkeit auf die ehrenamtliche Arbeit zu lenken, die selten spektakulär, dafür umso mehr in aller Stille geleistet wird. Außerdem wird einmal im Jahr, am 5. Dezember, dem „internationalen Tag des Ehren-amtes“ der Freiwilligen gedacht. Zeitlich im Vorfeld verleiht die Stadt Wuppertal „Wuppertaler“ an ausge-wählte Personen, die gute, vorbildliche Beispiele liefern. Angemerkt wird: nicht jeder Freiwillige braucht ein Amt, um den Mitmenschen Gutes zu tun. Die Mitgliedschaft in Geschichts-, Fördervereinen, Initiativen und Arbeitskreisen kann für Aufgabe und Tätigkeit nützlich sein, ist jedoch nicht Bedingung für Würdigung und Anerkennung. In Deutschland hat ehrenamtliche Arbeit einen hohen Stellenwert. Ein Drittel der Bevölke-rung ist für Mitmenschen in ganz unterschiedlichen Formen im Einsatz. Wenn auch Deutschland manches Mal als Service-Wüste bezeichnet wird, an freiwilligem Einsatz für die Mitmenschen lassen es viele Bürge-rinnen und Bürger nicht mangeln: rund 22 Millionen Menschen leisten in 20.000 Sportvereinen und unge-zählten anderen Organisationen, aber auch solo in aller Stille, jährlich 2,8 Milliarden Arbeitsstunden. Das heißt auch, dass jeder dritte erwachsene Bundesbürger ehrenamtlich engagiert ist und so rund 140 Milliar-den Euro zum Bruttosozialprodukt beigesteuert werden. Deshalb bezeichnete der ehemalige Bundespräsi-dent Johannes Rau die Freiwilligen als Rückrat des Staates und freut sich über die vielen Menschen, die sich einmischen und unentgeltlich um Nachbarn kümmern. Nach Ansicht von Rau ist die Umstrukturierung der Gesellschaft in vollem Gange und es wäre wichtig, dass sie sich von einer bloßen „Zuschauerdemokra-tie“ fern hält. Das scheint mitunter wie ein Schwimmen gegen den Strom, denn das wahre Ehrenamtsleben hat auch seine Kehrseiten. Da findet ein Sportverein keinen Vorsitzenden mehr. Ein Bürgervereinschef tritt nach mehreren Amtsjahrzehnten zurück, doch Nachwuchs ist nicht in Sicht. Die Jugendmannschaften von Sportvereinen leben von ehrenamtlichen Betreuern und Eltern, die Jungen und Mädchen zu Auswärtsspie-len fahren. Die Bereitschaft lässt nach. Deshalb müssen manche Leistungen demnächst von Profis erbracht werden und die Beiträge und Kosten steigen.
Die Dokumentation der Lokal-, Landes, Staats- und Europa-Kulturgeschichte in ihren unterschiedlichen Facetten ist ohne freiwilliges, uneigennütziges und zeitaufwendiges Forschen, Messen und Beschreiben durch viele Menschen undenkbar. Die Tätigkeitsfelder: Denkmal-, Bodendenkmal-, Archiv-, Mundart-, Mu-seums-, Heimat- und Landespflege, Landesgeschichte, Volkskunde, Sprachgeschichte, Naturkunde und Naturschutz (beides ab 1986). Im Blickfeld von Beobachtern sind seit 1992 auch Bemühungen um die kul-turelle Entwicklung und Bedeutung des Rheinlandes und seit 1996 das Mitwirken am multinationalen Zu-sammenleben und friedlichen Miteinander zwischen Völkergruppen im Rheinland. 1987 hat Dr. Konrad Kraemer, damals Vorsitzender des Kulturausschusses der Landschaftsversammlung Rheinland, festge-stellt: „Nie zuvor haben so viele Bürger unseres Landes für die Wahrung und Wiederentdeckung lokaler und regionaler Kultur ihre Freizeit geopfert und nie zuvor waren Interesse und Engagement für Naturschutz, Heimat, Heimatgeschichte, Sprache und Brauchtum so groß. Die Beschäftigung mit der eigenen Geschich-te darf nicht zu einer Flucht vor der Jetzt-Zeit mit ihrer angeblichen Orientierungslosigkeit werden.“ Zur Würdigung herausragender, beispielhafter Arbeit hat der Landschaftsverband Rheinland, dem die land-schaftliche Kulturpflege obliegt, 1976 eine Auszeichnung gestiftet, mit der Verdienste auf dem kulturellen Gebiet des Rheinlandes gewürdigt werden: den Rheinlandtaler. Als „Vater“ des Talers gilt der erste Landes-rat Hans Rudolf Hartung. Einer der Mitbegründer war Professor Dr. Klaus Goebel aus Wuppertal, der in seiner Funktion als Mitglied der Landschaftsversammlung von 1976 bis 1989 Mitglied und zeitweise Vorsit-zender der Verleihungskommission war. In dieser Eigenschaft hat er selbst Vorschläge gemacht und als Kulturausschussvorsitzender den Rheinlandtaler in Vertretung des Vorsitzenden der Landschaftsversamm-lung und seiner Stellvertreter verliehen.
Jährlich werden rund 50 Persönlichkeiten zumeist aus den 14 Städten und 13 Kreisen, die dem Land-schaftsverband Rheinland angehören, mit dem Rheinlandtaler (Hans-Jürgen von Osterhausen, Kulturamts-leiter des LVR über ein Gerücht: „Er ist hierzulande beliebter als das Bundesverdienstkreuz!“) geehrt. In nun schon 30 Jahren ist die Auszeichnung an insgesamt über 550 Persönlichkeiten, davon ?? in Wuppertal, verliehen worden.
Der bronzene Rheinlandtaler steht gleichrangig neben den beiden Stipendien, die der Landschaftsverband seit vielen Jahren vergibt: dem Paul-Clemen-Stipendium für herausragende wissenschaftliche Arbeiten über Fragen der rheinischen Kunst und dem Albert-Steeger-Stipendium für wissenschaftliche Arbeiten aus allen Bereichen der landschaftlichen Kulturpflege. Während die beiden Stipendien jungen Menschen zufal-len, kann mit dem Rheinlandtaler auch das Lebenswerk eines älteren Mitbürgers gewürdigt werden. Der Rheinlandtaler zeigt auf der Schauseite ein von Haarwellen kreisrund umrahmtes Gesicht mit großen Au-gen und weit geöffnetem Mund – das Gesicht der Medusa. Diese „Herrscherin“ war in der griechisch-römischen Mythologie eine der drei Gorgonen, die man sich als weibliche Ungeheuer vorstellte, geflügelt, mit Schlangen im Haar und mächtigen Zähnen. Ihr Anblick ließ jedes Lebewesen zu Stein erstarren. Nach antiker Vorstellung wehrte das Gesicht der Medusa jedes Unheil ab. Zum persönlichen Schutz trug man daher häufig ein Amulette mit ihrem Bildnis. Geschaffen wurde der Rheinlandtaler von Wolfgang Reuter aus Köln, hergestellt in der Kölner Kunstgießerei H.W. Schweitzer.

28.12.2007

Das sind die Empfänger des Rheinlandtalers, die sich um den Wuppertaler Osten verdient gemacht haben.

  Günther Voigt
Martin Lücke
Gerhard Birker
Gerd Helbeck
  Kurt Schnöring
oachim Dorfmüller
  Michael Metschies
  Ulle Hees
Ursula Ernestus
Ruth Meyer-Kahrweg
Klaus Goebel
Wolfgang Fehl
Karl Tirre
Rainer Widmann