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Archiv für den Tag: 18. Februar 2010

Haus Mühlenweg 39 (Hösterey-von Rague´)

Das 1781 erbaute Wohnhaus im Mühlenweg 39 überlebte als einziges von vier Häusern einer bergischen Häuserzeile den Bombenangriff vom 30. Mai 1943.

1989, Aus „Wuppertal, ein Stadtführer, Kurt Schnöring, GraphiumPress

Haus Vorwerk Bredde 66

(kgc). Wilhelm Vorwerk wurde am 13. Januar 1889 als zweiter von drei Söhnen Adolf Vorwerks geboren. Nach einer gründlichen Ausbildung trat er in die 1827 gegründete Firma Vorwerk & Sohn ein und widmete sich besonders dem vor der Wende zum 20. Jahrhundert errichteten Gummiwerk. Nach dem Zweiten Weltkrieg trieb Wilhelm Vorwerk gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder und den Mitarbeitern den Wiederaufbau voran, auch in Fulda, wo Deutschlands modernste Reifenfabrik entstand, die später an Goodyear verkauft wurde. Weltweite Bedeutung erlangte auch das Wuppertaler Unternehmen zurück. Den fortschrittlichen Gedanken Vorwerks folgend, wurde das in der Barmer City gelegene Textilwerk nach Schwelm verlegt.
Trotz seiner vielfältigen betrieblichen Bindungen engagierte sich Wilhelm Vorwerk in Unternehmerorganisationen und zum Wohle der Stadt und ihrer Bürger. Unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches betrieb er die Wiedervereinigung von Arbeitsgeberverbänden als Gesprächspartner für die Gewerkschaften, zunächst gegen den Widerstand der damaligen Besatzungsmacht. Triebfeder war die Überzeugung von einer notwendigen, verantwortungsbewussten Zusammenarbeit zwischen den Tarifvertragsparteien. Ein Ergebnis waren die „Hattenheimer Gespräche“, die wertvolle Anregungen für die bundesdeutsche Sozialpolitik gaben. Mitglied der Industrie- und Handelskammer war Vorwerk bereits 1929 geworden, seit 1933 deren Vizepräsident. Das 1942 abgebrochene Engagement setzte er 1945 als Vorsitzender fort und verwirklichte die Neuorganisation auf Landes- und Bundesebene. Die hohe Wertschätzung Vorwerks drückte sich unter anderem 1956 in der Wahl zum Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelstages aus.
Für seine Vaterstadt engagierte er sich im besonderen Maße als Vorsitzender des Barmer Verschönerungsvereins. Er setzte ab 1945 Mitarbeiter ein, die die im Krieg zerstörten Barmer Anlagen rekultivierten, auf seine Lohnliste. Er stellte Geräte zur Verfügung, kaufte das inzwischen veräußerte Haus Dahl und managte die Neugestaltung und Pflege dieser zweitgrößten privaten Parkanlage Deutschlands. Anlässlich der letzten Fahrt der Barmer Bergbahn, von seinem Vater Adolf 65 Jahre zuvor initiiert, hielt Wilhelm am 4. Juli 1959 neben dem Bergbahnhof eine flammende, aber erfolglose Rede gegen die Stillegung.
Mit Wilhelm Vorwerk starb am 4. November 1967 ein Mann mit Verantwortungsbewusstsein, Blick für das Praktische, Aufgeschlossenheit für neue Ideen und liebevoller Hingabe zur Natur. Am Höhenweg des Barmer Waldes ist 1971 für ihn eine schlichte Gedenkstätte errichtet worden.
Zum 25. Todestag am 4. November 1992
Der Name Vorwerk ist eine Legende! Aus der Fabrikantenfamilie, die sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts, aus dem westfälischen Schwelm kommend, in Barmen ansiedelte und deren Namen die getrennten Unternehmen Elektro-Vorwerk und Vorwerk & Sohn tragen, ragen zwei Personen heraus, die ein gutes Stück Wuppertaler Geschichte mitgeprägt haben. Zunächst Adolf Vorwerk, der neben der Firmenleitung die Besiedlung der Barmer Südhöhen, einschließlich Strom-, Wasserversorgung, Luftkurhaus und Verkehrsinfrastruktur durch Straßen- und Bergbahn forcierte, und sein Sohn Wilhelm, der den Vater rückhaltlos verehrte und ihn sich zum Vorbild nahm.
Wilhelm Vorwerk wurde am 13. Januar 1889 geboren. Nach einer gründlichen Ausbildung trat er in die 1827 als Textilbetrieb gegründete Firma Vorwerk & Sohn ein und widmete sich besonders dem Anfang der 90er Jahre auf dem Lichtenplatz errichteten Gummiwerk. 1935 wurden die Gummiwerke Fulda übernommen. Der Zweite Weltkrieg hinterließ überall schwere Verwüstungen. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder und den Mitarbeitern trieb Vorwerk den Wiederaufbau voran. Auch in Fulda, wo Deutschlands modernste Reifenfabrik entstand, die später an „Goodyear“ verkauft wurde. Weltweite Bedeutung erlangte auch das Wuppertaler Unternehmen zurück. Den fortschrittlichen Gedanken Vorwerks folgend, wurde das in der Barmer City gelegene Textilwerk nach Schwelm verlegt.
Trotz seiner vielfältigen betrieblichen Bindungen engagierte sich Wilhelm Vorwerk in Unternehmerorganisationen und zum Wohle der Stadt und ihrer Bürger. Unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches betrieb er die Wiedererrichtung von Arbeitgeberverbänden als Gesprächspartner für die Gewerkschaften, zunächst gegen den Widerstand der damaligen Besatzungsmacht. Triebfeder war die Überzeugung von einer notwendigen, verantwortungsbewussten Zusammenarbeit zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern. Ein Ergebnis waren die „Hattenheimer Gespräche“, die wertvolle Anregungen für die bundesdeutsche Sozialpolitik gaben. Mit der Zusammenschluss der Arbeitgeberverbände auf Bundesebene war ein Ziel erreicht. Mitglied der Industrie- und Handelskammer wurde Vorwerk 1929, 1933 deren Vizepräsident. Das 1942 abgebrochene Engagement setzte er 1945 fort als Vorsitzender fort und verwirklichte die Neuorganisation auf Landes- und Bundesebene. Die hohe Wertschätzung Vorwerks drückte sich 1956 in der Wahl zum Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelstages aus, blieb nach dem Rücktritt 1958 noch Ehrenmitglied. Der Staat ehrte ihn mit der Verleihung des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband des Verdienstordens.
Das tatkräftige Wirken für seine Vaterstadt drückte sich in der 1937 gegründeten „Gemeinnützigen Kleinwohnungsbau GmbH“ und in der Mitwirkung im „Barmer Verschönerungsverein“ aus. Die vereinseigenen Barmer Anlagen waren total zerstört und Wilhelm Vorwerk übernahm 1945 in der Not und dann mit Begeisterung den Vorsitz. Die Mitarbeiter, die Deutschlands zweitgrößte private Parkanlage rekultivierten, setzte er auf seine Lohnliste, stellte Geräte zur Verfügung, kaufte das inzwischen wiederverkaufte Haus Dahl und managte die Neugestaltung und Pflege der Anlagen. Am Höhenweg des Barmer Waldes ist 1971 für Vorwerk eine Gedenkanlage errichtet worden. Ältere Mitbürger können sich vielleicht noch an seine flammende Rede erinnern, in der er im Juli 1959 zum Erhalt der Barmer Bergbahn aufrief – erfolglos, wie man längst weiß.
Als Wilhelm Vorwerk am 4. November 1967 starb, blieb die Erinnerung an einen Mann mit Verantwortungsbewusstsein, Temperament, unbestechlichem Blick für das Praktische, Aufgeschlossenheit für neue Ideen und liebevoller Hingabe zur Natur. 25 Jahre sind vergangen und die Lebensgeschichte Vorwerks ist in der 11. Folge der „Wuppertaler Biographien“; erschienen im Born-Verlag, nachzulesen.

Historisches Zentrum

Historisches Zentrum

Das Historische Zentrum umfasst das seit 1970 bestehende Engels-Haus und das 1983 eröffnete Museum für Frühindustrialisierung.
Engels-Haus
Erbaut 1775 von Johann Eberhard Harmann d.Ä. für Johann Caspar Engels, dem Großvater von Friedrich Engels. Zugleich Wohnhaus des Vaters von Engels, Friedrich Engels sen. 1961 wurde das Haus von der Stadt Wuppertal erworben und aus Anlass des 150. Geburtstages von Friedrich Engels als ständige Ausstellung über sein Leben und Werk eröffnet.
Zum Teil in Originaldokumenten wird in der Dauerausstellung der Lebensweg von Friedrich Engels nach gezeichnet – vom kritischen Fabrikantensohn zum Mitverfasser des „Kommunistischen Manifestes“ (1848), vom aktiven Teilnehmer an der Revolution 1848/49 bis zum Führer der internationalen Arbeiterbewegung neben Karl Marx.
Sehenswert sind das „Musikzimmer“ im Erdgeschoss und das „Gemäldezimmer“ im ersten Stock als Beispiele barocker und biedermeierlicher Wohnkultur.
Das Engels-Haus ist nicht nur Museum und Gedenkstätte, es beherbergt auch eine Forschungsstelle zum Sozialismus, zur Frühindustrialisierung und Geschichte der Stadt Wuppertal mit öffentlicher Präsenzbibliothek, Grafiksammlung und Fotothek. Darüber hinaus hat das Engels-Haus Repräsentationsfunktionen, weil in ihm offizielle Empfänger der Stadt, Tagungen und Konferenzen stattfinden. Im Engels-Keller hat der frühere NRW-Ministerpräsident und Bundespräsident Johannes Rau regelmäßig Geburtstage gefeiert.
Museum für Frühindustrialisierung
Das um 1880 erbaute Fabrikgebäude hinter dem Engels-Haus wurde zunächst von der Familie Engels als Bänder- und Litzenfabrik genutzt. Vor dem Ersten Weltkrieg ging das Gebäude in den Besitz des 1843 gegründeten Kaffee-Import-Unternehmens Robert Kannegießer mit Großrösterei über. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude von der Stadt Wuppertal erworben und diente zunächst als Kulissenhaus für die Wuppertaler Bühnen. 1983 entstand das Museum für Frühindustrialisierung, dem zuletzt die benachbarte Reddehause’sche Remise angefügt wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde das Museum nicht nur baulich erweitert, sondern bildungspädagogisch neu konzipiert.
Arbeiter- und Fabrikhäuser Wittensteinstraße 284 und 282 Zeugen des 18. Jahrhunderts
Es handelt sich um die letzten Zeugen aus der 1747 von Caspar Friedrich Engels gegründeten Firma.

1989, Aus „Wuppertal, ein Stadtführer, Kurt Schnöring, GraphiumPress

Hofeshaus Lütterkus Heidt

Einmaliges Original aus der Renaissance ist über 400 Jahre alt

(kgc). Aus den weit über 4.000 Baudenkmälern in Wuppertal ragt das Hofeshaus Lütterkus Heidt an der Emilstraße 46 heraus, weil es sich um das älteste Haus Barmens, das letzte noch relativ ursprünglich erhaltene Renaissance-Fachwerkgefüge in Nordrhein-Westfalen, wahrscheinlich aber auch um eines der letzten hundert Renaissance-Fachwerke in Deutschland, handelt. Während im Ruhrgebiet ein vergleichbares Gebäude bis zur Unkenntlichkeit umgebaut worden ist, gelang auf dem Heidt um 1985 eine sorgfältige Sanierung, die das Hofeshaus in ganz neuem Glanze erstrahlen ließ. Es war den Sanierern, der Architektengruppe Morsbach, ein wichtiges Anliegen, zugleich Chance und Verpflichtung, das Haus möglichst in seinen ursprünglichen Zustand mit den typischen Erscheinungsformen zurück zu versetzen.

Die Anfänge
Das Hofeshaus Lütterkus Heidt wurde 1606 oder 1612 (der damalige Stadtkonservator Hans Neveling sprach von 1580; eine gestohlene Schnitzerei bildete die Jahreszahl 1606 ab) im Auftrag des wohlhabenden Handwerksmeisters Peter „Pitter“ Lütterkus (Familienzeichen „PLH“ – Peter Lütterkus-Heidt) errichtet und ist damit das älteste Wohnhaus im Barmer Süden. Für die damalige Zeit war es ein Hochhaus. Wer sich vorstellt, dass die Hänge zur Wupper vor vier Jahrhunderten fast unbebaut waren, kann erkennen, dass es am Nordhang ein vergleichbares Pendent gab und gibt: das Hofeshaus Klingelholl. Der Erbauer muß „ein reicher Knopp“ (Originalton Horst Volmer) gewesen sein, denn wer konnte schon vor dem Dreißigjährigen Krieg ein viergeschossiges Haus mit einer Nutzfläche von mehr als 400 Quadratmetern (später 555 Quadratmeter) finanzieren?

Das Hofeshaus zeigt zwei große historisch bedingte Erweiterungsstufen. Ältester Teil ist die südlich gelegene Haushälfte mit einem großen Kaminraum, den südlich anschließenden Wohn- und Arbeitsräumen, den heute nicht mehr vorhandenen nördlich befindlichen Stallungen, alles überspannt von einem riesigen Sparrendach, in dem Wolle und Heu gelagert wurden. Die Gebäudestruktur wurde vermutlich gegen Mitte des 17. Jahrhunderts geändert, durch einen nördlichen Anbau. Dieser Anbau erhielt eine eigenen Diele, die Stallungen wurden zu Wohn- und Arbeitsräumen umgebaut. Da das Fachwerkgefüge zur damaligen Zeit bereits im Sockelbereich an der Nordseite stark geschädigt gewesen sein muss, wurde das gesamte Erdgeschoss gegen ein anderes Gefüge ausgetauscht. Ein Anbau datiert in das Jahr 1812. In einer letzten Erweiterungsstufe wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein traufseitiger Anbau angebracht, der stilistisch mit der Struktur und Erscheinungsform des großen Fachwerkhauses nichts zu tun hat. Bei der dreijährigen Sanierung Mitte der 1980er Jahren wurde so gearbeitet, dass ein späterer Abriss ohne Schädigung des Haupthauses möglich bleibt, wenn Eigentümer die ursprünglich rechteckige Gebäudeform wieder herstellen wollen.

Die Zeit vor dem Denkmalschutzgesetz
Im Jahr 1971 berichtete die „Neue Rhein/Ruhr-Zeitung“ (NRZ) auf Initiative des Heidter Bezirksvereins erstmals über den langsamen Verfall des historischen Gebäudes, doch das NRW-Denkmalschutzgesetz trat erst 1980 in Kraft. Der letzte Mieter, Herbert Hesse, vor der Sanierung zog nach 40-jähriger Nutzung im Herbst 1977 aus dem unbewohnbar gewordenen Haus (Plumpsklo, Kohleheizung) aus, das anschließend geplündert und wertvoller Gegenstände beraubt wurde: Täfelung mit Schnitzerei der Herrenstube, bergischer Schrank, Eichentüren mit Messing- und Eisenbeschlägen. Eigentümer war bis 1978 die Erbengemeinschaft Wüster (einschließlich Mitbesitzer Herbert Webermeier), ein auf dem Heidt allseits bekannter Name. Für die Rettung des verwahrlosten Gebäudes engagierte sich neben dem Historiker Professor Dr. Klaus Goebel der an der Brahmsstraße wohnende Vorsitzende des Bergischen Geschichtsvereins, Abteilung Wuppertal, Dr. Michael Metschies. Die Sanierungskosten wurden damals auf rund 650.000 DM geschätzt. Eine nicht verwirklichte Idee war die Translozierung nach Schloß Lüntenbeck.

Rettung in höchster Not

Die Sanierung des Schandfleckens auf dem Heidt begann zunächst in den Köpfen des Solinger Architektenehepaares Renate und Karl Morsbach, das im Verlaufe der Besuche von Denkmalobjekten in der Emilstraße Station gemacht hatte. Arg herunter gekommen, verkleidet und ablehnend wirkte das Haus auf die Betrachter, die sich dennoch von Horst Volmer einen Sanierungsplan erstellen lassen wollten, um auf Investorensuche gehen zu können. Stadt und Land lockten mit Zuschüssen. Die Chance auf Geldverluste waren groß … Schließlich überwogen die Liebe zur Heimat und das Wohlwollen gegenüber einem historischen Gebäude. Mit seinem Freund Albert Schleberger ergriff Horst Volmer selbst die finanzielle Initiative und ließ seinem Idealismus freien Lauf. Eine Gesellschaft zur Erhaltung denkmalwerter Gebäude und Anlagen übernahm die Realisierung. Im Verlaufe der Bauarbeiten wurden die schlimmsten Befürchtungen noch weit übertroffen. Als die Verkleidung abgenommen worden war, wurde klar: das Renaissance-Haus war im Laufe der Jahrhunderte mit Barock- und Empireelementen bis zur Unkenntlichkeit umgebaut worden und der Denmkmalschutz forderte eine Versetzung in den ursprünglichen Zustand. Ein Hausforscher von der Bergischen Universität untersuchte und vermaß ein halbes Jahr lang alle Flächen, Wände, Ecken und Winkel des Hofeshauses.

Im Zuge der Instandsetzung musste eine umfangreiche Innenabstützung erfolgen und die stark bauchige Fachwerkfassade lotrecht nach innen gezogen werden. Im Interesse der Erhaltung historischer Bausubstanz wurden tragende Teile nicht ausgetauscht, sondern neues Stützwerk denkmalgerecht daneben gesetzt.

Aus der Nerven aufreibenden Sanierungszeit nannte Mitinvestor und Bewohner Horst Volmer einmal folgende Highlights: Es war kein 18 Meter langer Eichenbalken mehr zu beschaffen. Ein Schreiner wollte die rund 300 Fenster, Ladeluken und Transportgalgen nicht bauen, weil kein Fenster wie das andere war, auf die Maße bezogen. Von Rechtwinkeligkeit keine Spur. Keine Chance für Schablonen. Der Schornsteinfegermeister wollte den wunderschönen Renaissancekamin nicht mehr rauchen lassen … Eine alte Herdstelle am Boden der zweigeschossigen, rückseitigen Eingangshalle blieb erhalten. Es handelt sich um die größte noch voll funktionsfähige Renaissanceherdstelle Nordrhein-Westfalens (Alcotello-Pflasterung). Übrigens: im Hause befindet sich eine von der benachbarten Quelle gespeister Brunnen, der auch in Trockenzeiten die Wasserversorgung sichert. Das zweite Richtfest fand im Mai 1985 statt. Die Restaurierung wurde im Oktober 1986 abgeschlossen. Mit einem vom Heidter Bezirksverein ausgerichteten Straßenfest nahm die Bevölkerung die gelungene Sanierung freudig zur Kenntnis.

Bilanz
Nach Fertigstellung konnten fünf Wohneinheiten genutzt werden. Nach allen Mühen und Investitionen (1,2 Millionen Mark, davon trugen Land und Stadt rund 75 Prozent der Kosten) zog Horst Volmer folgende Bilanz: „Das Schöne am Menschen ist, dass er die Schwierigkeiten und Sorgen der Vergangenheit schnell vergisst und sich an der Gegenwart erfreut. Ich glaube, dass sich Eigentümer, Bewohner und spätere Generationen an diesem wertvollen und für den Heidt geschichtsträchtigen Haus erfreuen.“

12.08.2003

Katholische Kirche St. Antonius

Die etwas seltsam anmutende rote Kirche am unteren Ende des Steinweges hat in ihrer Geschichte viele Um- und Neubauten über sich ergehen lassen müssen. Die erste Antoniuskirche entstand bereits 1708 am Alten Markt, wurde dann im nächsten Jahrhundert zu klein, so dass sie 1826 verkauft und in ein Wohnhaus umgewandelt wurde. Die katholische Pfarrgemeinde bekam ein neues klassizistische Gotteshaus, welches 1826 eingeweiht worden ist. Es dauerte aber nicht lange, bis dass auch dieses Gebäude, dessen Architektur bei den Gemeindemitgliedern ohnehin auf Missbelieben gestoßen war, durch die gravierende Bevölkerungszunahme nicht mehr genügen Raum bot. Bald entschloss man sich zu einer akzeptablen Lösung: 1867 bis 1869 wurde die Kirche in einen neugotischen Stil umgebaut und erhielt einen weiteren Querbau, der von 1880 bis 1883 durch einen Turm ergänzt wurde. Nach der Kriegszerstörung wurde der Turm in den Jahren 1955 und 1956 bis auf die beiden Untergeschosse abgetragen und anschließend im Stil westfälischer Romantik wieder Aufgebaut. Das Kirchenschiff bekam 1973 seine jetzige Form, in der es Gottesdienstbesuchern auf 600 Sitzen Platz bietet.

01.01.2008, Wikipedia, Wolfgang Mondorf

Katholische Kirche St. Johann Baptist

Ihre Kirche ließ die Katholische Pfarrgemeinde St. Johann Baptist zwischen 1888 und 1890 errichten. Es handelt sich um eine dreischiffige in Ost-West-Richtung orientierte basikale Anlage zwischen Krühbusch und Normannenstraße, die damals noch Jägerstraße hieß. In seiner Gestaltung lehnt sich der Bau an romanische und gotische Formen an. Er gliedert sich in ein fünfjochiges Langhaus, dessen westliches Joch von zwei Türmen begleitet wird, die das Portal flankieren. Im Osten schließt der Bau mit dem weniger hohen Altarraum, der im Grundriss um die Breite der Seitenschiffe verjüngt ist und an seinen Kanten von zwei weiteren zierlichen Türmen begleitet wird. Das an den Altarraum anschließende Joch des Langhauses ist breiter als die restlichen, hier ist risalitartig ein Querschiff angedeutet, das sich im Dachreich mit Zwerchgiebeln fortsetzt.
Die Gebäudeaußenwände sind in behauenem Ruhrsandstein verblendet. Das hohe, teilweise abgewalmte Satteldach ist mit Schiefer eingedeckt. Die Helme der Türme besitzen Kupferabdeckung.
Die Außenwände der Langseiten weisen in jedem Joch ein hohes, spitzbogiges Maßwerkfenster auf. Sie werden zusätzlich durch Strebepfeiler gegliedert. Die Giebel des Querschiffes besitzen runde Maßwerkfenster.
Die Giebelwand des Alters wird zwischen den beiden Türmen von einer breiten, spitzbogigen Blendnische beherrscht, die mehrere Öffnungen zusammen fasst: Ein spitzbogiges Blendfenster mit eingestellten Dreiviertelsäulen wird von zwei Maßwerkfenstern unter einem runden Maßwerkfenster flankiert. Im Fußpunkt dieser Fenster, sowie über dem Scheitel der Blendnische erfolgt eine horizontale Gliederung durch schmale Gesimse.
Im oberen Bereich, unmittelbar unter dem Giebelfeld, ist eine aus sechs Spitzbögen bestehende Arkadenreihe zu finden, die durch zu dritt gebündelte Säulen geteilt wird. Die erwähnten, im unteren Bereich runden Türme verjüngen sich hier zu achteckigem Grundriss. Sie besitzen ebenfalls an allen Seiten Spitzbogenfenster. Im Giebelfeld des Altarraumes ist ein weiteres spitzbogiges Blendfenster mit paarweise gebündelten Halbsäulen im Gewände anzutreffen. Die Portalseite wurde teilweise modern verändert. Der Eingang zeigt sich heute als flach rechteckiger Glaseinbau, der zusammen mit dem darüber liegenden beherrschenden runden Fenster mit stilisiertem Maßwerk in einer leicht zurück tretenden spitzbogigen Form liegt.
Die flankierenden Türme über quadratischem Grundriss werden durch drei umlaufende schmale Gesimse in vier Geschosse gegliedert, die unteren drei Geschosse weisen zusätzlich an den Kanten jeweils Strebepfeiler auf. Auch hier sind in allen Geschossen gotisierende Maßwerkfenster vorhanden. Die Turmhelme sind als Zeltdächer ausgeführt. Sie besitzen heute eine flachere Neigung als in der ursprünglichen Fassung.
Die Oberbarmer (früher Rittershauser) und Wichlinghauser Kirche war nach der 1708 errichteten (ersten) St.-Antonius-Kirche das zweite katholische Gotteshaus in Barmen. Mit der durch die Industrialisierung im 19. jahrhundert bedingte Bevölkerungszunahme stieg auch der prozentuale Anteil der Katholiken an der Barmer Gesamtbevölkerung. Innerhalb der Gemeinde Barmen bildete sich Wichlinghausen um die Mitte des 19. Jahrhunderts als Unterzentrum heraus, indem auch eine katholische Schule und mehrere Vereine entstanden. Aus diesen Kreisen bildete sich zunächst eine Interessengemeinschaft für Kirchbauangelegenheiten, aus der wiederum 1883 der „Verein zur Erbauung einer katholischen Kirche in Ober-Barmen“ hervorging. Die katholische Kirche St. Antonius hatte in jener Zeit die Grenzen ihrer Kapazität erreicht. Der Verein setzte sich zum Ziel, durch Beiträge und Spenden die nötigen Geldmittel für einen Kirchenneubau zu beschaffen. 1887 war die für den Kauf des Baugeländes erforderliche Summe aufgebracht, wobei ein großer Beitrag vom ehemaligen Pfarrer Johannes Baudri gestiftet wurde, nach dessen Namenspatron die Kirche benannt werden sollte. Zur weiteren Finanzierung wurde ein Darlehen aufgenommen.
Für die im Folgenden begonnene Planung der Kirche erstellten der Barmer Architekt Gerhard August Fischer und der Kölner Diözesanbaumeister Schmitz den Entwurf, der zunächst einen noch stärker gotisierenden Bau mit nur einem Turm, stärker ausgeprägtem Querschiff mit kleinem Vierungsturm und einer vieleckigen Apsis vorsah. Dieser Entwurf wurde nicht verwirklicht, jedoch wurde die Fensteraufteilung im Langhaus weitgehend übernommen.
Die Grundsteinlegung erfolgte am 10. Oktober 1888. Die Bauleitung oblag Karl Goost. Nach gut zweijähriger Bauzeit fand am 20. November 1890 die Kirchweihe statt. Die Innenausstattung war zunächst sehr spärlich. Sie wurde in den folgenden Jahrzehnten bis zum heutigen (13. Mai 1994) Zeitpunkt mehrfach ergänzt, erweitert und umgestaltet. Zunächst wurde allerdings 1893 der Einzugsbereich der Kirche zur eigenständigen Pfarrei erklärt. Das Pfarrgebiet wurde im Westen durch die Bartholomäus- und Stollenstraße, im Norden und Osten durch die Grenzen zu Nächstebreck und Langerfeld bezeichnet und erstreckte sich im Süden bis nach Heckinghausen.
1895 wurden der Hochaltar und die beiden Seitenaltäre, zu denen bei Fertigstellung des Kirchbaus lediglich Entwürfe vorlagen, geweiht. Zwei Jahre später wurden Orgel und vier Glocken installiert, von denen allerdings drei im Ersten Weltkrieg konfisziert wurden. Zehn Jahre später, 1927, wurden sie durch neue Glocken ersetzt.
Eine erste große Veränderung in der Innengestaltung fand 1941 auf Initiative des damaligen Pfarrers Weidmann statt, der aus der Jugendbewegung stammte und aufgrund seiner Gesinnung die historisierende Ausstattung als unangemessen ablehnte. Er beauftragte den Düsseldorfer Kunstprofessor Dr. Huppertz mit der Neugestaltung des Chorraumes. Dabei wurde auch die heute auf dem Kirchplatz an der südlichen Chorwand stehende Kreuzigungsgruppe angefertigt. Der Düsseldorfer Bíldhauer Ernst Gottschalk starb über der Arbeit. Die beiden Seitenfiguren wurden von Eduard Kaufmann, ebenfalls aus Düsseldorf, erschaffen.
Im Zweiten Weltkrieg hatte die Kirche verschiedene Schäden zu beklagen. Im April 1942 wurden alle Glocken bis auf die kleinste konfisziert. Beim Luftangriff vom 13. März 1945 brannte das Dach einschließlich der Turmhelme aus, ebenso wurde das Fenstermaßwerk zerstört. Im Inneren wurden Orgel, Altarstufen und Altartisch beschädigt.
Bereits 1947 wurde ein Kirchbauverein gegründet. Den Auftrag zum Wiederaufbau nach historischen Plänen erhielt Architekt Brandt. Der Wiederaufbau war Ende 1950 abgeschlossen.
Ein weiterer Umbau der Kirche erfolgte in mehreren Schritten in der Zeit von 1962 bis 1968 nach den damals herrschenden Architekturvorstellungen. Hierbei wurde die Westfront mit dem Portal umgestaltet. Das runde Fenster erhielt sein heutiges vereinfachtes Maßwerk. Auch die heutige Eingangssituation stammt aus den 1960er Jahren. Die Entwürfe zu den heutigen, von 1965 bis 1968 eingesetzten Fenstern der Seitenschiffe stammen vom Düsseldorfer Glasmaler Jochen Poensgen. Gleichzeitig wurde die Rückwand des Altars geschlossen, ebenso die Nischen unter den Fenstern der Seitenschiffe. Die historischen Kirchenbänke und Beichtstühle wurden gegen die heute vorhandenen ausgetauscht.
1974 erfolgten nochmals Veränderungen. Der Altarraum mit Altar, Altarkreuz, Ambo und Tabernakelsäule wurden von Elmar Hillebrand ausgeführt. Außerdem wurde eine neue Orgel eingesetzt, die 1983 erweitert wurde.
Zwei der heutigen Glocken wurden 1982 von der Firma Petit & Edelbrock in Gescher gegossen. Die dritte ist die im Zweiten Weltkrieg belassene.
Der bisher jüngste Umbau erfolgte in den Jahren 1990/91, wobei Teile der zwischenzeitlich veränderten Innengestaltung wieder in Anklang an den historischen Zustand rekonstruiert wurden. So wurden die Fenster der Altarrückwand wieder geöffnet und vom Sohn Elmar Hillebrands gestaltet. Auch die Nischen der seitlichen Altarwände und der Seitenschiffe wurden in vereinfachter Form wieder hergestellt.
Das Innere der Kirche stellt sich heute als verputzter, durch Säulen gegliederter und mit Kreuzrippengewölben abgeschlossener Raum dar, wobei die Seitenschiffe etwa die halbe Breite des Mittelschiffs besitzen. Der Boden ist mit quadratischen Marmorplatten belegt. Die Außenwände der Seitenschiffe besitzen unter den Fenstern tiefe segmentbogige Nischen, die heute durch Pilaster voneinander getrennt sind, die sich zwischen den Fenstern als Säulen fortsetzen. Diese fußen auf einer Galerie, die den oberen Abschluss der Nischen bildet.
Die Säulen, die das Mittelschiff von den Seitenschiffen trennen, stehen auf achteckigen Sockeln. Der Schaft deutet durch die Bemalung große Natursteinblöcke an. Die Kapitelle sind achteckig ausgestaltet und mit verschiedenen Pflanzenmotiven geschmückt. Sie tragen die gotisierenden Kreuzrippengewölbe, wobei die orthogonalen Rippen in Ziegel und die diagonalen Rippen in Werkstein ausgeführt sind. Als Schlusssteine finden sich Rosetten, die Gewölbefenster selbst sind verputzt.
Über dem neu gestalteten Eingang mit Glas-Windfang ist zwischen den Türmen die Orgelempore zu finden. Die Orgelpfeifen umrahmen in ihrer Anordnung das Maßwerkfenster über dem Portal. Im nördlichen Turm sind Kapelle und Beichtstuhl untergebracht. Man betritt den Raum durch ein eisernes zweiflügeliges Gittertor.
Der Altarraum, zu dem vier Stufen hinauf führen, wurde bei der neuesten Umgestaltung weiter in den Kirchenraum hinein gezogen. Die erwünschte, von Hillebrand gestaltete Ausstattung ist als Gesamtheit konzipiert. An der Nordseite führt ein Durchgang vom Altarraum zur Sakristei.
Die Wandnischen der Seitenschiffe sind mit verschiedenen Elementen ausgestattet: In der Nische des angedeuteten Querschiffes steht an der Nordseite eine dem originalen Seitenaltar entnommene Figur. Die dem Portal zunächst liegende Nische der Südwand wurde in Anlehnung an die ursprüngliche dunkle Farbgebung restauriert. Sie bildet einen Kontrast zur ansonsten hellen Gestaltung der Kirche. In den restlichen Nischen ist in Bildern aus der Nazarenenschule der Leidensweg Christi dargestellt.
Der die Kirche umgebende Außenraum wurde in gestalterischer Einheit mit der Kirche umfriedet. Entlang der Normannenstraße zieht sich eine Naturstein-Stützmauer. Die von der Normannenstraße zum Krühbusch führende Treppe wird ebenfalls von einer Natursteinmauer begleitet, die von einem verzierten Eisengittertor durchbrochen wird. Zum Krühbusch hin ist das Gelände von einer Ziegelmauer eingefasst.
Die Kirche veranschaulicht zum einen die Architekturauffassung des späten neunzehnten Jahrhunderts, die durch Rückgriffe auf Stilelemente vergangener Epochen gekennzeichnet ist. Für Sakralbauten bediente man sich dabei vor allem – wie in diesem Falle – der romanischen und gotischen Formensprache. Zum anderen bietet das Gebäude mit seiner wechselvollen Geschichte ein lebhaftes Bild von der Entwicklung des religiösen Lebens in der ehemals selbstständigen Stadt Barmen. Es dokumentiert darüber hinaus auch den Aufstieg zur Industriegroßstadt und die Sozialstrukturen der in jener Zeit rapide wachsenden Bevölkerung. Schließlich bildet es, auch aufgrund seiner städtebaulichen Wirkung, einen unverzichtbaren Bestandteil der historischen Bebauung Wichlinghausens, dessen Geschichte es überdies dokumentiert. Erhaltung und Nutzung liegen aus städtebaulichen, wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und sozialgeschichtlichen, sowie stadthistorischen Gründen im öffentlichen Interesse. Die Denkmal-Unterschutzstellung erstreckt sich auf das gesamte Gebäude, einschließlich der historischen Innen- und Außenausstattung sowie der Einfriedung.

Zeittafel
1887. Erwerb des Baugrundstückes für Kirche.
10.10.1888. Grundsteinlegung.
20.11.1890. Weihe der katholischen Kirche.
1927. Einbau neuer Glocken.
1941. Pfarrer Weidmann veranlasst eine Umgestaltung des Kircheninneren.
April 1942. Konfiszierung fast aller Glocken.
13.03.1945. Bombenangriff auf Oberbarmen und starke Schäden.
1947. Gründung eines Kirchbauvereins.
Ende 1950. Wiederaufbau abgeschlossen.
1962-1968. Schrittweiser Innenumbau.
1965-1968. Neue Fenster für die Seitenschiffe.
1974. Veränderungen im Kircheninneren.
1990/91. Neue Innengestaltung und Rekonstruktion des Chorraumes.

Katholisches Pfarrhaus Normannenstraße 73-75

Das Objekt ist das zweigeschossige, zwischen 1890 und 1894 vom Barmer Architekten Gerhard August Fischer Burg) erbaute Pfarrhaus aus schariertem und verfugtem Natur-Werksteinmauerwerk mit Werksteingewänden für Fenster und Türen, sowie gemauerten Entlastungsbögen. Das Gebäude besteht aus zwei giebelständigen Häusern, die durch einen zurück liegenden Baukörper miteinander verbunden und mit drei Satteldächern überdacht sind und so den Eindruck zweier Endrisaliten mit überdachten Zwerchgiebeln vermitteln. Zwischen diesen Giebeln befinden sich die massive, dreiläufige Außentreppe mit schmiedeisernem Treppengeländer, die das Doppelhaus verbindet, mit dem westlichen Gebäudeteil, dem Pfarrhaus und dem östlichen Gebäudeteil mit dem Katechesiersaal und den Wohnungen für zwei Kapläne. Mittig auf dem zurück liegenden Gebäudeteil befindet sich die Konsol-Figur des Pfarrpatrons Johann Baptist unter gotisierendem Baldachin. An der Gartenfassade befinden sich zwei zweigeschossige Vorbauten mit gewalmten Pultdächern. Das Dachgeschoss ist mit gotisierenden Fensterstürzen, auch an den Dachgauben ausgestattet. Die gute Qualität der Architektur und des Dekors macht das Gebäude zu einem wichtigen Beispiel für die Baukunst der damaligen Zeit. Das Doppelhaus ist unverzichtbarer Bestandteil der historischen Bebauung in der unmittelbaren Umgebung der katholischen Pfarrkirche St. Johann Baptist, mit der es zur gleichen Zeit erbaut wurde. Daher ist es ein Zeugnis für die Geschichte Oberbarmens. Erhaltung und Nutzung liegen aus städtebaulichen, künstlerischen, wissenschaftlichen und stadthistorischen Gründen im öffentlichen Interesse.

Kindertagesstätte Normannenstraße 57

Das zwischen 1882 und 1887 errichtete Schulgebäude befand sich auf der anderen (linken) Seite des Grundstückes und hatte die Hausnummer Jägerstraße 103 bzw. später Normannenstraße 53. Das neue Gebäude wurde zusätzlich auf die andere Grundstücksseite (zunächst Jägerstraße 103a, später dann Normannenstraße 57) gestellt. Dabei wurde die Grenzmauer des Schulgeländes teilweise in das Gebäude integriert. Das alte Schulgebäude wurde später abgerissen.
Im markanten, aus gelben Ziegelsteinen gebauten Gebäude fand ab 1951 eine Bildungsanstalt für hauswirtschaftliche und sozialpädagogische Frauenberufe ihren Raum. Ab 1972 war es ein Schulübungskindergarten für Erzieherinnen und Erzieher. 1992 zog die städtische Tageseinrichtung für Kinder ein, die aber von 2001-2005 im Exil am nahen Krühbusch leben musste, weil das von Hausschwamm befallene Gebäude grundsaniert wurde. Neu ist nicht nur die technische Ausstattung, auch alle Maßnahmen zum Brandschutz, einschließlich eines zusätzlichen Außentreppenhauses, wurden erledigt. Der städtische Kostenaufwand summierte sich auf eine Million Euro.

Krankenhaus

(kgc). Um 1973 mußte das 1839/40 im Stil des Klassizismus errichtete ehemalige städtische Krankenhaus am Kleinen Werth dem Neubau der Gewerblichen Schulen II weichen. Erhalten blieb der 1893 fertiggestellte Erweiterungsbau an der Ecke zur Bachstraße. Der Komplex blieb bis 1911 in Betrieb, bis die Krankenanstalten in der Schönebecker Heusnerstraße die Funktion übernahmen. Der architektonisch beachtenswerte Backsteinbau schien noch um 1983 in seinem Bestand gefährdet, wie Dr. Michael Metschies in den „Mitteilungen des Bergischen Geschichtsvereines“ mit Blick auf die beabsichtigte Schulerweiterung berichtete. Inzwischen haben die Instandsetzungsarbeiten begonnen, die einem Neubau nahekommen dürften, wenn man die Kosten von mehreren Millionen DM betrachtet. Kein Fundament unter dem historischen Gemäuer und Hausschwamm in Decken und Wänden – so lauteten die jüngsten Hiobsbotschaften an die Politiker. Dennoch werden die Arbeiten fortgesetzt und demnächst soll die Volkshochschule in dem Baudenkmal ihre Barmer Außenstelle eröffnen.
Das alte Krankenhaus ist einer der wenigen im Original erhaltengebliebenen Kommunalbauten aus der Zeit der Stadt Barmen. „Die nach Süden gelegene Hauptfassade des dreigeschossigen, achtachsigen Gebäudes besitzt einen auf einer Breite von zwei Achsen vorspringenden Mittelteil, der in der Höhe des Mansardgeschosses von einem Giebel gekrönt wird. Die halbkreisförmigen Rundbogenfenster des Erdgeschosses zeigen kräftige sandsteinerne Voluten als Schlußsteine. Die segmentbogenförmigen Fenster der beiden Obergeschosse tragen einfachere trapezförmige Schlußsteine. Zwischen Erd- und Obergeschoß verläuft ein Gesims, das von einem Scheibenfries begleitet wird.“ So begann Dr. Michael Metschies seinerzeit die Beschreibung des Gebäudes, in der er seine Hoffnung beschrieb, „daß das damals angeblich nicht verwendbare Haus durch die Reinigung der verschmutzten Fassade (rote und gelbe Klinker) in einer architektonisch und städtebaulich desolaten Umgebung zu einem Schmuckstück werden könnte.“ Damals, 1976-79, waren Abriß und neue Bebauung bereits beschlossene Sache. Das am 01.07.1980 in Kraft getretene Denkmalschutzgesetz schien zu spät zu kommen. Und doch haben sich die Bemühungen um den Erhalt gelohnt, wie angesichts der Baumaßnahmen festzustellen ist. Der Verdienst gebührt dem in diesem Jahr zurückgetretenen Abteilungsvorsitzenden des Bergischen Geschichtsverein, der für sein ehrenamtliches Engagement für die Wuppertaler Geschichte und bergische Denkmal- und Stadtbildpflege mit dem „Rheinlandtaler“ ausgezeichnet worden ist. „Wie ein fliegender Händler bin ich mit meinen Dias durchs Bergische Land gezogen und habe die Öffentlichkeit über Denkmalschutz und bedrohte alte Häuser informiert“, hat der verstorbene Amateur-Historiker vom Barmer Heidt einmal erzählt. Verschiedene Bücher bezeugen eindrucksvoll die Bemühungen, aber manch schmerzliche Erfahrung mußte Dr. Metschies auch machen. „Gefährdet – Gerettet – Verloren“ ist denn nicht nur ein Buchtitel, sondern auch Beschreibung für Hoffen und Bangen, Erfolg und Mißerfolg. „Denkmäler sind als Teil unserer Geschichte zu betrachten, und zwar auch unserer Alltagsgeschichte und damit zugleich als Teil unserer kulturellen Wurzeln“, sagte Dr. Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Landschaftsversammlung Rheinland in seiner Laudatio und würdigte Metschies als engagierten Wissenschaftler und unermütlichen Kämpfer für die Erhaltung steinerner Erbschaften.
Neue Ära mit neuer Nutzung
Als am 28. Mai 1997 die Volkshochschule ihr neues Barmer Domizil an der Bachstraße eingeweiht hat, ging für das ehemalige Barmer Krankenhaus eine lange Zeit der baulichen Unsicherheit und Umbauzeit zuende. Zu Beginn des Jahres 1990 hatte sich der damalige Kulturdezernent Heinz Theodor Jüchter für den Umbau des Denkmalgeschützten Hauses an der Ecke Bachstraße/Kleiner Werth für die Volksbildung ausgesprochen. Die Baukosten wurden mit 3,7 Millionen Mark veranschlagt, von denen das Land 3 Millionen Mark tragen sollte. Zwischen Beginn der Bauarbeiten 1993 und Fertigstellung im Frühjahr 1997 explodierten die Kosten auf 8,1 Millionen Mark. Verantwortlich waren Hausschwamm im Keller und unter dem Dach, fehlende Fundamente und kritische Zwischendecken, außerdem Zeitverzug im Zeichen des Korruptionsskandals. Nun aber bekommt die VHS ein ansprechendes Ambiente mit Cafeteria und Atelier, in dem sich gut lernen lassen sollte. Beim äußeren Anblick darf der schöne Backsteinbau als ebenso gelungene Restaurierung bezeichnet werden, wie beim ehemaligen Stadtbad und künftigen Brauhaus Kleine Flurstraße, bei der „Färberei“ in Oberbarmen und der Berufsschule an der Ritterstraße.

Geschichtswerkstatt Wuppertal, „Fäden, Farben, Wasser, Dampf“, Route 13 Sedansberg
Station 13.18 und Route „Zeitreise“: Barmer Krankenhaus, heute VHS, Bachstraße 15, Kleiner Werth

1841 eröffnete die Stadt Barmen ihr erstes Krankenhaus am Kleinen Werth. Der prächtige Erweiterungsbau von 1894 blieb erhalten und wird heute von der Volkshochschule genutzt.

Fabrik Barthels-Feldhoff

Die Firma Barthels-Feldhoff wurde am 29. August 1829 von Philipp Barthels gegründet. Er war verheiratet mit Simonette Feldhoff, deren Geburtsnamen er dem Firmennamen beifügte. Für die Ansiedlung des jungen Unternehmens wurde ein Teil des alten Wuppermann-Hofes in Wupperfeld erworben. Später kamen Teile des Hofes „Im Stennert“ und ein angrenzendes als Spinnerei genutztes Grundstück hinzu. Die Wahl dieses am damaligen Stadtrand und unmittelbar an der Wupper gelegenes erweiterungsfähigen Standortes zeigt die Weitsicht des Firmengründers. Die ersten Erzeugnisse waren Näh- und Strickgarne aus Baumwolle, die auf Zwirnmaschinen gefertigt wurden. Bisher waren als Rohstoffe das im Tal der Wupper selbst gebleichte und gehandelte Leinen, sowie Wolle eingesetzt worden. Barthels betrat mit der wesentlich billigeren Baumwolle in Barmen Neuland und konnte so 5 bis 6 Jahre nach Gründung bereits 50 Mitarbeiter beschäftigen.
Als Antrieb für die Produktion wurde sehr früh die Dampfmaschine eingesetzt, der dazugehörige Dampfkessel soll der zweite in der Gemeinde Barmen gewesen sein. Ein Stauwehr östlich des heutigen Schwebebahnhofes Wupperfeld brachte das nötige Gefälle für die Nutzung der Wasserkraft an der Wupper. Um 1850 übernahm Barthels-Feldhoff das von Karl Theodor Wuppermann entwickelte Verfahren zur Herstellung von „Eisengarn“. Garnstränge aus Baumwolle wurden mit einer Appreturmasse getränkt und anschließend gebürstet. Dieses völlig neue Material konnte wegen seines seidenartigen Glanzes für den Bekleidungsbereich und wegen seiner hohen Festigkeit für technische Zwecke eingesetzt werden. Barthels-Feldhoff entwickelte sich zum führenden Betrieb für dieses Produkt, das schon nach wenigen Jahren mehr als die Hälfte der Gesamtproduktion ausmachte. Durch dieses Eisengarn wurde aber auch für die Entwicklung des Unternehmens eine Weichenstellung vorgenommen, die Auswirkungen bis in die heutige Zeit haben sollte. Es stellte sich nämlich heraus, dass Eisengarn für die Herstellung gebrauchstüchtiger Schuhsenkel im besonderen Maße geeignet war. Um diesen Artikel selbst herstellen zu können, entschloss sich Barthels-Feldhoff zum Aufbau einer eigenen Flechterei. Im Jahre 1874 wurde dann auch eine eigene Färberei gegründet. Hierzu legte man auf dem Betriebsgelände zwei Brunnen an und erwarb die Wasserrechte des qualitativ hervorragenden Grundwassers.
Eisengarnproduktion, Aufbau der Flechterei und eigene Färberei ermöglichten eine effizientere und kostengünstigere Produktion sowie den Einstieg in die damals aufkommende Hutlitzenproduktion. Schweizer Hutfabrikanten nähten aus diesen Litzen modisch Damenhüte. Barthels-Feldhoff war in wenigen Jahren eines der führenden Unternehmen auf diesem sich ständig ausweitendem Gebiet. Zeitweilig bestand der Gesamtumsatz zu zwei Dritteln aus Hutlitzen, die weltweit exportiert wurden.
Hutlitzen und Eisengarn waren die Hauptsäulen des Umsatzes bis in die zwanziger Jahre. Die starke Modeabhängigkeit der Hutlitzenproduktion führte aber immer wieder zu erheblichen Schwankungen in der Beschäftigung. Hinzu kam ein Rückgang der Eisengarnproduktion durch die Entwicklung der modernen synthetischen Fäden. Dies zwang zur Entwicklung neuer Produkte, hier seien erwähnt textile Isolierschläuche, Tressen, Gardinenkordeln und Gummilitzen .Von besonderer Bedeutung war jedoch die Entwicklung der Luftfracht in den dreißiger Jahren. Für die Produktion von Fallschirmen, sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke, wurden große Mengen geeigneter Leinen benötigt. Hierfür waren die im eigenen Hause entwickelten Flechtmaschinen in besonderem Maße geeignet. Also produzierte man Fallschirmleinen, teils aus Seide, später aus Perlon. Die zunehmende Militarisierung und der sich anschließende Krieg brachten eine schnelle Weiterentwicklung aber auch die völlige Zerstörung am 19. März 1945, wenige Wochen vor Kriegsende.
Der Wiederaufbau wurde unter Einsatz der gesamten Mitarbeiterschaft in Angriff genommen. Unter den Trümmern lagen große Rohstoffmengen, auch fertige und nicht mehr ausgelieferte Fallschirmleinen. Schnell wurden Flechtmaschinen wieder hergerichtet und so modifiziert, dass sie „rückwärts“ laufen konnten. Auf diese Weise konnten diese sinnlos gewordenen Leinen wieder entflochten und zu wertvollem Rohstoff rückverwandelt werden. Die ersten Nachkriegsprodukte waren Pullover und Tischdecken, die aus dem so gewonnenen Rohstoff von mehr als 1000 Heimarbeiterinnen gestrickt und gehäkelt wurden. Mit der 1947/48 wiederaufgenommenen Flechtproduktion lag der Schwerpunkt bald auf Schuhsenkeln, Gummilitzen, Elektroisolierschläuchen, Hutlitzen und technischen Geflechten. Eine der wichtigsten Entscheidung der damaligen Zeit war der Entschluss, für Schuhsenkel einen Markenartikel zu schaffen. Der Verbraucher verlangte nach den schweren Kriegs- und Nachkriegszeiten mit ihren qualitativ schlechten „Ersatzprodukten“ und nach der im Jahre 1948 erfolgten Währungsreform für sein neues Geld einwandfreie Produkte. Ein Problem war jedoch die Spitzen. Die aus einem mit einer Plastikmasse getränkten Gewebe hergestellten Spitzen hatten keine Haltbarkeit. Die Schuhsenkelenden fransten nach kurzer Gebrauchszeit aus. Vollzelluloid-Spitzen, wie heute üblich, gab es noch nicht, dafür aber große Mengen alter Kinofilme. Mit einer für diesen Zweck konstruierte Maschine gelang es hervorragend daraus haltbare Spitzen herzustellen.
Als unverwechselbares Zeichen wurden die Spitzen mit einem goldenen Ring verziert- und das fertige Produkt unter der Bezeichnung „Ringelspitz“ im Jahre 1950 auf den Markt gebracht. Die Markenartikelidee und ihre Umsetzung war so erfolgreich, dass Barthels-Feldhoff sich in der Folgezeit zum größten europäischen Schuhsenkelhersteller entwickelte. Die bis dahin reine textile Fertigung musste um einen Verpackungsbereich erweitert werden. Hierzu gehörten automatische Benadelungsmaschinen und die Entwicklung von Haspelautomaten, die das aufwendige Handhaspeln ablösen sollten. Später kamen Blisterautomaten hinzu, um den Vertrieb von Senkeln auch in den SB-Geschäften möglich zu machen. Neben der Optimierung der Schuhsenkelfertigung wurde auch natürlich auch der textile Teil der Fertigung weiter entwickelt. Bereits im Jahre 1951 waren die ersten Bandwebstühle beschafft worden. Sie wurden vorzugsweise zum Weben von Bändern für die Reißverschlussindustrie eingesetzt. Später dehnte sich die Produktionspalette auf Gummibänder und Produkte für die verschiedenen technischen Einsatzzwecke aus, die Umstellung der Bandproduktion erfolgte auf moderne Nadelwebmaschinen.
In der Flechterei, nach wie vor das Herzstück des Unternehmens, wurden die traditionellen Flechtmaschinen „Barmer“ Bauart durch leistungsfähige Schnellflechter mit hohem Spulenfassungsvermögen ersetzt. Zur Schuhsenkelproduktion kamen Kordeln für verschiedene technische Einsatzzwecke, Leinen für Fallschirme und Gleitschirme, Angelschnüre, aber auch Kordeln und Litzen für die Bekleidungsindustrie hinzu. Die eigene Färberei bietet auch heute noch Vorzüge für die Farbwünsche und den Lieferservice für und an die Kunden.
Die nach dem Krieg eingestellten Zwirnproduktion wurde Mitte der fünfziger Jahre mit Zwirnen für die Reißverschlussindustrie wieder aufgenommen. Später kamen Spezialzwirne hinzu, die in enger Zusammenarbeit mit den Abnehmern passend zu deren Anforderungen entwickelt wurden. Anfang der achtziger Jahre erfolgte die Umstellung dieser Fertigung auf moderne Doppeldrahtzwirnmaschinen, deren rationelle Arbeitsweise durch leistungsfähige Autoconer ergänzt wurde. Auch in der Färberei gab es wichtige Veränderungen. Ab 1960 wurde die traditionelle Stranggarn-Färbemethode durch das Färben von Garnspulen schrittweise abgelöst. Hierfür war die Beschaffung von Hochtemperaturgestützt weitergehend automatisch ablaufen lässt. Zur Reduzierung des Energie- und Wasserverbrauches wurden diese Anlagen mit Rückkühleinrichtungen für die Farbflotte ausgestattet und das so anfallende Kühlwasser wieder für Färbebänder nutzbar gemacht. Die Entwicklung der Farbrezepturen erfolgt mit Hilfe einen computergestützten Farbmetrik-Systems. Neben einer wichtigen Kostenreduzierung durch Rezeptur-Optimierung führte der Einsatz dieses Systems auch zu einer spürbaren Entlastung der Färbereiabwässer durch den geringen Farbstoffverbrauch.
Das Motto des Gründers „nunquam retrorsum“ – „niemals zurück“ spiegelt sich im Wandel des Unternehmens im Lauf der Zeiten. Immer wieder wies der Markt auf neue Wege, eine Kernkompetenz hat sich jedoch über 165 Jahre bewährt: Der Umgang mit gezwirnten und geflochtenen Produkten. Die letzten 15 Jahre allerdings waren geprägt durch das Ausspannen der Aktivität auf neue Felder durch Kooperation. 1981 wurde durch Anteilstausch die Zusammenarbeit mit der Firma Bergal in Haßlinghausen, einem Hersteller von Senkeln und Einlegesohlen für den Schuhhandel begonnen. 1991 konnte die „Erfurter Flechttechnik“ in Erfurt von der Treuhand erworben werden, 1994 wurde „Composite Impulse“ als joint-venture zur Herstellung von Faserverbundswerkstoffteilen gegründet.
Im Mittelpunkt all dieser Bemühungen stand aber und steht der Mensch, der unermüdlich nach neuen Wegen sucht um sich im Wettbewerb zu bewähren, den Kundenwünschen zu folgen, seinem Lebensunterhalt dadurch zu verdienen zu lernen.
Lila …läuft bis Donnerstag um zwölf….
„Der Mensch ist nicht denkbar als einer, der am Werkstor seine Seele Abzugeben hätte.“ Das ist die Überzeugung von Erich Colsman, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Textilwerke Barthels-Feldhoff in Barmen.
Gegründet als Nähgarnzwirnerei und Färberei im Jahre 1829 gehören heute vier Unternehmen in Wuppertal, Sprockhövel und Erfurt zu der Firmengruppe, die insgesamt 200 Mitarbeiter beschäftigt.
Menschenleben an geflochtenen Fasern
Seit Beginn der Flechterei Mitte des 19. Jahrhunderts werden im Stammsitz in der Brändströmstraße Schuhsenkel produziert. 300 verschiedene Ausführungen, wechselnd nach Mode und Käuferwunsch, werden 1992 in 20 europäischen Ländern zu Schleifen gebunden. Als Lieferant des Schuhhandels zählt Barthels-Feldhoff zu den größten Anbietern der EG . Nr. 1 sind die Wuppertaler europaweit, wenn Ersatzschnürriemen durch die Ösen gezogen werden.
Ebenfalls führend ist das Unternehmen als Belieferer der europäischen Bekleidungsindustrie mit Kordeln, Bändern, Tressen und Litzen (den „Barmer Artikeln“), die farblich genau zu den Kleidungsstücken passen müssen. Wo die 150 Farbtöne des Standardprogramms nicht ausreichen, wird nach einem Kundenmuster präzise eingefärbt. Ein Computer „liest“ dazu die Stoffprobe und macht einen „Rezeptvorschlag“ Dann endet allerdings die Vormacht der EDV. Zum Handwerk des Färbers gehört noch immer die große Kelle, in der mit Augenmaß und Erfahrung die richtige Dosis zum Hochtemperaturfärben gemischt wird.
Das dritte Standbein der Wuppertaler sind technische Geflechte, Bänder und Zwirn. An Barthels-Feldhoff-Produkten hängen Lenkdrachen, aber auch die Menschenleben von Ballonfahrern, Paraglidern und Fallschirmspringern.
Motivation ist kein Thema
Für alle Produkte gilt ein ständiger Wechsel von Farben, Mustern und Aufmachungsarten. Welche Farbe wann gefragt ist, lässt sich nie sicher voraussagen. „Lila läuft bis Donnerstag um zwölf. Man weiß nur nicht an welchem Donnerstag.“ ist ein alter Spruch, mit dem die Textiler die Launen und Trends ihrer Märkte auf den Punkt bringen.
„Bedarf ist heut nicht mehr planbar“, erläutert Erich Colsman. „Wenn Menschen nicht genug zu essen haben, ist es einfach, ihren Bedarf festzulegen. Heute sind diese Bedürfnisse gesättigt; die Menschen sind flexibel, und die Zukunft eines Unternehmens hängt davon ab, wie schnell es auf Veränderungen reagieren kann.“
Die veränderten Marktforderungen waren auch Ausgangspunkt einer Unternehmensstrategie, die in den vergangenen achtzehn Jahren bei Barthels-Feldhoff entwickelt und konsequent umgesetzt wurden. „Die Firma ist seit 1829 an diesem Platz“, erzählt Erich Colsman, „Maschinen laufen zum Teil Jahrzehnte. Aber drumherum verändert sich alles. Die Anpassungsfähigkeit einer Organisation steht und fällt mit der Flexibilität ihrer Mitarbeiter.“ Die vielzitierte Motivation ist dabei für den Chef kein Thema: „Jeder Mensch möchte doch so arbeiten, dass ein gutes Ergebnis dabei herauskommt. Was man abbauen muss, sind die motivationshemmenden Faktoren.“
Gestaltungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz
Für den Manager Colsman bedeutet das in Anlehnung an die Überlegungen Rudolf Steiners, den Menschen als Ganzes einzubeziehen, ihm an seinem Arbeitsplatz Gestaltungsmöglichkeiten zu geben, und das Unternehmen durchsichtig zu machen. Konkret wurde zum Beispiel der Umbau einer Verwaltungsetage gemeinsam von Mitarbeitern, einem EDV-Fachmann, Architekten, Tischlern und einer Künstlerin geplant. Was vorher ein Gang mit kleinen Büros war („Wir kriegten die beiden Seiten einfach nicht zur Zusammenarbeit.“), wurde nach einem halben Jahr zu einem ungewöhnlichen und ästhetisch reizvollem Raum, in dem alle Arbeitsbereiche optimal ineinander greifen, ohne sich zu stören.
Von einigen Schlüsselerlebnissen bis zu dieser Umgestaltung des Unternehmens erzählt Erich Colsman: Von der Mitarbeiterin, die ihre 30jährige Betriebszugehörigkeit feierte, ohne je eines der anderen Firmengebäude betreten zu haben. Von seiner eigenen Mitarbeit im Elternrat der Waldorfschule, wo ihn die Fragen faszinierten, wie eine Schule ohne Leitung funktionieren kann, und wieso sich gerade dort die Lehrer so stark engagieren. Von der Beziehung zu den Kunden, die nie allein von rationaler Kalkulation, sondern immer auch von dem Gefühl geleitet ist, den „richtigen Partner“ gefunden zu haben. Und von den Erfahrungen mit völlig unterschiedlichen Exportländern, mit den „schnellen Märkten“ in Deutschland und den Niederlanden, wo die Moden poppiger und die Farben „lauter“ sein dürfen, und mit der „großen Eleganz der Romanen“.
Unternehmen als offenes System
Aus all diesen Erfahrungen wuchs der Wunsch, auch das Unternehmen mehr als „offenes System“ zu verstehen, eher den künstlerischen Prozess zu suchen, als den konstruktiven, wo der Plan, wie beim Maschinenbau, von vornherein jedes Detail festlegen muss.
Vor fast 20 Jahren begann bei Barthels-Feldhoff aus dieser Diskussion die Suche nach neuen Wegen der Mitarbeiterbeteiligung. Dazu gehörte die Einführung von Konferenz- und Projektgruppen, die sich ohne Vorgaben der Geschäftsleitung regelmäßig zusammensetzten. Fachwissen geht in diesen Runden vor hierarchischer Ordnung, Entscheidungen entwickeln sich im Gespräch, die gegenseitige Information funktioniert direkter. Täglich um zehn trifft sich zum Beispiel die „Morgenrunde“ am großen Tisch im Speiseraum: leitende Mitarbeiter aus allen Firmenbereichen, einige im ölverschmierten „Blaumann“, andere im Arbeitskittel oder in Anzug und Krawatte. Auf dem Tisch meterweise Kordeln und Bänder, Musterkarten, große und kleine Zettel, ein Telex.
Einzelgespräche wechseln mit Mitteilungen an alle, Unterlagen werden herumgereicht, Musterware begutachtet, Informationen eingeholt. Dann stehen gemeinsame Themen an: die Anschaffung einer Maschine und die Folge für die Mitarbeiter, Lieferantenprobleme, Ausbildungsfragen, Umsatzzahlen…
„Chaoskompetenz“ ist gefragt. Alle Teilnehmer mussten lernen, ohne langwierige Dienstwege ihr Fachwissen einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Das war nicht leicht, aber lohnend.
Zu den ständigen Angeboten an alle Mitarbeiter gehören seit zehn Jahren auch Pausen mit Eurythmie-Übungen (einer Bewegungskunst nach Sprache oder Musik), die das Gruppengefühl und das positive Empfinden für das Ganze fördern. Ebenso beleben Kunstausstellungen das Firmengelände. „Diese Investition in die Arbeitsgemeinschaft Barthels-Feldhoff sind für das Unternehmen genauso wichtig, wie Investitionen in neue Maschinen“, meint Erich Colsman.
Die Kunst in der Ausbildung
In logischer Konsequenz wurden Projektarbeit und künstlerischer Unterricht auch in die Ausbildung der Jugendlichen einbezogen. Für die Auszubildenden bei Barthels-Feldhoff, die grundsätzlich alle Betriebsbereiche kennen lernen, ist es nicht ungewöhnlich, an einem Nachmittag in der Woche die Fachbücher gegen Ton, Papier und Farbei einzutauschen. Gruppen in denen Jugendliche aus allen Schulformen gemeinsam mit Behinderten selbständig einen Ausstellungsstand für das Berufsinformationszentrum bauen oder eine Fahrt der gesamten Belegschaft nach Erfurt organisieren, gehören ebenfalls zur Ausbildung. „Verantwortungsbewusstsein und Kreativität lernt man nicht im Klassenzimmer“. erklärt Ludger Kemper, der im Unternehmen für alle Ausbildungsfragen hauptsächlich zuständig ist. Den 4.000 Euro-Vertrag mit dem Busunternehmen unterschreibt dann auch der Azubi, der diese Aufgabe in der Gruppe übernommen hat. So versteht man bei Barthels-Feldhoff die Jugendbildung in „Realsituationen“. Und selbst die Jahresabschlussfahrt, ein Segeltörn auf einem holländischen Plattboot, ist für den Nachwuchs nicht nur ein außergewöhnliches Erlebnis. „So ein Boot kann man nur zu mehreren steuern.“ Erklärt Ludger Kemper.
Die Treppe wird von oben gefegt
Der umfassende Anspruch und die gezielte Förderung der Mitarbeiter haben sich auch außerhalb des Unternehmens herumgesprochen. Das große Problem anderer Firmen, die Lehrstellen zu besetzten, kennt man bei Barthels-Feldhoff nicht.
Auch das ist sicherlich ein Erfolg der Unternehmensstrategie – neben der spürbaren Wirkung auf Kunden und die langjährigen Mitarbeiter. Doch ohne die Bereitschaft der Unternehmensleitung, bei sich selber anzufangen, wäre die Entwicklung nicht möglich gewesen. „Den Strukturen, die man neu einführen will, muss sich zuerst die Leistung selbst unterwerfen“, sagt Erich Colsman. Daher war auch die „Leiterrunde“ die erste, sie sich unter künstlerischer Anleitung eine dreiviertel Stunde lang kreativ mit Tonklumpen beschäftigte. Alles nach dem Grundsatz: „Die Treppe wird von oben gefegt.“