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Archiv für den Tag: 7. Februar 2010

Ernst-Gerd Jentgens

Er mischte weltliche und religiöse Kunst

(kgc). Ernst-Gerd Jentgens wohnte in der Wichlinghauser Schimmelsburg, doch sein Atelier befand sich in der Normannenstraße. Auch sonst hatte der 1931 in Düsseldorf Geborene und 2002 Gestorbene in Oberbarmen starke Wurzeln. Als einer von vier Geschwistern besuchte er den Kindergarten in der Normannenstraße, wo die Großeltern einige Häuser besaßen. Als Jentgens 1937 den roten Ziegelbau in der Wichlinghauser Straße besuchte, war es noch eine katholische Volksschule, aus der bald eine Gemeinschaftsschule wurde. Stark sind die Erinnerungen an die Zeit des Dritten Reiches und besonders an den der „Kristallnacht“ folgenden Tag, den der junge Jentgens in der „Bannmeile der Schule“ erlebte. Das Leid der Menschen hat ihn auch nie mehr losgelassen, sondern ist bis heute Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit geblieben. Doch zunächst besuchte er das Carl-Duisberg-Gymnasium. Eine Ausbildung als Goldschmied und das Abitur am Abendgymnasium folgte. Jentgens studierte Pädagogik, Soziologie und Kunstgeschichte an der Uni Köln, abgeschlossen hat er mit einer soziologischen Betrachtung Max Beckmanns und seines Werkes. Im Schuldienst wirkte er ab 1959 20 Jahre in der Kunsterzie¬hung. Einen Lehrauftrag hatte Jentgens von 1973 bis 1979 an der Pädagogischen Hochschule Ruhr. Aus gesundheitlichen Gründen stieg er aus und widmete sich der freien künstlerischen Tätigkeit in den Bereichen Malerei, Graphik und Bildhauerei.

Ausstellungen lassen sich wie Perlen an einer Kette aufreihen, doch die Menge war ihm dabei ebenso zweitrangig, wie der Verkauf seiner Werke; in einem gewissen Rahmen, versteht sich, denn schließlich lebte Jentgens von und mit der Kunst. Wenn er darüber sprach, dass er „Distanzen überwinden, Himmel und Erde zusammenholen möchte“, dann beschrieb „EGJ“, so sein Markenzeichen, künstlerische Ziele, geriet aber unversehens in den Bereich des christlichen Glaubens, der ihn Zeit seines Lebens geprägt hat. Er war Meßdiener in St. Johann Baptist und hat auch sonst mitgearbeitet. Trotz enger Beziehungen bekleidete Jentgens nie mehr ein Ehrenamt in seiner Gemeinde. Er gestand auch seine kritische Haltung zu vielem, was in der katholischen Kirche passierte und dass die Demokratie dort draußen geblieben ist. Geradezu natürlich hatte er zur künstlerischen Gestaltung der katholischen Kirche Oberbarmen ein gespaltenes Verhältnis und begründet die Kritik theologisch. Einst hatten ihn Jugendliche gebeten, Zeichnungen zum gemeindeeigenen Liederbuch beizusteuern. Der Kreuzweg dokumentierte Jentgens eigenständige Kunstarbeit, die doch mehr als bei anderen Künstlern der Erläuterung und des Hintergrundwissens bedarf. In ihm steckte der Wunsch, Glaubensnachrichten zu verbreiten und die Botschaft zu verkünden: „Das ist das Leiden Christi ebenso, wie das Leiden der Juden, junger Deserteure 1945 in der Sagan-Kaserne, jugoslawischer Völker unserer Tage und der Tschernobylopfer.“
„Menschenbilder“, so läßt sich mit einem Wort das Schaffensergebnis von Ernst-Gerd Jentgens überschreiben. Dauerhaft zu sehen sind von ihm, in der Borkumer Inselkirche eine Altarausstattung in Kupfer, in der katholischen Kirche St. Marien, Barmen, ein Antependium mit zwei Teilen, in der evangelischen Erlöserkirche an der Stahlstraße das Altarkreuz, im Eingangsbereich der katholischen Hauptschule Carnaper Straße des an Bernhard Letterhaus erinnernde Bronzerelief, vor der evangelischen Kirche Gemarke die Figur des „Frierenden“ und vor der katholischen Kirche St. Antonius am Stein¬weg die Figur des „Wartenden“. Für diese Gemeinde hat Jentgens einen Kreuzweg geschaffen, doch der ausgeschriebene Wettbewerb wurde durch eine frei Auftragsvergabe annulliert.
Ernst-Gerd Jentgens schien nicht in Künstlercliquen eingebunden zu sein (obwohl er 20 Jahre in Vorständen von BBK, Gewerkschaft Kunst und Bergische Kunstgenossenschaft seine Solidarität bewiesen hat) – vielleicht weil er nicht „mitschwamm“ und sich von seinen Überzeugungen leiten ließ. Dabei wußte er seine Ansichten mitreißend darzustellen und durfte sich als kritischer, aber engagierter Zeitgenosse loben lassen. Er hat an der Westkotter Straße einen Beitrag zur Denkmalpflege geleistet, als er abbruchreife Häuser erwarb und instandsetzen ließ, und er wollte damals die Adler-Brauerei retten. In beiden Projekten dokumentierten sich Erfolg und Niederlage.

Am 17. November 2002 fand das Leben von ernst Gerd Jentgens ein jähes Ende.
07.10.1996

Ernst Wahl

(hjb/kgc). Einige Bürger der Barmer Südstadt haben am 8. Mai 1904 den Heidter Bezirks- und Bürgerverein gegründet. Unter ihnen war Salomon Ernst Wahl. Der Anlass waren schlechte Erfahrungen mit städtischen Be-hörden. Als bis heute gültiges Ziel formulierten die Initiatoren: „Die allgemeinen Interessen des Bezirkes (heute: Quartier) Heidt (…) zu vertreten. Der Verein will Mittler sein, zwischen der Bevölkerung seines Bezirks und den amtlichen Stellen. Ferner sollen durch ihn die Liebe zu Heimat und Natur und der Gemeinschaftssinn gepflegt werden. Der Verein steht auf überkonfessioneller und überparteilicher Grundlage.“ Der Bezirksverein hatte bald eine stattliche Mitgliederzahl. Die vom HBV vor 1914 behandelten Aufgaben waren beispielsweise Verhandlun-gen mit der Barmer Stadtverwaltung betreffend den Ausbau der Clefer Straße (heute: Am Clef), die Anlage von Haltepunkten der Straßenbahnen, die Beleuchtung von öffentlichen Straßen und Plätzen. Gründungsanlass, Ziele und konkrete Aufgaben der ersten Jahre kommen uns über 100 Jahre später sehr bekannt vor. Es sind in ihrem Kern immer aktuell bleibende Themen eines Bürgervereins, einer „permanenten Bürgerinitiative“.

Treibende Kraft war bei der Gründung Salomon Ernst Wahl, der zum ersten Vorsitzenden gewählt wurde. Ge-boren am 27. Juni 1873 in Barmen, führte er in der dritten Generation das große Barmer Textilkaufhaus S. (Saul) & R. (Raphael) Wahl. Seine Biografie spiegelt exemplarisch das Schicksal vieler jüdischer Deutscher wider. Wie sein Vater, der Kommerzienrat Hermann Wahl, einer der Gründungsväter der Barmer Bergbahn, war er Vertreter des liberalen, völlig assimilierten deutschen Judentums. Ein jüdischer Deutscher, wie andere evan-gelische oder katholische Deutsche waren. Die Wahls, die 1923 das Ibach’sche Haus an der Richard-Wagner- (heute: Josef-Haydn-) Straße 21 an den Barmer Anlagen erworben hatten, gehörten zum klassischen Großbür-gerturm jener Zeit, zu den wohlhabendsten Bürgern Barmens, haben aber ihr Ansehen überschätzt. Gern hät-ten sie am Toelleturm neu gebaut und weniger als die 27 Räume gehabt, aber eine staatlich verordnete Bau-sperre ließ dies nicht zu. Da sie in den Augen der christlich geprägten Gesellschaft „Juden“ waren und blieben, hatten Ernst und Bertha Wahl nur wenige gesellschaftliche Kontakte zu nichtjüdischen Familien. Der Barmer Tennisclub war ausschließlich nichtjüdischen Mitgliedern vorbehalten. Selbst Ernst Wahls Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer seit 1916 und des Barmer Verschönerungsvereins von 1895 bis 1933, zeitweise sogar Vorstand, reichten als „Eintrittskarte“ in den Tennisclub am Toelleturm nicht aus.

Nach Vater Hermanns Vorbild war auch Ernst Wahl stark ehrenamtlich tätig. Neben der Arbeit im Heidter Be-zirksverein war er bis zu seinem von den Nationalsozialisten erzwungenen Ausscheiden in Vorständen etlicher Vereine engagiert, so auch im Barmer Verschönerungsverein, der zu seinen Ehren einen Weg im Barmer Wald nach Ernst Wahl benannt hat. In einem Brief an seinen Sohn Karl-Hermann vom 28. Mai 1933 schrieb er: „Aus den Vorständen aller oder fast aller Vereine und Verbände bin ich ausgeschieden, teils freiwillig „rechtzeitig“, wie gestern aus dem Verschönerungsverein, teil unfreiwillig. Und so scheidet man aus vielem, woran man Jahr-zehnte gehangen und was einem lieb war.“ Das im Werth befindliche traditionsreiche Textilkaufhaus S. & R. Wahl wurde nach einem Totalausverkauf im Mai 1934 liquidiert. Judenboykott, Wirtschaftskrise, Verlagerung des Einzelhandels nach Elberfeld und zuviel Fremdkapital verfehlten ihre Wirkung im Sinne der Nazis nicht.

Weil Ernst Wahl nicht emigrieren konnte, wurde er am 22. Juli 1942 zusammen mit seiner Frau Bertha vom Bahnhof Steinbeck ins Konzentrationslager („Altersghetto“) Theresienstadt bei Prag deportiert, wo er am 12. März 1944 71-jährig „umkam“. Ein Opfer der dort absichtlich herbei geführten Zustände aus Hunger, Kälte und Fehlen von Medikamenten. Seine Frau wurde am 19. oder 23. Oktober 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau transportiert und dort vermutlich vergast. Hermann Josef Brester: „Die Behandlung und Ermordung Bertha und Ernst Wahls, dieses um seine Vaterstadt so hochverdienten Barmer Bürgers, zeigen an einem kon-kreten Beispiel sehr deutlich die barbarischen Folgen auf, welche eintreten, wenn eine so absurde Idee, wie der biologische Rassismus der Nationalsozialisten, zur Macht gelangt.“

Lesetipps:
„Barmer Südstadt“, Bergbahn, Toelleturm und Heidt, Hans Joachim de Bruyn-Ouboter (Hg.), Verlag Müller + Busmann, Wuppertal 1996.
„Die Wahls in Barmen“, ein jüdisches Familienschicksal in Briefen, Ulrich Föhse, in: Klaus Goebel (Hg.): Unter Hakenkreuz und Bombenhagel, Wuppertal 1989.
„Der Heidt, seine Geschichte und seine Entwicklung“, Vortrag, gehalten von Paul Herzog im Mai 1911, Nach-druck Barmen 1979.

20.02.2008

Ernst Vesper

(kgc). Es gibt (einst und/oder heute) erfolgreiche Wuppertaler Unternehmen, deren Namen einen direkten Schluß auf ihren Gründer zulassen: Friedrich Bayer, Franz Wicküler, Carl Reinshagen (Dephi-Draka), Otto Louis, Walter und Prof. Dr. Kurt Herberts, Carl, August und Wilhelm Vorwerk (V. & Sohn), Wilhelm Jackstädt, Wilhelm Quante, Ludwig und Otto Happich, Reinhart Schmidt, Julius und August Erbslöh. Andere Unternehmensführer haben zwar auch wichtige stadtgeschichtliche Spuren hinterlassen, ohne dass ihr Betrieb dies im Namen dokumentiert: Carl Duisberg, Friedrich Weskott (beide Bayer), August und Jörg Mittelsten Scheid (Vorwerk & Co.), Ernst Hellmuth Vits, Dr. Ludwig Vaubel (Enka Glanzstoff) und Günther Knorr (Stadtsparkasse), um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Ein weiterer, weitgehend unbekannter Name ist der vor 50 Jahren gestorbene Ernst Vesper, der in Barmen 1904 eine „Krankenkasse für Angestellte“ gegründet hat, aus der sich in 95 Jahren die mit über neun Millionen Mitgliedern und rund 20.000 Mitarbeitern größte gesetzliche Krankenkasse entwickelt hat. Auch am Ort ihrer Hauptverwaltung zählt die BEK zu den größten Arbeitgebern.

Ernst Vesper wurde am 15. Januar 1879 in Barmen geboren. Vater Carl Vesper junior zeigte am 17. Januar beim Standesamt Barmen die Geburt von Sohn Ernst im Arbeiterhaushalt an der Gasstraße, die seit 1935 Wartburgstraße heißt, an. Damals ahnte niemand, daß einmal zahlreiche Papiere und Dokumente seinen Namen tragen sollten oder durch ihn sein Gepräge erhalten würden. Die wirtschaftliche Lage der arbeitenden Bevölkerung in der permanent wachsenden und enger werdenden Industriestadt war seinerzeit alles andere als rosig. Vielleicht die richtige Basis für eine Entwicklung zum Pionier der sozialen Sicherheit. Am Anfang stand eine kaufmännische Ausbildung, nach der er schon mit 24 Jahren eine wichtige Rolle im Verein und kommenden Unternehmen übernahm, dem er zuletzt als Ehrenmitglied angehörte. Gestorben ist Ernst Vesper übrigens 70jährig am 24. März 1949 in Elberfeld.
Die Wuppertaler Wurzeln der Barmer Ersatzkasse sind im „Kaufmännischen Verein von 1867“ zu finden, aus dem am 1. Januar 1904 die „Krankenkasse für Handelsangestellte in Barmen“ gegründet wurde. Als „Tatort“ ist das Hotel Schützenhaus am Alten Markt dokumentiert. Initiator (gemeinsam mit Rudolf Küpper, den er schon während der Lehre kennengelernt hatte) und erster Vorsitzender war Ernst Vesper, der mit einem bestimmten Personenkreis, Angestellte, vorerst räumlich auf Barmen und das Amt Langerfeld beschränkt, und 1.660 Mitgliedern startete. Erstes Domizil war ein Gebäude in der Lindenstraße 6. Hintergründe waren soziale Sicherung, Ablehnung staatlichen Zwangs, Befreiung von der gesetzlichen AOK-Pflichtmitgliedschaft und eigenverantwortliches Gestalten des eigenen Schicksals. „Selbsthilfe, Selbstverantwortung, Selbstverwaltung“, so formulierte Vesper seine Devise. Er ist als markante Persönlichkeit mit den Talenten Arbeitseifer, Optimismus, Ausdauer, Sparsamkeit, Organisationsgeschick und Weisungsfähigkeit in die Geschichte eingegangen. Umsichtig leitete er die Kasse bis 1925 (Zwischenstand: 286.441 Mitglieder) und auch die privaten „Barmenia“ Versicherungen entsprangen seiner Idee. Mit der frühzeitig begonnen Verbandsarbeit sorgte der Unterbarmer und Barmer Stadtverordnete Ernst Vesper, für eine weitere Absicherung der berufsständischen sozialen Krankenversicherung.
Vereine und Hilfskassen sind im 19. Jahrhundert im gewerbereichen Tal gegründet worden, um in Not geratenen Menschen zu helfen. Ohne Unterstützungseinrichtungen bedrohten Arbeitslosigkeit, Krankheit und Tod die ganze Familie. Deshalb wurde der „Unterstützungsverein der Handlungsgehülfen in Barmen“ ins Leben gerufen. Einem Reichsgesetz aus 1904 folgend entwickelte sich daraus die BEK, wie die Kasse kurz und bündig genannt wird. Dem Zusammenschluß mit vielen kleinen Kassen und der 1884 gegründeten Görlitzer Kasse („Mutterkasse“, Basis für Jubiläumsdaten) folgte 1914 die amtliche Zulassung als „Ersatzkasse“. Der Erste Weltkrieg ließ die Mitgliederzahl von 20.000 (1914) auf 8.900 (1918) sinken. Die Entwicklung wurde stets von einem Kampf um den Bestand begleitet, weil Berufskassen den Ortskrankenkassen immer ein Dorn im Auge waren. Beim ständigen Wettstreit übernahm die BEK 1931 den Titel der größten deutschen Krankenkasse. Ihre Hauptverwaltung hatte sie seit den zwanziger Jahren in der Carnaper Straße. Auf „Druck der Notwendigkeiten“ wurde 1932 die Umsiedlung nach Berlin notwendig. Als mutige Entscheidung galt der Bau einer eigenen Kureinrichtung in Bad Hermannsborn bei Bad Driburg. 1940 gehörten im Reich eine Million Menschen zur Barmer, die während der NS-Zeit zur Körperschaft des öffentlichen Rechts geworden war. Ausgegrenzte Mitglieder wurden im privaten Barmer/Berliner Verein aufgenommen. Die Neuzeit nach dem Zweiten Weltkrieg, mit Verlust der Ostgebiete und Sitz in Berlin, begann für die Selbstverwaltung 1953. Aus den ersten Sozialwahlen ging die Vertreterversammlung hervor, die, stets durch Wahlen geprüft, die Geschicke der Barmer bis heute bestimmt. Wurden 1950 knapp 900.000 Mitglieder betreut, konnte 1970 die 3-Millionen-Grenze überschritten werden. Nach der Wiedervereinigung betreuten 1994 rund 20.000 Mitarbeiter(innen) in etwa 1.500 Geschäftsstellen über neun Millionen Versicherte. Der von Ernst Vesper beschworene BEK-Geist („Angestellte für Angestellte“, „Betreuen, nicht verwalten“) und die Erhaltung der Maxime „dem Mitglied nahe sein“, ist bis in die heutige Zeit aktuell und Arbeitsgrundlage geblieben. Ernst Vespers Ideen leben über seinen Tod hinaus weiter. In seine Fußstapfen ist auch Sohn Ernst-Albert getreten, der nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Barmer Ersatzkasse und beim Verband der Angestellten-Krankenkassen eine nicht alltägliche Karriere machte.
Porträtiert, und als Self-made-man mit ganz typischen bergischen Akzenten beschrieben, wird Ernst Vesper in der 16. Folge der „Wuppertaler Biographien“ von Klaus H. Richter, die vom Bergischen Geschichtsverein, Abteilung Wuppertal, herausgegeben werden und im Born-Verlag erscheinen.

30.04.1999

Ernst Höllerhagen

(rw). Ein fast vergessenes Kapitel deutscher Jazz-Geschichte ist das Leben Ernst Höllerhagens, der 1912 in Barmen geboren wurde. Als Saxophonist und Klarinettist begann er seine Karriere als 18-Jähriger in Berlin, bei den Orchestern von Teddy Stauffer und Kurt Hohenberger. Als der Jazz von den Nazis zur entarteten Musik erklärt wurde, ging Höllerhagen in die Schweiz. Dort traf er Hazy Osterwald, dessen Showband er bis zu seinem selbstgewählten Tod angehörte. Bei einem Konzert in Schweden war selbst Benny Goodman von seinem virtuosen Spiel beeindruckt. 1949 spielte Ernst Höllerhagen mit Hazy Osterwald auf dem Jazz-Festival in Paris, wo sie mit Charlie Parker zusammentrafen. Der von Kritikern als “europäischer Benny Goodman” apostrophierte Höllerhagen machte u.a. Aufnahmen mit dem großen amerikanischen Saxofonisten Coleman Hawkins.

Auszug aus dem 328 Seiten starken Buch zur Wuppertaler Jazzgeschichte „Sounds like Whoopataal – Wuppertal in der Welt des Jazz“ (Klartextverlag Essen), dessen Mitherausgeber Rainer Widmann ist.

Ernst Günter Plutte

Emmy Albus

Aus dem Buch „Wuppertals Olympiageschichte“ (1996, Verlag J.H. Born GmbH) mit freundlicher Genehmigung von Herausgeber und Autor Peter Keller

Die Rekordliste der Deutschen Frauenleichtathletik führte zwei Höchstleistungen für Nationalstaffeln in den 1930er Jahren. Beide Leistungen waren zugleich Weltrekorde, und in beiden stand der Name Emmy Albus. Den Anteil, den sie an diesen Glanzleistungen hatte, kann man nicht nach Sekunden oder Zehntelsekun-den angeben. Das er beträchtlich war, weiß jeder, der 1936 im Berliner Olympiastation saß und in Vor- und Endlauf dem prächtigen Rennen von Emmy Albus, an erster Stelle der deutschen Staffel, folgte. Zwischen den Frauenweltspielen 1934 in London, bei denen in 9 von 12 Wettbewerben deutsche Damen siegreich waren und dem Schlusstag von Berlin 1936 lagen die Weltrekorde der deutschen 4 x 100 m Staffel, die fast am laufenden Band aufgestellt und verbessert wurden.

Immer war Emmy Albus, ein Gewächs des Barmer Turnvereins, dabei, immer stand sie am Start. So war es auch 1936 beim großen Olympischen Endlauf im Berliner Olympiastadion. Im Vorlauf liefen die vier Damen mit Emmy Albus an der Spitze erneut Weltrekord., der ihre damalige Vormachtstellung dokumentierte. Die Goldmedaille über 4 x 100 m schien so gut wie sicher. Im Endlauf verschlug es den über 100.000 Besuche-rinnen und Besuchern den Atem.

Emmy Albus rannte als Startläuferin wie gewohnt durch die Kurve und gewann an Boden. Der Wechsel zu Käte Krauß klappte vorzüglich. Auf der Geraden ließ Käte Krauß die Gegnerinnen weit hinter sich. Wieder ein großartiger Wechsel, und Marie Dollinger lief in der zweiten Kurve das Rennen ihres Lebens. Sie wusste, dass Ilse Dörffeldt als Schlussläuferin gegen die 100 m Olympiasiegerin Helen Stephens (USA) viele Meter Vorsprung haben musste und handelte danach. Als sie den Stab weitergeben wollte, war der Vorsprung auf 10 Meter angewachsen. Ein sensationeller Lauf! Doch während das Stadion raste, war das Unglück schon geschehen. Ilse Dörffeldt hatte sich bei der Stabübernahme überhastet, hielt den Stab nicht fest genug, und ehe sie überhaupt richtig zu laufen begonnen hatte, kullerte der Staffelstab schon über die Aschenbahn. Die Deutsche stoppte ab und schlug weinend die Hände über den Kopf zusammen. Ein Sieg verschenkt. Ein neuer Weltrekord verhindert. Aufgrund des Stabverlustes wurde die deutsche Staffel dis-qualifiziert. Die USA gewann in 46,9 Sek. die Goldmedaille, vor Großbritannien und Kanada. Einige Wo-chen später kam es im Wuppertaler Stadion am Zoo zur Olympia-Revanche. Deutschland legte bei den Wechsel Wert auf Sicherheit und gewann knapper, als es in Berlin der Fall gewesen wäre.

Bei den Olympischen Spielen 1936 im Einzellauf über 100 Meter der Damen erreichte Emmy Albus den 6. Platz. Neben ihrer Olympiateilnahme und ihren Staffel-Weltrekorden lief sie 1938 einen Weltrekord über 4 x 200 m in 1:45,0 Min.. 1938 wurde sie Europameisterin in der 4 x 100 m Staffel in 46, 8 Sek. Emmy Albus hatte mit ihrer Olympiateilnahme und ihren Weltrekorden eine erfolgreiche Epoche der Leichtathletik des Barmer TV 1846 und damit der ganzen Wuppertaler Leichtathletik gekrönt. Sie half nach dem Zweiten Weltkrieg mit, eine neue erfolgreiche Epoche einzuleiten. Sie war dabei, als der SSV Wuppertal 1948 die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft der Frauenleichtathletik gewann und ein Jahr später den Titel vertei-digte.

Über ihren Weg zum Sport erzählte Emmy Albus Mitte der 1930er Jahre: „Ich war als kleines Mädchen immer die schnellste meines Alters. Das Laufen bereitete mir großes Vergnügen. Außerdem gewährte mir dies in den späteren Schuljahren auch einige sehr reale Vorteile, denn wenn ich fünf Minuten zu lange im Bett gelegen hatte und mir das Verhängnis eines Tadels drohte, gelang es mir, die versäumte Zeit durch einige schnelle Spurts wieder aufzuholen. Wer damals einem Verein beitreten wollte, um Leibesübungen zu betreiben, musste sich einem Turnverein anschließen. Es gab nichts anderes. Außerdem war mein Va-ter ein begeisterter Geräteturner und fand es richtig, dass seine Tochter in seine Fußstapfen zu treten schien. Dies tat ich jedoch ohne größere Anteilnahme. Als 12-jährige lief Emmy Albus 1923 im Rahmen der Reichsjugendwettkämpfe innerhalb eines Dreikampfes die 75 m in 10 Sekunden. Die Frauenleichtathletik steckte damals in den Kinderschuhen. Erst 1928 entdeckte ich sie und sie mich.“

1928 war das Jahr der Olympischen Spiele in Amsterdam. Mit der Jugend des Barmer Turnvereins fuhr Emmy Albus als Augenzeugin in die Niederlande. Dort hörte sie erstmals den Namen Marie Dollinger und ahnte nicht, dass sie einmal in der gleichen Staffel laufen würden. Die Leichtathletik hatte sie nun gefangen. Sie ließ sich für den 100 m Lauf melden. Den ersten Lauf ihres Lebens absolvierte sie in 12,2 Sekunden. Mit der gleichen Zeit stellte die Olympiasiegerin von 1936 Betty Robinson einen neuen Weltrekord auf.

Emmy Albus wurde am 13. Dezember 1911 geboren. Insgesamt hat sie von 1934 bis 1939 an fünf Leicht-athletikländerkämpfen teilgenommen. Bis 1936 startete sie für den Barmer Turnverein 1846, danach für den SC Charlottenburg Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat sie für den SSV Wuppertal an, der 1954 in den Wuppertaler SV fusionierte. Emmy Albus-Liersch, wie sie nach ihrer Hochzeit hieß, hat bis weit in die 1980er Jahre hinein regelmäßig an Treffen ehemaliger Leichtathletinnen in Wuppertal teilgenommen. Mit dabei waren auch Grete Busch und Elisabeth Molineus. Nachdem sie ihre letzten Lebensjahre in einem Altenheim in Berlin-Charlottenburg verbracht hatte, verstarb sie am 20. September 1995 nach langer schwerer Krankheit im Altern von fast 84 Jahren.

Emil Rittershaus

Ein Mann mit vielen guten Eigenschaften

(kgc). Im Herzen Barmens ist eine Straße nach ihm benannt und in den Barmer Anlagen steht unweit der Unteren/Oberen Lichtenplatzer Straße sein Abbild in Bronze. Die Rede ist von Emil Rittershaus, der am 8. März 1897 gestorben ist. Schon kurz nach seinem Tode wurde die Beckmannshofstraße, wo er Zuhause gewesen war, nach ihm benannt. Damals waren sich die Menschen nicht einig, ob der Verlust des Kaufmanns, Bürgers, Künstlers, Dichters, Poeten, Freimaurers, Christen oder Menschenfreundes größer war.
Emil Rittershaus wurde am 3. April 1834 in der Kuhler Rotte 640 zu Barmen geboren. Im ausgehenden 19. Jahrhundert feierten die Menschen ihn als großen Redner, ohne den kaum ein nationaler Gedenktag gefeiert wurde. Seine Gedichte, die zum Teil vertont wurden, fanden über die Grenzen Deutschlands hinweg Freunde und Verbreitung. Er galt als beliebter Vertreter einer realitätsfernen „Feiertagspoesie“ und schrieb gesellschaftskritische Gedichte, vor allem in den Revolutionsjahren 1848/49: „Der Kaiser braucht Kanonenfutter“. Von Emil Rittershaus stammt das Westfalenlied („Ihr mögt den Rhein, den stolzen, preisen …)! In der „Barmer Zeitung stand am 9. März 1897 zu seinem Tode: „Die Kunde vom Hinscheiden hat in ganz Deutschland schmerzliche Teilnahme geweckt. Die gesammte Presse ohne Unterschied der Parteistellung wirdmet dem heimgegangenen Dichter warme Worte des Nachrufes, in welchen sie ebenso sein reiches dichterisches Talent, das seinen Namen für die deutsche Literatur unsterblich gemacht habe, wie seinen von so viel Liebswürdigkeit und Humanität durchdrungenen menschlichen Charakter würdigt.“
In den Anlagen des Barmer Verschönerungsvereins, den Hut in der Hand, den Kragenmantel lose umgehängt, die Rechte auf den Stab gestützt, scheint Emil Rittershaus, so wie früher im Leben, aus dem Walde herauszutreten und voll Freundlichkeit und Güte auf uns zu blicken – dieser alte Bericht der Stadt Barmen scheint damals wie heute aktuell. In seinem Schatten fühlen sich sogar Liebespaare unbeobachtet. Geschaffen wurde das Standbild vom Berliner Prof. Friedrich Schaper, einem Schwiegersohn des Geehrten. Aus der Hauptstadt kamen Figur (Gießerei Martin & Piltzing) und schwedischer Granit (Kessel & Röhl) nach Barmen, wo am 20. Juni 1900 in Anwesenheit einer großen Menschenmenge die feierliche Einweihung stattfand. Festredner Prof. Dr. Hoerter: „Aus Rittershaus Gedichten und Liedern hat immer wieder der feine Beobachter der Natur, der liebevolle Hausvater, dem das Glück der Seinen am Herzen lag, aber auch der frohe Zecher im Kreis der Freunde gesprochen. Ein Mann des Volkes und stets bereiter Helfer!“ Eine feine Dokumentation zum Rittershaus-Denkmal liefert Ruth Meyer-Kahrweg in ihrem 1991 im Born-Verlag erschienenen Buch über „Denkmäler, Brunnen und Plastiken in Wuppertal“. So wissen wir von Baukosten von 30.132,94 Mark. Einen stattlichen Betrag steuerten die Freimaurer bei, deren Loge „Lessing“ Rittershaus als Ehrenmeister und Meister vom Stuhl angehört hatte. Außerdem gelang die Gründung einer Emil-Rittershaus-Stiftung. Die Zinsen aus dem 15.000 Mark-Vermögen sollten „zur Frühstücksspeisung bedürftiger Kinder hiesiger Volksschulen sowie für ähnliche Zwecke der Kinderfürsorge verwandt werden,“ bis zur Inflationszeit in den 1920er Jahren übrigens. 1934 versammelte sich der Familienverband der Rittershaus zum 100. Geburtstag des Dichters am Denkmal. Am 15. Dezember 1935 wurde in der damaligen Ruhmeshalle, dem heutigen Haus der Jugend, ein Rittershaus-Gedächtniszimmer eingeweiht, das den gesamten Nachlaß beherbergte, der vorher im Barmer Rathaus untergebracht war. Beim alliierten Bombenangriff in der Nacht vom 29. zum 30. Mai 1943 gingen alle Handschriften, Briefe und Bilder verloren. Durch das Verstecken des Bronze-Standbildes auf einem städtischen Bauhof entging es dem Einschmelzen für kriegerische Zwecke. Zum 50. Todestag am 8. März 1947 konnte Rittershaus wieder auf seinen Sockel neben dem zerstörten Planetarium zurückkehren. Im April 1960 wurde das Denkmal einige Meter bergauf gegen den Hang versetzt. Rittershaus 150. Geburtstag war Anlaß einer gemeinsamen Gedenkfeier der Gesellschaft Concordia, der Johannisloge „Hermann zum Lande der Berge“ und des Bergischen Geschichtsvereins. An jenem Tag kehrte auf die von den Nationalsozialisten entfernte Gedenktafel der Freimaurer an den Sockel zurück.

Serie „Wuppertaler Bürgerdenkmäler“ in „Bergische Blätter“
Das Emil-Rittershaus-Denkmal (1900)

Die Einweihung
Am 20. Juni 1900 wurde in den Barmer Anlagen das Bronzestandbild des Heimatdichters Emil Rittershaus enthüllt. Trotz der Beeinträchtigung durch den berühmten Wuppertaler Regen hatten sich zu diesem Anlass zahlreiche Zuschauer und geladene Gäste eingefunden, darunter Regierungspräsident von Holleuser, Oberbürgermeister Dr. Lentze, Vertreter des städtischen Verwaltung, Stadtverordnete, eine Abordnung der Freimaurerlogen Deutschlands, sowie Vertreter verschiedener Vereine, in denen Rittershaus gewirkt hat. Nach einem Musikstück und dem von drei Männergesangvereinen vorgetragenen Mendelssohnschen Chor „Festgesang an die Künstler“ hielt Professor Dr. Hörter die Festrede.
Anschließend dankte Hermann Frese im Namen des Denkmalkomitees dem Künstler Professor Fritz Schaper, allen Spendern und dem Barmer Verschönerungsverein für die Überlassung des Platzes. Oberbürgermeister Dr. August Lentze übernahm das Denkmal darauf hin in das Eigentum und in die Obhut der Stadt Barmen: „Man sollte es eigentlich nicht glauben, dass dieses gewerbthätige Barmen, in dem fast 2.000 Fabrikschornsteine gen Himmel ragen, und die überwiegende Mehrzahl aller Einwohner von früh bis spät rastlos an der Erzeugung und dem Umsatz gewerblicher Güter arbeitet, ganz besonders stolz auf dasjenige seiner Kinder ist, dessen Bedeutung fern ab von dem gewerblichen Leben lag und welches sich nicht als praktischer Geschäftsmann, sondern als idealer Poet hervorgethan hat.“ Mit einem weiteren Gesangs- und Musikstück wurde die Feier geschlossen.
Der Dichter
Emil Rittershaus (geboren 1834 und gestorben 1897 in Barmen) war ein im 19. Jahrhundert über die Grenzen Wuppertals bekannter Schriftsteller. Er war befreundet mit dem Freiheitsdichter Ferdinand Freiligrath, der ebenfalls in Barmen wohnte und von 1837 bis 1839 bei der Firma Friedrich von Eynern & Söhne arbeitete. Zur Zeit der Bürgerlichen Revolution 1848 schrieb Rittershaus gesellschafts-kritische Gedichte („Der Kaiser braucht Kanonenfutter“. Zusammen mit Carl Siebel, der wiederum ein Freund Friedrich Engels‘ war, gründete er Anfang der 1850er Jahre den „Wupperbund“. Später verfasste er vorrangig deutschnationale und heimatverbundene Gedichte und Lieder (z.B. „Ein deutsches Herz“, „Westfalenlied“), sowie Genre-, Familien- und Liebespoesie, die von der Ablehnung der Alltagsrealität und dem Rückzug ins Private geprägt ist.
Das Denkmal
Schon vier Wochen nach Rittershaus‘ Tod bildete sich – vermutlich auf Initiative der Freimaurerloge „Hermann zum Lande der Berge“ – ein Denkmalskomitee, dass in einer öffentlichen Sammel- und Spendenaktion, an der sich auch zahlreiche Schulen und Vereine beteiligten, 38.000 Mark aufbrachten. Der über das Künstlerhonorar von 25.000 Mark hinaus gehende Betrag wurde zur Gründung einer Emil-Ritttershaus-Stiftung zum Zwecke der Schulspeisung von bedürftigen Volksschülern verwendet.
Mit der Ausführung des Denkmals wurde der Berliner Bildhauer und Schwiegersohn von Emil Rittershaus, Professor Fritz Schaper, beauftragt. Er schuf eine Vielzahl von Bürgerstandsbilderrn im gesamten damaligen Deutschen Reich, so u.a. für Goethe (Berlin), Gauß (Braunschweig), Lessing (Hamburg), Krupp (Essen und Liebig (Gießen).
Das Rittershaus-Denkmal besteht aus der überlebensgroßen Bronzefigur des Dichters auf einem ca. 1,5 Meter hohen Sockel aus Marmor. Er stützt seine rechte Hand locker auf einen Wanderstab und hält in der linken einen Hut. Unter dem weit geöffneten Havelock, einem ärmellosen Mantel mit Umhang, kommt sein nicht unbeträchtlicher Bauchumfang zum Vorschein. Am Sockel sind beziehungsweise waren folgende Inschriften angebracht. „Emil Rittershaus 1834-1897 Dem Dichter und Menschenfreunde errichtet im Jahre 1900“
An der rechten Seite befand sich ein eingemeißelter Lorbeerkranz mit Schleife, und links das Freimaureremblem mit sich überkreuzendem Zirkel und Winkel. Das Denkmal ruhte auf einem mehrstufigen Unterbau und war von einem bepflanzten Rondell und einer Wegeanlage umgeben.
Die Nationalsozialisten schätzen zwar den national gesinnten Dichter – ließen aber nach 1933 das Freimaureremblem entfernen. Vor der Gefahr des Einschmelzens während des Zweiten Weltkrieges bewahrte Museumsdirektor und Logenmitglied Dirksen die Bronzefigur, in dem er sie auf dem städtischen Bauhof versteckte. 1947 erfolgte die Wiederaufstellung in den Barmer Anlagen, und 1954 erneuerte der Barmer Verschönerungsverein den in den Kriegswirren verloren gegangenen Spazierstock. Aus optischen Gründen wurde das Standbild 1960 auf einen 200 Meter höher gelegenen Platz versetzt. Bei diesem Anlass wurde auch der Sockel um 180 Grad gedreht, da eine Vorderseite stärkere Beschädigungen durch Bombensplitter aufwies. In den 1970er Jahren ergänzte der Verschönerungsverein darauf hin die neue vordere Inschrift durch den Namenszusatz „Emil Rittershaus“.
1984 stifteten zwei Wuppertaler Freimaurerlogen eine neue Gedenktafel mit dem Freimaureremblem. Die Tafel ist an der heutigen rechten Seite des Sockels angebracht und trägt die Inschrift: „Ihrem Meister von Stuhl 1877-79 und 1883-89, Freimaurerlogen Hermann zum Lande der Berge, Lessing im Wuppertale als Stifterinnen“.
Rüdiger Steiner


Bildunterschrift (795) aus NN:

In einer poesiefeindlichen Umwelt war es für die Dichter im Wuppertal relativ schwer, die Anerkennung zu finden, die sie sich wünschten. Berufliche Erfolge, wenn es sie denn gab, waren kein nennenswerter Ersatz, sondern mussten bei dem entsprechenden Selbstverständnis der Literaten verachtet werden. Der einzige gangbare Ausweg war der Rückzug von der Außenwelt auf einen „inneren Bereich“. Die äußere Form dafür war das „Lesekränzchen“, eine Vorform des Vereins, allerdings ohne dessen feste Strukturen. Emil Rittershaus unterhielt z.B. am Ende der 1840er Jahre solch ein Kränzchen und Liebhabertheater, an dem neben dem Buchhändler Hugo Oelbermann und dem Handelscommis Wilhelm Wens weitere Mitschüler beteiligt waren. Aus dieser Gruppierung entstand, nachdem 1850 u.a. Carl Siebel zur Gruppe gekommen war, ein „litterarischer Verein“, aus dem sich der „Wupperbund“ entwickelte. Obwohl bereits als Jugendlicher literarisch tätig, war der Sohn eines Barmer Fabrikanten zugleich Geschäftsmann. 1822, nach der Heirat mit Hedwig Lucas, übernahm Rittershaus die Metallwarenfabrik seines Schwiegervaters, die ihm eine sichere bürgerliche Existenz gewährte. Neben seinen lyrischen Arbeiten erschien Rittershaus seinen Mitbürgern vorwiegend als (Gelegenheits-) Festdichtern. Eingebunden in das kulturelle Leben der Stadt, in vielfältige Funktionen und Ämter, erweist sich der Lyriker als routinierter Versemacher. Überregional wurde Emil Rittershaus durch seine regelmäßig in der „Gartenlaube“ veröffentlichten Beiträge bekannt. Gelegenheitsdichter war Rittershaus auf zweifache Weise. Einerseits bereit, sich eines erkannten Anlasses, einer Bitte oder Funktion wegen zu Wort zu melden; andererseits aber ein Mann, der die Gelegenheit und die Zeit in seinen Dichtungen in Übereinstimmung brachte.

Aus dem Buch „Denkmäler, Brunnen und Plastiken in Wuppertal, Ruth Meyer-Kahrweg, Born-Verlag, 1991:
Emil-Rittershaus-Denkmal
Am 20. Juni 1900 versammelte sich eine große Menschenmenge in den Barmer Anlagen, um das Denkmal für Emil Rittershaus zu enthüllen. Geschaffen wurde es von seinem Schwiegersohn Prof. Friedrich Schaper, Berlin.
Emil Rittershaus wurde am 3. April 1834 in Barmen, Kuhler Rotte 640, geboren und starb am 8. März 1897 in der Beckmannshofstraße, die wenige Wochen nach seinem Tod auf seinen Namen umgetauft wurde.
Er wird als Dichter und Kaufmann, Bürger und Künstler, Schwärmer und Idealist, Freimaurer und Christ charakterisiert. Man feierte ihn als großen Redner, ohne den im ausgehenden 19. Jahrhundert kaum ein nationaler Gedenktag gefeiert werden konnte, dem er nicht seine Stimme lieh und den er nicht verherrlichte.
Das Standbild wurde in der Gießerei Martin & Piltzing in Berlin gegossen und den Sockel aus schwedischem Granit lieferte die Firma Kessel & Röhl in Berlin. Bei der Sammlung für das Denkmal waren 26.162,12 Mark zusammengekommen, die Ausgaben betrugen aber 30.132,94 Mark. Der fehlende Betrag wurde von der hiesigen Loge „Lessing“ überwiesen. Während der NS-Zeit mussten die Freimaurerembleme am Denkmalsockel entfernt werden. Die fortschreitende Materialknappheit im 2. Weltkrieg führte dazu, dass das Bronzestandbild eingeschmolzen werden sollte. Ein Mitglied der Familie veranlasste aber, dass es auf einem Bauhof der Stadt versteckt wurde. Und so konnte es am 8. März 1947, zum 50. Todestag von Emil Rittershaus, wieder auf den Sockel gestellt werden. Der im Krieg beschädigte Sockel wurde gedreht, so dass die früher vordere Inschrift EMIL RITTERSHAUS 1834 – 1897 nun hinten zu lesen ist. Vorne wurde eine Tafel neu angebracht:
EMIL RITTERSHAUS, dem Dichter und Menschenfreunde errichtet im Jahre 1900.
1954 wurde zum 120. Geburtstag des Dichters der im Krieg abhanden gekommene Spazierstock kurzerhand durch ein Gasrohr ersetzt. Der 150. Geburtstag von Emil Rittershaus war Anlass einer Gedenkfeier, zu der die Gesellschaft Concordia und die Johannisloge „Hermann zum Lande der Berge“ und der Bergische Geschichtsverein in die Räume der Concordia eingeladen hatten.
Im Anschluss daran wurde am Denkmal in den Barmer Anlagen die von den Logen gestiftete Gedenktafel enthüllt, deren Inschrift

„Ihrem Meister vom Stuhl 1877-79 und 1883-1889
Freimaurerlogen Hermann zum Lande der Berge
Lessing
Im Wuppertale
als Stifterinnen“

mit dem Emblem der Freimaurer, Hammer und Winkelmaß, abschließt. Ausgeführt wurde die Tafel in Granit Balmoral durch die Steinmetzwerkstatt Walter Bardolatzy in Unterbarmen.

Ellen Treiße

Ellen Jacobs wurde am 9. Februar 1940 in Barmen geboren. Sie hat mit ihren Eltern, zwei Omas und einem Opa in der Rübenstraße 4, einem fünfstöckigen Haus gewohnt, bis sie 1963 geheiratet hat und auszog. Das Haus gehörte damals der Mutter ihres Vaters, der bis zur Pensionierung Beamter (Ober-Zugführer) bei der Deutschen Bundesbahn war.
Ellen Jacobs hat von 1946 bis 1954 die Volksschule an der Rübenstraße (Ackerstraße) in Heckinghausen besucht. Am 1. April 1954 hat sie in der Bandfabrik Emil Kikuth , Öhder Straße 47, eine Lehre zur Industrie-Kauffrau begonnen, die sie am 31. März 1957 mit Erfolg abschloss. Dort hat sie noch bis zu ihrer Hochzeit im Mai 1963 weiter gearbeitet.
Schwiegervater und Ehemann Walter Treiße waren mit einem Heizungsbau-Geschäft selbstständig. 1970 war eine Flaute im Baugewerbe und Walter Treiße jun. hat eine Esso-Tankstelle in Wichlinghausen als Pächter übernommen. In diesen Jahren hat Ellen Treiße ihren Mann täglich unterstützt, in dem sie Kunden bedient und alle kaufmännischen Angelegenheiten erledigt hat. Nach Ablauf des Vertrages am 31. Dezember 1978 ging ihr Mann Walter wieder in seinen alten Beruf zurück. Neben der Versorgung ihrer Eltern und Schwiegereltern half Ellen Treiße im Schuhhaus Klauser im Werth aus. Walter Treiße ist im März 2006 nach langer Krankheit mit nur 67 Jahren gestorben.
Ellen Treiße lebt im Rauen Werth 15 hat eine 41 Jahre alte Tochter mit einem Lebensgefährten. Sie gesteht: „So bin ich also nicht allein. In meiner Freizeit stehe ich viel mit meinen alten Bekannten in Verbindung.“
Alle Jahre wieder
Am 19. November fand in der Gaststätte „Im Landsknecht“ wieder einmal ein klassenübergreifendes Schultreffen statt. Mit dabei waren 16 Frauen und ein Mann, die sich wie in den Jahren zuvor trafen und über alte und neue Zeiten redeten. Früher war Lehrer Hardt dabei.
Über „olle Kamellen in Heckenhusen“ philosophierten: Rita Wiggers, geborene Böhmer; Erika am Wege (geborene Dick); Rosemarie Wildförster, geborene Weiz; Christa Scheweling, geborene Staab; Leni Schmitz, geborene Brändle; Ursula Weide, geborene Jürges; Doris Müller, geborene Vogelsang; Marlis Frielinghaus, geborene Dahl; Ilonka Affüpper, geborene Hurschmann; Rosemarie Samp, geborene Henze; Karin Müller, geborene Flocke; Ingrid Wunsch, geborene Heyer; Marlis Montag, geborene Kern; Margret Schlichting, geborene Wetter; Hiltrud Wruck, geborene Lehmbach; Rosemarie Schlick, geborene Schönherr; Ellen Treiße, geborene Jacobs; Wolfgang Weskott.


Ellen Treiße
Meine Erinnerungen

2008:
Im Wandel der Zeit

Seit Jahren wird unsere deutsche Sprache auf den Kopf gestellt! Die Worte: date, casting, e-Mail, Feedback, Statements, updaten, checken, Styling, Design, Background. Innovations, Performance, digitalisieren, Location, Handy, chatten, Homepage, im Internet surfen usw. sind heute gang und gäbe. Auch wenn man nicht immer weiß, was die Worte bedeuten.
Aufgewachsen in unserem Haus in Heckinghausen mit 19 Mietparteien, zur damaligen Notzeit habe ich mit vielen alten „geborenen Barmern“ zusammen gewohnt. Die damalige Ausdrucksweise will ich nun mal wieder auffrischen.
Bescheidenheit
Man war seinerzeit mit dem Essen bescheiden. Man benutzte mols zum Kochen eine Scheppe, Zöppkes, Löpel und einen Kochpott am Herd, teils als Kohleherd, teils als Gasherd. In der Küche befand sich eine Gasuhr, welche mit gekauften Gasmünzen bestückt wurde und deren Anzahl von Zeit zu Zeit von den Leuten der Stadtwerke kontrolliert, abgelesen und abgerechnet wurde. Man aß damals u.a. suren Kappes, Mattekäse, Himmel und Erde (Himmel un Äd), armen Ritter, Steckrüben, Blotworscht, Bomböschen, Puffertskuchen und oft auch Brotsuppe.
Auf den Betten hatte man Matratzenschoner, Moltontücher, Unterbetten, Paradekissen, Schazen und Plümos. In einer Ecke des Schlafzimmers hatte man einen Mantelstock stehen und einen großen Kleiderschap – nicht zu vergessen!
Einrichtung
In der Wohnküche saß man auf Holzstühlen, Holzbänken, Sofas, Chaiselongs oder Canapes. Ein großer Tisch, ein Handtuchhalter mit weißem gestärkten Überhandtuch und ein Küchenbord mit mehreren Düppen durfte neben dem Küchenschap nicht fehlen. Reichere Leute hatten auch Wohnzimmer mit Lincrusta an den Wänden und Stuck an den Plafonds sowie teuren Gobelins ringsherum.
Möbliert waren die Zimmer mit gepolsterten Lehnstühlen, Clubsessel, Vertikos, Marmortischen, Kandelaber oder Kronleuchter. Logischerweise hatte man auch Gardinen mit Schabracken. Diese waren selbstverständlich für betuchte Leute. Beheizt wurde das Wohnzimmer durch einen Kamin, mit Holz, Eierkohlen oder Briketts. In musikalischen Familien durften ein Klavier und ein Bandoneon nicht fehlen. Die Frauen standen mols mit einer gestärkten Schötte (Schürze) oder Kittel und Filzpantoffel bei der Küchenarbeit am Herd und großen grauen Spülstein.
Im Waschkeller hat man mit einer Waschmaschine mit Wassermotor und einer Fringmaschine die Wäsche gewaschen, welche vorher in einem Waschkessel in Lauge eingesteckt und gekocht wurde, um später auf dem Oller zu trocknen.
Wenn man mal musste, ging man eine halbe Treppe tiefer zum Häusken, Pissoar oder Abee und schob selbstverständlich die Scholle vor. Gebadet wurde in Zinkwannen oder –küben, die man auf dem Oller aufbewahrte und zum Gebrauch herunter holte.
Beruf
Die Männer gingen zum Prinzipal ins Kontor, zur Bandwirkerei, zur Pappschöttelei, ins Walzwerk, zur Färberei, zur Schlosserei, zur Maschinenfabrik, als Klempner, Anstreicher, Schreiner, Metzger, Bäcker, Maurer und vieles mehr arbeiten. 48 Stunden in der Woche!
Wenn es regnete zog man Galoschen oder Gamaschen an und nahm einen Parapluie mit. Einige Leute hatten auch einen Köter oder Röd, zogen eine Joppe, Überzieher oder Ulster an und setzten einen Hut oder Kappe auf und gingen über die Trottoars, Gassen und Stroten spazieren, in die nächste Pinte oder Kneipe, um sich einen zu zwitschern.
Mit der Bergbahn zum Toelleturm
An schönen Sonntagen kaufte man ein Billet und fuhr mit der ganzen Familie mit der Straßenbahn oder Bergbahn (die gab es bis 1959 noch) zum Toelleturm und weiter zur Müngstener Brücke, und nahm in einem Prumenbülchen Bütterkes und Ärpelschlot mit. Wenn man kein Kniesbül war und kein Oller Miesepriem, trank man da an der Trinkhalle unter der Brücke einen Schlör.
An gemütlichen Abenden durfte das Strickzeug bei Frauen und bei den Männern datt Piepken mit Tabak (eigene Zucht aus dem Garen) oder ein Priem Kautabak und ein Füselken nicht fehlen. Bei guter Nachbarschaft wurde öfter einen miteinander geklönt oder Skat gedroschen. Der Volksempfänger oder das Parlefon dudelte dabei: „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt“.
Spielerei
Tagsüber spielten die Blagen auf der Straße mit Heuer und Knippsteinen oder sie bauten sich in den benachbarten Trümmern eine Bude. Das Ball- und Diabolospielen war modern und ab und zu durften wir zum Sportplatz Widukindstraße zur Kirmes oder, wenn Selma Traber ihre Hochseil-Kunststücke vorführte. Im Sommer wurde zum Schwimmen in die „Mählers“ gegangen und im Winter in die Badeanstalt auf der Bleiche. Der Teich vom Murmelbach wurde zu den ersten Sommerfesten genutzt, wo man an den Losständen u.a. auch ein Fettpaket gewinnen konnte.
Andere Sprache
So war datt. Es war die Sprache, die wir damals verständen haben. Geschadet hat es mir nicht, solche Sprache gehört und gesprochen zu haben.

Mittwoch, 19. November 2008
Unser heutiges Treffen ist unserer Kinderzeit gewidmet. Die ersten Jahre wurden sehr von den Begleitumständen des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) geprägt. Während der Bombenangriffe wurden wir von unseren Angehörigen mit in den nächsten Luftschutzkeller oder in den nächsten Bunker genommen, um uns vor Bomben zu schützen. Durch die auf den Dächern befindlichen Sirenen wurden wir vor jedem Angriff durch Alarm gewarnt, um uns Unterschlupf zu suchen. Die Fenster der Luftschutzkeller waren von außen zugemauert, damit keine Bomben hineinfliegen konnten. Außerdem waren die Kellerwände von aneinander stehenden Häusern an den Giebelwänden durchbrochen, damit sich jeder bei Gefahr von Haus zu Haus retten konnte. Gott sei Dank haben wir diese Zeit überstanden, auch wenn viele Bombentrichter unsere Wasserleitungen zerstört hatten und uns oft auch bei Tieffliegeralarm nichts anderes übrig blieb, als unser Wasser an einer Quelle im Waldbereich zu holen.
Größtenteils wurden unsere Häuser in der Rübenstraße durch mutige Frauen und ältere Männer gerettet. Sie haben Bomben und Phosphor-Kanister aus den brennenden Dächern entfernt und auf die Straße geworfen. Wenn wir nach der Entwarnung den Bunker verlassen hatten und wieder in unsere Wohnhäuser zurück kamen, dann empfingen uns offen geflogene Haustüren, Glasscherben und Bettfedern, welche durch den Druck aus zerstörten Betten und Wohnungen geflogen kamen. Erinnern kann ich mich außerdem noch an den furchtbaren Brandgeruch und den Qualm, der uns umgab.
Nun haben wir früheren Bunker- und Luftschutzkellerkinder von Heckinghausen uns wieder getroffen. Im vorigen Jahr, 2007, haben wir solch ein treffen zum ersten Male gemacht und es hat guten Anklang gefunden.
Heute fange ich mit unserer Einschulung nach Ende des Zweiten Weltkrieges an. Ich wurde mit vielen anderen 1946 in die Schule Rübenstraße (Ackerstraße) geschickt. In Erinnerung ist mir, dass der Schulunterricht nicht immer einwandfrei stattfinden konnte, da kein Koks und keine Kohlen zu bekommen waren und die Klassenräume kalt blieben. Außerdem waren wir Kinder in der Überzahl in der kleinen, einzigen, ganzen Schule in Heckinghausen. Oft hatten wir nur zwei Unterrichtsstunden. Trotzdem musste die Lehrkräfte uns unter diesen schwierigen Umständen etwas beibringen. So wie ich das damals empfunden habe, hat Rektor Kramer alles fest in der Hand gehabt. Unterstützt wurde er von den Lehrerinnen Kuhlmann, Gründel, Kotthaus, Berndt, Kluge, Middendorf, Dort und den Lehrern  Hardt, Meis, Hagmann, Weßler, Edelhoff,Grensing,Lukas usw. Zu der Zeit bekamen wir auch täglich die Quäkerspeise. Unsere alte Hausmeisterin musste sie immer an uns austeilen. Vor Weihnachten erhielten wir durch die Quäker auch etwas Schokolade und gesalzene Erdnüsse geschenkt. Das braune Schokoladenpapier habe ich mir immer einige Tage verwahrt und daran gerochen, wenn ich Hunger auf Schokolade bekam. Als die Schule aus allen Nähten platzte, mussten die Klassen mit den älteren Kindern zur Schule Wichlinghauser Straße ausgelagert werden. Nach dem vierten Schuljahr waren sowieso mehrere Kinder zu höheren Schulen abgewandert. Von dem Schulneubau in der Meyerstraße haben wir dann noch ein paar Jahre etwas mitbekommen. Vor allen Dingen erhielten wir noch einen neuen Rektor, Herr Schröder. Durch die verschiedenen Konfessionen wurden ein paar Klassen als katholische Schule, ein paar Klassen in der Rübenstraße als evangelische Schule und die meisten Klassen in der Meyerstraße als Gemeinschaftsschule eingerichtet. Eine neue Turnhalle wurde ebenfalls in der Meyerstraße gebaut.
Schließlich begann für uns der Ernst des Lebens. Wir mussten für ein gutes Abschlusszeugnis büffeln. Viele kamen in eine Lehre, andere machten später noch das Abitur und studierten anschließend. Aber den Kontakt zu unseren ehemaligen Mitschülern haben wir nicht abgebrochen, weil wir seit unserer Schulentlassung jedes Jahr ein Klassentreffen haben. Unser ehemaliger Lehrer, Herr Hardt, hat früher auch viel an unseren Treffen teilgenommen. Heute sehen wir uns wieder, zu einem lockeren Beisammensein, und unterhalten uns auch über die ollen Kamellen, die wir in Heckinghausen erlebt haben. Unsere Mütter und Väter haben uns damals redlich durchgebracht und sich oftmals gegenseitig unterstützt und beraten. Einen schönen Abend wünscht Ellen aus Hausnummer 4!

Die Wuppertaler Originale

(kgc). Die „Wuppertaler Originale“ sind über 25 Jahre alt! Da sage doch einer, dass Katholiken zum Lachen in den Keller gehen! Im Gegenteil: die närrischen Sitzungen der Barmer Pfarrgemeinde St. Antonius und ihrer Kolpingfamilie zählen seit Jahren zu den Höhepunkten der närrischen Zeit. In vielen anderen Gemeinden geht es ebenso lustig zu – nehmen sich Christen auf die berühmte Schüppe.
Wenn wieder einmal die neue Session eingeläutet wird, erinnern sich Richard Grüneberg und Klaus Schulte an die fünfte Jahreszeit 1982/83. Damals stiegen sie als „Husch Husch“ und „Mina Knallenfalls“ gemeinsam mit „Zuckerfritz“ Michael Overödder auf die Bühne des Bernhard-Letterhaus-Saales und lästerten erstmals kräftig ab – in Mundart, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Es war die Geburtsstunde der „Wuppertaler Originale“! Von den drei Personen haben Peter Held (Husch Husch) und Fritz Pothen (Zuckerfritz) wirklich gelebt, während Mina Knallenfalls eine Romanfigur von Otto Hausmann war. Erst Anfang der 1990er Jahre haben Forschungen ergeben, dass Hausmann seine Großmutter beschrieben hat. Die Drei eigneten sich bestens, um in Form von Liedern, Geschichten und „Dönekes“ an die „gute alte Zeit“, die keineswegs goldig war, zu erinnern. Richard Grüneberg ergänzt: „Wir wollen aber auch „Stimmen der Bürger“ sein, wenn wir unseren Stadtvätern „auf die Finger schauen“. Im Laufe des Vierteljahrhunderts war das Rathaus immer wieder Schauplatz bewegender Ereignisse. Darüber durfte herzhaft gelacht werden, wenn auch Schilda manchmal nicht weit entfernt war. Kostproben haben seit 1986 alljährlich die Besucher der Heckinghauser Bleicherfeste erhalten, wenn die Originale Neues zum Besten gaben. Das Trio trat beim TV-Städtekampf in der Partnerstadt Schwerin und in South Tyneside auf, erfreute Abelers Jubelpaare und Toleranzordenempfänger, gastierte zweimal bei der Lebenshilfe auf Norderney und veröffentlichte 1999 und 2002 zwei CD’s.
Die Rolle der „Mina Knallenfalls“ scheint Klaus Schulte buchstäblich auf den Leib geschrieben. Unter der hübschen, wärmenden Perücke und weiblich gekleidet, verbirgt sich ein offenes, freundliches Wesen. Trockener Humor und ein gewisses Minderwertigkeitsgefühl zeichnen Richard Grüneberg alias „Husch Husch aus. Das ursprüngliche Trio wurde 1999 jäh gesprengt, als Michael „Zuckerfritz“ Overödder plötzlich aus dem jungen Leben gerissen wurde. Es gab keinen Ersatz. Richard Grüneberg, der sich 1997/8 über die Amtszeit seiner Tochter Angela als Karnevalsprinzessin freute: „Er gehört auch heute noch zu uns.“ Ihre musikalischen (Akkordeon) Begleiter haben gewechselt: Frank Rosendahl, Matthias Wörth, seit 1997 Klaus Prietz.
Mit einem 40-minütigen Programm empfehlen sich die „Wuppertaler Originale“ über öffentliche Auftritte hinaus für private Feste von Geburtstagen über Hochzeiten und Betriebsfeiern bis zu Vereinsfesten. Neben den „Striekspöen“ haben sie die Wuppertaler Mundart erhalten und salonfähig gemacht. Offene Worte werden garantiert. Wenn doch mancher Anlass nicht so ärgerlich für die Stadt und ihre Bürger wäre…

Wir Originale:
Als Wuppertaler haben Sie die Namen Husch-Husch, Mina Knallenfalls und Zuckerfritz bestimmt schon einmal gehört. Alle drei werden als Originale bezeichnet und haben in Wuppertal gelebt. Die Gruppe „Wuppertaler Originale” – 1982 im Pfarrkarneval in der kath. Pfarrei St. Antonius, Alter Markt, entstanden – hat diese Figuren wieder aufleben lassen, um mit Wuppertaler Mundart, Liedern und „Dönekes” an die „gute alte Zeit” zu erinnern. Wir wollen aber auch ein wenig „Stimme der Bürger” sein, wenn wir in Texten und Liedern unseren Stadtvätern „auf die Finger schauen.” Wir wissen, daß das Wiedersehen mit den „Originalen” vielen Menschen Freude bereitet und alte Erlebnisse wieder wachruft. Und darüber freuen wir uns ganz besonders.
Wir (Richard Grüneberg = Husch-Husch, Klaus Schulte = Mina Knallenfalls) stellen Ihnen die Figuren jetzt vor. Unser musikalischer Begleiter bei den Auftritten ist Klaus Prietz am Akkordeon.
Husch-Husch, das jüngste Original der Stadt Wuppertal, hieß mit bürgerlichem Namen Peter Held, geboren 1896 im Stadtteil Heckinghausen. Husch-Husch war ein Stadtstreicher. Gekleidet mit einem abgetragenen dunklen Anzug, Weste, langen, schwarzen Mantel, Schlapphut und „bewaffnet” mit einem Spazierstock war er bekannt in der ganzen Stadt. Den Stock benutzte er vorwiegend, um sich gegen die Kinder zu wehren, die, sobald sie ihn sahen, „Husch-Husch” hinter ihm herriefen. Sein Markenzeichen war ein Margarinekarton, den er immer unter dem Arm trug. Darin befanden sich typische Wuppertaler Artikel, nämlich Kurzwaren wie Bänder, Litzen, Wäsche- und Kragenknöpfe, Strapse, Gummiband und vieles mehr. An Haustüren und in Kneipen versuchte er diese Sachen zu verkaufen und wurde ausfällig, wenn ihm niemand etwas abnahm. Ständig hatte er Ärger mit der Polizei, war öfter im Gefängnis und ist 1953 verstorben. In Heckinghausen besteht schon lange der Wunsch, dem bekannten Penner ein Denkmal zu widmen.
Mina Knallenfalls – als Romanfigur – lebte vor ca. 200 Jahren. Sie kam aus sehr armen Verhältnissen und war eines von 13 Kindern. Der Vater war arbeitslos und Trinker. Mina mußte schon sehr früh mitarbeiten, um die Familie zu ernähren. Nach ihrer Heirat ging es ihr nicht besser; sie bekam viele Kinder, und ihr Mann war ebenso arbeitslos und dem Alkohol verfallen wie ihr Vater. Wo heute der Döppersberg ist, standen viele kleine Häuser. Damals hieß diese Gegend „An der Fuhr”, weil es dort eine Furt durch die Wupper gab. Der Heimatdichter Otto Hausmann hat das in Wuppertal bekannte Buch „Mina Knallenfalls” geschrieben. Erst Anfang der 90er Jahre stellte sich durch Forschungen heraus, daß er für die Gestalt der Mina seine Großmutter zum Vorbild genommen hat, deren Leben aber nicht ganz so ärmlich verlief. In der Poststraße, ganz am Anfang vom Bahnhof aus, steht seit Jahren das Denkmal der Mina.

Zuckerfritz wurde 1830 geboren und starb ca. 1906. Sein Name war Fritz Pothen. Er stand mit einer Schubkarre, auf der eine Kiste befestigt war, am Bahnhof, fuhr Gepäck den Reisenden nach Hause, machte Botengänge, beförderte Waren von Firma zu Firma. Seine Vorliebe waren Süßigkeiten jeglicher Art – sie brachten ihm den Spitznamen „Zuckerfritz” ein. Sein Denkmal befindet sich am Ende der Poststraße, schon fast auf dem Neumarkt. Kurz nach den Aufnahmen zur ersten CD „Ich bin verliebt in eine Stadt“ im Juli 1999 verstarb der Darsteller des Zuckerfritz Michael Overödder. Sein Platz in der Gruppe wird nicht mehr besetzt.
Kurz nach den Aufnahmen zur 1.CD „Ich bin verliebt in eine Stadt“ im Juli 1999 verstarb der Darsteller des Zuckerfritz in der Gruppe Wuppertaler Originale, Michael Overödder. Sein Platz in der Gruppe wurde nicht mehr besetzt.
Mittlerweile ist die zweite CD – Wir sind ja Wuppertaler – auch schon in erster Auflage vergriffen, von der zweiten Auflage sind noch einige CD’s vorhanden.

Die „Wuppertaler Originale” empfehlen sich mit einem 30-40minütigen Programm für Festlichkeiten und Feiern jeder Art, jeder Größe und in jedem Rahmen. Geburtstag, Hochzeit, Silber- und Goldhochzeit usw., Jubiläum, Betriebsfeier, Vereinsfest, Karneval, ob im großen Saal oder im kleinen Wohnzimmer, im Garten oder in der Schwebebahn, immer sind Husch-Husch, Mina Knallenfalls und Zuckerfritz mit Klaus Prietz am Akkordeon die Überraschung des Festes.

Informieren Sie sich. Telefon 02 02 / 799 28 74, Fax: 02 02 / 799 28 75 (Klaus Schulte).
Im Internet: www.wuppertaler-originale.de oder e-mail: Klaus.Schulte@telebel.de

25 Jahre Wuppertaler Originale
So fing alles an:

1982/83 Gründung – Pfarrkarneval in St. Antonius
1983 13. 11. – Auftritt Bezirk Kolping
2. 12. Geburtstag Gert Serpè (50) – Werner Boes
1983/84 1. Auftritt durch W. Boes bei der Seniorenveranstaltung in der Stadthalle
1983/84/85 Auftritte mit wechselnden Musikern, weil Andreas nicht immer frei war.
1985 Frank Rosendahl als Akkordeonspieler
1986 1. Bleicherfest, ab da jährlich – Stadt-CDU-Wahlkampf
1987 Frank bei der Bundeswehr, Matthias Würth bis 1988
1989 1. Auftritt bei Toleranz-Ordensverleihung, ab da jährlich – Schloß Burg
1991 wg. Golfkrieg kein Karneval – South Tyneside – 1. Abeler Jubelpaare
1992 Auftritt in Schwerin: Städtekampf gegen Wuppertal in ARD/MDR
1997 Klaus Prietz kommt zu uns – 1. Auftritt beim Vohwinkeltag
1999 1. CD fertiggestellt – Zuckerfritz ( Michael Overödder) stirbt.
2001 Auftritt auf Norderney (Lebenshilfe Cronenberg)
2002 2. CD produziert – nochmals in Norderney
2007 25 Jahre Wuppertaler Originale

Conrad Albert Ursprung

Conrad Albert Ursprung
1856-1932

Wer das musische Leben der beiden Wupperstädte Elberfeld und Barmen kennt, wird erstaunt fragen: „warum gründete der Kommerzienrat albert Ursprung im Jahre 1897 den Barmer Volkschor ?“ Waren doch die beiden großen Chöre (heute vereint als Chor der Konzertgesellschaft), der Elberfelder Gesangverein, gegr. 1811, und der Barmer Singverein, gegr. 1817 durchaus auf der Höhe ihres Könnens und Wirkens. Aber der „Barmer Volkschor“ entstand aus einer für den Gründer typischen Haltung. Wenn von ihm gesagt wird, daß er die Bandfabrik seines Vaters in „sozial-vorbildlicher Weise“ fortführte, so ist damit auch seine Weltanschauung umrissen, die ihn zu der Chorgründung veranlaßte. Er hat (nach einem Zitat der Bergisch-Märkischen Zeitung vom 20.05.1908) es als Zweck und Ziel des Barmer Volkschores betrachtet, „Chor- und Orchester-Werke großen Stils und ersten Ranges zu veranstalten, die an innerer Bedeutung und äußerem Glanz den Darbietungen der exklusiv-gesellschaftlichen Musikpflege um nicht nachzustehen, durch billigste Eintrittskarten aber auch wirklich der breitesten Allgemeinheit zugänglich sind.“ 17 Jahre lang hat der Barmer Volkschor mit größtem Erfolg (besonders nach der Gründung des Volkschor-Orchesters im Jahre 1911) seine Konzerte zur Freude und Erbauung breiter Volksschichten veranstaltet. Vorbildlich bleibt Ursprung in seiner unerschütterlichen sozialen Haltung als Mäzen, für die ihm dann auch von der preußischen Regierung der Titel „Königlich Preußischer Kommerzienrat“ verliehen wurde.

Wer war nun Albert Ursprung, den man in den Registern der Geschichtsvereine vergeblich sucht ? Geboren am 25. Juni 1856 in Barmen als Sohn des Barmer Bandfabrikanten Conrad Albert Ursprung und der Maria Nourney trat er 1880 in das väterliche Geschäft ein eine Bandfabrik, die der Vater unter der Firmenbezeichnung „Viefhaus & Co.“ Mit Friedrich Viefhaus 1856 gegründet hatte und nach Viefhaus Tod unter eignem Namen führte.

Als es im späteren Leben unseres Albert Ursprung einen Strafprozeß gab, sagt ein Barmer Stadtverordneter: „Ich bin mit dem Vater Ursprung befreundet gewesen, ich kenne also Albert Ursprung von den Jugendjahren an. Das Verhältnis zwischen ihm und seinen Eltern war ein musterhaftes, wie es selten vorkommt. Vater und Sohn verkehrten miteinander wie der ältere Freund mit dem jüngeren.“ Ein besseres Zeugnis kann man sich ja nicht wünschen.

Die beiden erfolgreichen Chorleiter und Dirigenten des Barmer Volkschores Karl Martin Hopfe und Hermann Inderau haben sich der väterlichen Freundschaft Ursprungs erfreuen dürfen. Für Hopfe stellte Ursprung sogar die Ausbildungsmittel zur Verfügung. Leider starb Hopfe schon mit 38 Jahren und Hermann Inderau wurde sein Nachfolger. Inderau hat den Barmer Volkschor mit großem Erfolg bis 1914 geführt.. Er wurde leider in den ersten Kriegstagen zur Wehrmacht eingezogen, so mußten Chor und Orchester aufgelöst werden.

Ursprung gehörte auch dem Verwaltungsrat des „Vereins für Ferienkolonien“ an und war Mitbegründer des heute noch bestehenden Kinderheims „Schalksmühle“, viele Kinder aus armen Familien durften hier in den Ferien Erholung finden, ihr Aufenthalt wurde von Ursprung finanziert. Im Juli waren es regelmäßig hundert Kinder, für die er den Aufenthalt bezahlte. Sicher leben heute noch Menschen, die als Kinder zu den Schützlingen Albert Ursprungs gehörten. Leider hat sich aber trotz aller Bemühungen kein Bild von ihm gefunden.

Albert Ursprung hatte stets ein Herz für die Leiden und Nöte seiner Mitmenschen und Freunde. Hier ein Beispiel: Im Jahre 1898 lernte er bei einem Musikfest in Köln Frau Wilhelmine Peill, geb. Schillings, kennen. Sie war die Witwe des aus dem uraltem Elberfelder Geschlecht stammenden Hugo Peill (gest. 1892) und lebte auf dem Maltheserhof bei Römlinghoven. Frau Peill und Albert Ursprung saßen bei dem Konzert nebeneinander und waren begeistert sond der Aufführung von Berlioz „Fausts Verdammnis“. Ursprung erzählte seiner Nachbarin, daß der Barmer Volkschor im Juni des gleichen Jahres das „Reqium“ von Berlioz singen würde. Er lud die alte Dame herzlich ein, sich die Aufführung anzuhören. Frau Peill kam nach Barmen und war freudig erstaunt von der Leistung des Volkschors. Von da ab kam Frau Peill häufiger zu den Aufführungen in Barmen, und es entspann sich eine herzliche Freundschaft zwischen ihr und Albert Ursprung, die sich auch auf die Eltern Ursprungs ausdehnte. Frau Peill einzige Tochter Caroline war mit ihrem Vetter, dem Generalmusikdirektor Max v. Schillings in Stuttgart verheiratet, zwei Enkelkinder, die sie allerdings wenig sah, waren Frau Peill große Freude. Frau Peill war sehr großzügig gewesen und hatte ihren Kindern im Jahre 1906 250.000 Mark zum Ankauf des Schilling´schen Familiengutes Gürzenich bei Düren geschenkt. Trotzdem sahen diese jetzt mit Mißtrauen auf die Freundschaft der Mutter mit Albert Ursprung, dessen soziale Einstellung sie kannten, und als er 1910 bevollmächtigter Vermögensverwalter der Frau Peill wurde, suchten und fanden sie Helfer für die Einlieferung der alten 80jährigen Mutter in ein Irrenhaus. Ursprung schrieb einen geharnischten Artikel in der „Oberkasseler Zeitung“, der natürlich großes Aufsehen erregte. Es wurde von den Gerichten Aufklärung gefordert. Ursprung bekannte sich bald darauf als Verfasser des Artikels und fügte hinzu, daß er die volle Verantwortung für alles Gesagte übernähme. Niemals habe er geldliche Interessen mit dieser Freundschaft verbunden.

Es haben sich dann auch kluge und einflußreiche Juristen für Frau Peill eingesetzt, so der Elberfelder Justizrat Kray und der Barmer Justizrat Thiel. Nach einem langen Martyrium wurde schließlich erreicht, daß Frau Peill nach Holland gebracht werden konnte, wo sie in Arnheim wenige Stunden vor ihrem Tod am 11. April 1913 die Nachricht erhielt, das die „Entmündigung“ aufgehoben sei.

Aber „Gottes Mühlen mahlen langsam, mahlen aber trefflich fein…“, das mußte auch die Tochter der Frau Peill erfahren. Einige Jahre später trennt sich Max v. Schilling von ihr, um die Konzertsängerin Barbara Kemp zu heiraten, nachdem er schon bald nach dem Tod der Schwiegermutter seine Stelle in Stuttgart verlor und in Berlin neu beginnen mußte.

Albert Ursprung starb am 25. Juni 1932, sein Grab findet sich auf dem reformierten Friedhof in der Hugostraße.

Literaturhinweis:
Wuppertaler Biographien Folge 11, Born-Verlag

Quellen-Verzeichnis:
1.) Rheinische Musiker, Folge 5, Köln 1967
2.) Paul Elmar, Geld und Irrenhaus, Berlin 1914