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Emil Rittershaus

Ein Mann mit vielen guten Eigenschaften

(kgc). Im Herzen Barmens ist eine Straße nach ihm benannt und in den Barmer Anlagen steht unweit der Unteren/Oberen Lichtenplatzer Straße sein Abbild in Bronze. Die Rede ist von Emil Rittershaus, der am 8. März 1897 gestorben ist. Schon kurz nach seinem Tode wurde die Beckmannshofstraße, wo er Zuhause gewesen war, nach ihm benannt. Damals waren sich die Menschen nicht einig, ob der Verlust des Kaufmanns, Bürgers, Künstlers, Dichters, Poeten, Freimaurers, Christen oder Menschenfreundes größer war.
Emil Rittershaus wurde am 3. April 1834 in der Kuhler Rotte 640 zu Barmen geboren. Im ausgehenden 19. Jahrhundert feierten die Menschen ihn als großen Redner, ohne den kaum ein nationaler Gedenktag gefeiert wurde. Seine Gedichte, die zum Teil vertont wurden, fanden über die Grenzen Deutschlands hinweg Freunde und Verbreitung. Er galt als beliebter Vertreter einer realitätsfernen „Feiertagspoesie“ und schrieb gesellschaftskritische Gedichte, vor allem in den Revolutionsjahren 1848/49: „Der Kaiser braucht Kanonenfutter“. Von Emil Rittershaus stammt das Westfalenlied („Ihr mögt den Rhein, den stolzen, preisen …)! In der „Barmer Zeitung stand am 9. März 1897 zu seinem Tode: „Die Kunde vom Hinscheiden hat in ganz Deutschland schmerzliche Teilnahme geweckt. Die gesammte Presse ohne Unterschied der Parteistellung wirdmet dem heimgegangenen Dichter warme Worte des Nachrufes, in welchen sie ebenso sein reiches dichterisches Talent, das seinen Namen für die deutsche Literatur unsterblich gemacht habe, wie seinen von so viel Liebswürdigkeit und Humanität durchdrungenen menschlichen Charakter würdigt.“
In den Anlagen des Barmer Verschönerungsvereins, den Hut in der Hand, den Kragenmantel lose umgehängt, die Rechte auf den Stab gestützt, scheint Emil Rittershaus, so wie früher im Leben, aus dem Walde herauszutreten und voll Freundlichkeit und Güte auf uns zu blicken – dieser alte Bericht der Stadt Barmen scheint damals wie heute aktuell. In seinem Schatten fühlen sich sogar Liebespaare unbeobachtet. Geschaffen wurde das Standbild vom Berliner Prof. Friedrich Schaper, einem Schwiegersohn des Geehrten. Aus der Hauptstadt kamen Figur (Gießerei Martin & Piltzing) und schwedischer Granit (Kessel & Röhl) nach Barmen, wo am 20. Juni 1900 in Anwesenheit einer großen Menschenmenge die feierliche Einweihung stattfand. Festredner Prof. Dr. Hoerter: „Aus Rittershaus Gedichten und Liedern hat immer wieder der feine Beobachter der Natur, der liebevolle Hausvater, dem das Glück der Seinen am Herzen lag, aber auch der frohe Zecher im Kreis der Freunde gesprochen. Ein Mann des Volkes und stets bereiter Helfer!“ Eine feine Dokumentation zum Rittershaus-Denkmal liefert Ruth Meyer-Kahrweg in ihrem 1991 im Born-Verlag erschienenen Buch über „Denkmäler, Brunnen und Plastiken in Wuppertal“. So wissen wir von Baukosten von 30.132,94 Mark. Einen stattlichen Betrag steuerten die Freimaurer bei, deren Loge „Lessing“ Rittershaus als Ehrenmeister und Meister vom Stuhl angehört hatte. Außerdem gelang die Gründung einer Emil-Rittershaus-Stiftung. Die Zinsen aus dem 15.000 Mark-Vermögen sollten „zur Frühstücksspeisung bedürftiger Kinder hiesiger Volksschulen sowie für ähnliche Zwecke der Kinderfürsorge verwandt werden,“ bis zur Inflationszeit in den 1920er Jahren übrigens. 1934 versammelte sich der Familienverband der Rittershaus zum 100. Geburtstag des Dichters am Denkmal. Am 15. Dezember 1935 wurde in der damaligen Ruhmeshalle, dem heutigen Haus der Jugend, ein Rittershaus-Gedächtniszimmer eingeweiht, das den gesamten Nachlaß beherbergte, der vorher im Barmer Rathaus untergebracht war. Beim alliierten Bombenangriff in der Nacht vom 29. zum 30. Mai 1943 gingen alle Handschriften, Briefe und Bilder verloren. Durch das Verstecken des Bronze-Standbildes auf einem städtischen Bauhof entging es dem Einschmelzen für kriegerische Zwecke. Zum 50. Todestag am 8. März 1947 konnte Rittershaus wieder auf seinen Sockel neben dem zerstörten Planetarium zurückkehren. Im April 1960 wurde das Denkmal einige Meter bergauf gegen den Hang versetzt. Rittershaus 150. Geburtstag war Anlaß einer gemeinsamen Gedenkfeier der Gesellschaft Concordia, der Johannisloge „Hermann zum Lande der Berge“ und des Bergischen Geschichtsvereins. An jenem Tag kehrte auf die von den Nationalsozialisten entfernte Gedenktafel der Freimaurer an den Sockel zurück.

Serie „Wuppertaler Bürgerdenkmäler“ in „Bergische Blätter“
Das Emil-Rittershaus-Denkmal (1900)

Die Einweihung
Am 20. Juni 1900 wurde in den Barmer Anlagen das Bronzestandbild des Heimatdichters Emil Rittershaus enthüllt. Trotz der Beeinträchtigung durch den berühmten Wuppertaler Regen hatten sich zu diesem Anlass zahlreiche Zuschauer und geladene Gäste eingefunden, darunter Regierungspräsident von Holleuser, Oberbürgermeister Dr. Lentze, Vertreter des städtischen Verwaltung, Stadtverordnete, eine Abordnung der Freimaurerlogen Deutschlands, sowie Vertreter verschiedener Vereine, in denen Rittershaus gewirkt hat. Nach einem Musikstück und dem von drei Männergesangvereinen vorgetragenen Mendelssohnschen Chor „Festgesang an die Künstler“ hielt Professor Dr. Hörter die Festrede.
Anschließend dankte Hermann Frese im Namen des Denkmalkomitees dem Künstler Professor Fritz Schaper, allen Spendern und dem Barmer Verschönerungsverein für die Überlassung des Platzes. Oberbürgermeister Dr. August Lentze übernahm das Denkmal darauf hin in das Eigentum und in die Obhut der Stadt Barmen: „Man sollte es eigentlich nicht glauben, dass dieses gewerbthätige Barmen, in dem fast 2.000 Fabrikschornsteine gen Himmel ragen, und die überwiegende Mehrzahl aller Einwohner von früh bis spät rastlos an der Erzeugung und dem Umsatz gewerblicher Güter arbeitet, ganz besonders stolz auf dasjenige seiner Kinder ist, dessen Bedeutung fern ab von dem gewerblichen Leben lag und welches sich nicht als praktischer Geschäftsmann, sondern als idealer Poet hervorgethan hat.“ Mit einem weiteren Gesangs- und Musikstück wurde die Feier geschlossen.
Der Dichter
Emil Rittershaus (geboren 1834 und gestorben 1897 in Barmen) war ein im 19. Jahrhundert über die Grenzen Wuppertals bekannter Schriftsteller. Er war befreundet mit dem Freiheitsdichter Ferdinand Freiligrath, der ebenfalls in Barmen wohnte und von 1837 bis 1839 bei der Firma Friedrich von Eynern & Söhne arbeitete. Zur Zeit der Bürgerlichen Revolution 1848 schrieb Rittershaus gesellschafts-kritische Gedichte („Der Kaiser braucht Kanonenfutter“. Zusammen mit Carl Siebel, der wiederum ein Freund Friedrich Engels‘ war, gründete er Anfang der 1850er Jahre den „Wupperbund“. Später verfasste er vorrangig deutschnationale und heimatverbundene Gedichte und Lieder (z.B. „Ein deutsches Herz“, „Westfalenlied“), sowie Genre-, Familien- und Liebespoesie, die von der Ablehnung der Alltagsrealität und dem Rückzug ins Private geprägt ist.
Das Denkmal
Schon vier Wochen nach Rittershaus‘ Tod bildete sich – vermutlich auf Initiative der Freimaurerloge „Hermann zum Lande der Berge“ – ein Denkmalskomitee, dass in einer öffentlichen Sammel- und Spendenaktion, an der sich auch zahlreiche Schulen und Vereine beteiligten, 38.000 Mark aufbrachten. Der über das Künstlerhonorar von 25.000 Mark hinaus gehende Betrag wurde zur Gründung einer Emil-Ritttershaus-Stiftung zum Zwecke der Schulspeisung von bedürftigen Volksschülern verwendet.
Mit der Ausführung des Denkmals wurde der Berliner Bildhauer und Schwiegersohn von Emil Rittershaus, Professor Fritz Schaper, beauftragt. Er schuf eine Vielzahl von Bürgerstandsbilderrn im gesamten damaligen Deutschen Reich, so u.a. für Goethe (Berlin), Gauß (Braunschweig), Lessing (Hamburg), Krupp (Essen und Liebig (Gießen).
Das Rittershaus-Denkmal besteht aus der überlebensgroßen Bronzefigur des Dichters auf einem ca. 1,5 Meter hohen Sockel aus Marmor. Er stützt seine rechte Hand locker auf einen Wanderstab und hält in der linken einen Hut. Unter dem weit geöffneten Havelock, einem ärmellosen Mantel mit Umhang, kommt sein nicht unbeträchtlicher Bauchumfang zum Vorschein. Am Sockel sind beziehungsweise waren folgende Inschriften angebracht. „Emil Rittershaus 1834-1897 Dem Dichter und Menschenfreunde errichtet im Jahre 1900“
An der rechten Seite befand sich ein eingemeißelter Lorbeerkranz mit Schleife, und links das Freimaureremblem mit sich überkreuzendem Zirkel und Winkel. Das Denkmal ruhte auf einem mehrstufigen Unterbau und war von einem bepflanzten Rondell und einer Wegeanlage umgeben.
Die Nationalsozialisten schätzen zwar den national gesinnten Dichter – ließen aber nach 1933 das Freimaureremblem entfernen. Vor der Gefahr des Einschmelzens während des Zweiten Weltkrieges bewahrte Museumsdirektor und Logenmitglied Dirksen die Bronzefigur, in dem er sie auf dem städtischen Bauhof versteckte. 1947 erfolgte die Wiederaufstellung in den Barmer Anlagen, und 1954 erneuerte der Barmer Verschönerungsverein den in den Kriegswirren verloren gegangenen Spazierstock. Aus optischen Gründen wurde das Standbild 1960 auf einen 200 Meter höher gelegenen Platz versetzt. Bei diesem Anlass wurde auch der Sockel um 180 Grad gedreht, da eine Vorderseite stärkere Beschädigungen durch Bombensplitter aufwies. In den 1970er Jahren ergänzte der Verschönerungsverein darauf hin die neue vordere Inschrift durch den Namenszusatz „Emil Rittershaus“.
1984 stifteten zwei Wuppertaler Freimaurerlogen eine neue Gedenktafel mit dem Freimaureremblem. Die Tafel ist an der heutigen rechten Seite des Sockels angebracht und trägt die Inschrift: „Ihrem Meister von Stuhl 1877-79 und 1883-89, Freimaurerlogen Hermann zum Lande der Berge, Lessing im Wuppertale als Stifterinnen“.
Rüdiger Steiner


Bildunterschrift (795) aus NN:

In einer poesiefeindlichen Umwelt war es für die Dichter im Wuppertal relativ schwer, die Anerkennung zu finden, die sie sich wünschten. Berufliche Erfolge, wenn es sie denn gab, waren kein nennenswerter Ersatz, sondern mussten bei dem entsprechenden Selbstverständnis der Literaten verachtet werden. Der einzige gangbare Ausweg war der Rückzug von der Außenwelt auf einen „inneren Bereich“. Die äußere Form dafür war das „Lesekränzchen“, eine Vorform des Vereins, allerdings ohne dessen feste Strukturen. Emil Rittershaus unterhielt z.B. am Ende der 1840er Jahre solch ein Kränzchen und Liebhabertheater, an dem neben dem Buchhändler Hugo Oelbermann und dem Handelscommis Wilhelm Wens weitere Mitschüler beteiligt waren. Aus dieser Gruppierung entstand, nachdem 1850 u.a. Carl Siebel zur Gruppe gekommen war, ein „litterarischer Verein“, aus dem sich der „Wupperbund“ entwickelte. Obwohl bereits als Jugendlicher literarisch tätig, war der Sohn eines Barmer Fabrikanten zugleich Geschäftsmann. 1822, nach der Heirat mit Hedwig Lucas, übernahm Rittershaus die Metallwarenfabrik seines Schwiegervaters, die ihm eine sichere bürgerliche Existenz gewährte. Neben seinen lyrischen Arbeiten erschien Rittershaus seinen Mitbürgern vorwiegend als (Gelegenheits-) Festdichtern. Eingebunden in das kulturelle Leben der Stadt, in vielfältige Funktionen und Ämter, erweist sich der Lyriker als routinierter Versemacher. Überregional wurde Emil Rittershaus durch seine regelmäßig in der „Gartenlaube“ veröffentlichten Beiträge bekannt. Gelegenheitsdichter war Rittershaus auf zweifache Weise. Einerseits bereit, sich eines erkannten Anlasses, einer Bitte oder Funktion wegen zu Wort zu melden; andererseits aber ein Mann, der die Gelegenheit und die Zeit in seinen Dichtungen in Übereinstimmung brachte.

Aus dem Buch „Denkmäler, Brunnen und Plastiken in Wuppertal, Ruth Meyer-Kahrweg, Born-Verlag, 1991:
Emil-Rittershaus-Denkmal
Am 20. Juni 1900 versammelte sich eine große Menschenmenge in den Barmer Anlagen, um das Denkmal für Emil Rittershaus zu enthüllen. Geschaffen wurde es von seinem Schwiegersohn Prof. Friedrich Schaper, Berlin.
Emil Rittershaus wurde am 3. April 1834 in Barmen, Kuhler Rotte 640, geboren und starb am 8. März 1897 in der Beckmannshofstraße, die wenige Wochen nach seinem Tod auf seinen Namen umgetauft wurde.
Er wird als Dichter und Kaufmann, Bürger und Künstler, Schwärmer und Idealist, Freimaurer und Christ charakterisiert. Man feierte ihn als großen Redner, ohne den im ausgehenden 19. Jahrhundert kaum ein nationaler Gedenktag gefeiert werden konnte, dem er nicht seine Stimme lieh und den er nicht verherrlichte.
Das Standbild wurde in der Gießerei Martin & Piltzing in Berlin gegossen und den Sockel aus schwedischem Granit lieferte die Firma Kessel & Röhl in Berlin. Bei der Sammlung für das Denkmal waren 26.162,12 Mark zusammengekommen, die Ausgaben betrugen aber 30.132,94 Mark. Der fehlende Betrag wurde von der hiesigen Loge „Lessing“ überwiesen. Während der NS-Zeit mussten die Freimaurerembleme am Denkmalsockel entfernt werden. Die fortschreitende Materialknappheit im 2. Weltkrieg führte dazu, dass das Bronzestandbild eingeschmolzen werden sollte. Ein Mitglied der Familie veranlasste aber, dass es auf einem Bauhof der Stadt versteckt wurde. Und so konnte es am 8. März 1947, zum 50. Todestag von Emil Rittershaus, wieder auf den Sockel gestellt werden. Der im Krieg beschädigte Sockel wurde gedreht, so dass die früher vordere Inschrift EMIL RITTERSHAUS 1834 – 1897 nun hinten zu lesen ist. Vorne wurde eine Tafel neu angebracht:
EMIL RITTERSHAUS, dem Dichter und Menschenfreunde errichtet im Jahre 1900.
1954 wurde zum 120. Geburtstag des Dichters der im Krieg abhanden gekommene Spazierstock kurzerhand durch ein Gasrohr ersetzt. Der 150. Geburtstag von Emil Rittershaus war Anlass einer Gedenkfeier, zu der die Gesellschaft Concordia und die Johannisloge „Hermann zum Lande der Berge“ und der Bergische Geschichtsverein in die Räume der Concordia eingeladen hatten.
Im Anschluss daran wurde am Denkmal in den Barmer Anlagen die von den Logen gestiftete Gedenktafel enthüllt, deren Inschrift

„Ihrem Meister vom Stuhl 1877-79 und 1883-1889
Freimaurerlogen Hermann zum Lande der Berge
Lessing
Im Wuppertale
als Stifterinnen“

mit dem Emblem der Freimaurer, Hammer und Winkelmaß, abschließt. Ausgeführt wurde die Tafel in Granit Balmoral durch die Steinmetzwerkstatt Walter Bardolatzy in Unterbarmen.