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Barmer Stadthalle

Barmer Stadthalle wurde 1897 eingeweiht

Barmer hatten die Nase vorn – aber die Elberfelder haben ihre Stadthalle noch immer
Schauplatz der Geschichte: Festspiele, Konzerte, Kongresse, Basare, Synoden, Kundgebungen und Demonstrationen

(kgc). Nur wenige ältere Mitbürger erinnern sich noch daran, wie gut Barmen mit traditionsreichen Kulturstätten ausgestattet war. Das waren auf den Südhöhen das Luftkurhaus vis-a-vis vom Toelleturm, das Planetarium, dem 1997 ein Gedenkstein gesetzt wurde, und an der Unteren Lichtenplatzer Straße gegenüber, auf dem Grundstück der Barmer Ersatzkasse bzw. des Wupperverbandes, die Stadthalle. Auf dem heutigen Gelände der Polizei auf dem Lichtenplatz (nicht Lichtscheid) hatten die Barmer sogar ihr eigenes Stadion.

Der Barmer Verschönerungsverein ist 1864 gegründet worden und begann wenig später mit dem Erwerb von Grundstücken, um an den Südhängen der Stadt Barmen einen Park zu schaffen. 1872 errichtete er auf dem sogenannten "Plateau" ein hölzernes Restaurationsgebäude. Pavillon und Freifläche wurden Schauplatz flotter Konzerte. Als zusätzliche Attraktion kam ein Aussichtsturm hinzu, von dem man einen weiten Blick auf das Wuppertal mit seiner wachsenden Industrie hatte. Am 15. Oktober 1874 war er als Ehrenmal für 77 gefallene Barmer Soldaten des Krieges 1870/71 eingeweiht worden. Die Restauration wurde schon nach wenigen Jahren zu klein. Der Verschönerungsverein wagte einen mutigen Schritt und beschloß den Bau eines Konzerthauses. Der Grundstein zur Barmer Stadthalle wurde 1895 gelegt. 1896 wurde sie eröffnet, doch erst am 22. September 1897 feierlich eingeweiht.

Es gab Ärger um die Finanzierung, als aus den kalkulierten Baukosten von 350.000 Mark schließlich 700.000 Mark wurden. Dafür konnten 1.800 Personen gleichzeitig beköstigt werden, hatten der Konzertsaal 770 und die Nebenräume 430 Quadratmeter Nutzfläche. Der Saalmangel in Barmen warn behoben! In den ersten zehn Jahren wurden 126 Abonnementskonzerte mit 250.000 Besuchern durchgeführt. Das Städtische Orchester spielte häufig. Einmal gab es einen Beethoven-Abend mit dem Wichlinghauser Sängerchor und dem Frauen- und Mädchenchor "Vorwärts", ein anderes Mal, am 22. Mai 1898, führte der Städtische Singverein vor begeistertem Publikum das Chorwerk "Gustav Adolf" von Max Bruch erstmals auf. 1904 gab es Festspiele "zum Besten des Theater-Neubaus", 1911 das 20. Bundesfest des Deutschen Arbeiter-Sängerbundes. Kirchengemeinden, Schulen, Vereine und Soldatenverbände waren weitere Nutzer. Nach einem Basar des Verschönerungsvereins Mitte April 1901 berichtete Vorsitzender Robert Barthels stolz, dass aus Verkauf und Lotterie über 34.000 Mark erlöst wurden, die der Verein zum Bau eines neuen Musiktempels aufwandte. Dessen Spuren waren später noch auf dem Deisemannskopf, hoch über Heckinghausen, auszumachen.

In den 1930er Jahren wurde die Stadthalle vermehrt zum Schauplatz von Kundgebungen unterschiedlichster Art. Einerseits waren Nationalsozialisten die Veranstalter, andererseits die Bekennende Kirche, die einen Rheinisch-Westfälischen Gemeindetag zum Abschluß der Reichssynode am 31. Mai 1934 durchführte. Tausende Menschen trafen sich in und vor der Stadthalle. Unter dem Eindruck der Versuche Hitlers, die Kirche "gleichzuschalten", sagte Pastor von Sauberzweig aus Salzwedel, es sei eine Anmaßung, wenn man glaube, durch "volkshaftes" Predigen den Geist Gottes herbeizwingen zu können. Auch Landesbischof Wurm aus Stuttgart sprach.
Die Anbindung der Stadthalle an das Stadtzentrum besorgte die Bergbahn, die von 1894 bis 1959 zwischen Clef und Toelleturm verkehrende erste zweigleisige elektrische Zahnradbahn der Welt. Der Angriff auf Barmen in der Nacht zum 30. Mai 1943 ließ die gesellige Stätte in Schutt und Asche versinken. Ein Wiederaufbau stand nicht zur Diskussion, da die Stadtväter der 1929 entstandenen Kommune Wuppertal die etwas jüngere Elberfelder Stadthalle auf dem Johannisberg erhalten wollten. Nachdem im Herbst 1951 die Ruine abgerissen und im November der Aussichtsturm gesprengt worden war, wurde der historische Schauplatz neu belebt. Die Barmer Ersatzkasse, kriegsfolgenbedingt von Berlin nach Nieheim in Ostwestfalen umgesiedelt, bezog einen Neubau mit 350 Mitarbeitern. Der der Straße An der Bergbahn zugewandte Anbau entstand in den siebziger Jahren etwa an der Stelle, wo einst das Kriegerdenkmal seinen Platz hatte. Den schönen Blick auf das Tal haben die Mitarbeiter der BEK-Hauptverwaltung 2002 an die Mitmenschen vom Wupperverband abgetreten, denn die BARMER konzentrierten ihre Zentrale auf Lichtscheid.
Mehr über die Barmer Stadthalle und ihre Umgebung ist im von Hans Joachim de Bruyn-Ouboter herausgegebenen Buch über "die Barmer Südstadt" zu lesen, das im Verlag Müller & Busmann erschienen ist. Ebenfalls im Buchhandel erhältlich ist Klaus Goebels im Born-Verlag erschienenes Buch "Historische Schauplätze in Wuppertal, Solingen und Remscheid", in dem 66 Schauplätze vorgestellt werden und dem vorliegender Text entnommen wurde.

Ein Barmer gründete die BARMER in Barmen
Über Jahrzehnte ist im Volksmund der Barmer Ersatzkasse der Standort ihrer Hauptverwaltung auf der Fläche der früheren Barmer Stadthalle geneidet worden. Dabei sprachen wirtschaftliche und emotionale Gründe für diese Entscheidung. Ein Wiederaufbau der kriegszerstörten Stadthalle schien den Stadtvätern nicht sinnvoll, weil man sich für den Erhaltung der Elberfelder Halle entschieden hatte und Konkurrenz vermeiden wollte. Derweil benötigte die BEK für die Rück("Heim")kehr in die Heimat nach den Stationen Berlin, Bad Hermannsborn und Nieheim ein erweiterungsfähiges Grundstück. Es wurde mit dem Plateau inmitten der Barmer Anlagen gefunden und in nahezu vier Jahrzehnten hat Deutschlands größte Krankenkasse rund 1.000 Arbeitsplätze an der Lichtenplatzer Straße und ab 1986 an der Lichtscheider Straße geschaffen. Mit dem Umzug 1955/56 wurde auch der Wohnungsbau auf dem Heidt stark angekurbelt. Offiziell hat die BARMER zu Beginn des Jahres 2002 ihren Sitz entgültig nach Lichtscheid verlegt, doch noch einige Jahre dient das Gebäude An der Bergbahn der Kasse als Projekthaus. Seit 2002 nutzt der Wupperverband die Gebäude aus den 1950er Jahren als Hauptverwaltung.

Die Wuppertaler Wurzeln der Barmer Ersatzkasse sind im "Kaufmännischen Verein von 1867" zu finden, der am 1. Januar 1904 die "Krankenkasse für Handelsangestellte in Barmen" gegründet hat. Als "Tatort" ist das Hotel Schützenhaus am Alten Markt dokumentiert. Initiator und erster Vorsitzender war Ernst Vesper (1879-1949), der mit einem bestimmten Personenkreis, Angestellte, vorerst räumlich auf Barmen und das Amt Langerfeld beschränkt, und 1.660 Mitgliedern startete. Erstes Domizil war ein Gebäude in der Lindenstraße 6. Hintergründe waren soziale Sicherung, Ablehnung staatlichen Zwangs, Befreiung von der gesetzlichen AOK-Pflichtmitgliedschaft und eigenverantwortliches Gestalten des eigenen Schicksals. "Selbsthilfe, Selbstverantwortung, Selbstverwaltung", so formulierte Vesper seine Devise. Er ist als markante Persönlichkeit mit den Talenten Arbeitseifer, Optimismus, Ausdauer, Sparsamkeit, Organisationsgeschick und Weisungsfähigkeit in die Geschichte eingegangen. Umsichtig leitete er die Kasse bis 1925 (Zwischenstand: 286.441 Mitglieder) und auch die privaten "Barmenia" Versicherungen entsprangen seiner Idee. Mit der frühzeitig begonnen Verbandsarbeit sorgte der Unterbarmer und Barmer Stadtverordnete Ernst Vesper, für eine weitere Absicherung der berufsständischen sozialen Krankenversicherung.

Vereine und Hilfskassen sind im 19. Jahrhundert im gewerbereichen Tal gegründet worden, um in Not geratenen Menschen zu helfen. Ohne Unterstützungseinrichtungen bedrohten Arbeitslosigkeit, Krankheit und Tod die ganze Familie. Deshalb wurde der "Unterstützungsverein der Handlungsgehülfen in Barmen" ins Leben gerufen. Einem Reichsgesetz aus 1904 folgend entwickelte sich daraus die BEK, wie die Kasse kurz und bündig genannt wird. Dem Zusammenschluß mit vielen kleinen Kassen und der 1884 gegründeten Görlitzer Kasse ("Mutterkasse", Basis für Jubiläumsdaten) folgte 1914 die amtliche Zulassung als "Ersatzkasse". Der Erste Weltkrieg ließ die Mitgliederzahl von 20.000 (1914) auf 8.900 (1918) sinken. Die Entwicklung wurde stets von einem Kampf um den Bestand begleitet, weil Berufskassen den Ortskrankenkassen immer ein Dorn im Auge waren. Beim ständigen Wettstreit übernahm die BEK 1931 den Titel der größten deutschen Krankenkasse. Ihre Hauptverwaltung hatte sie seit den zwanziger Jahren in der Carnaper Straße. Auf "Druck der Notwendigkeiten" wurde 1932 die Umsiedlung nach Berlin notwendig. Als mutige Entscheidung galt der Bau einer eigenen Kureinrichtung in Bad Hermannsborn bei Bad Driburg. 1940 gehörten im Reich eine Million Menschen zur Barmer, die während der NS-Zeit zur Körperschaft des öffentlichen Rechts geworden war. Ausgegrenzte Mitglieder wurden im privaten Barmer/Berliner Verein aufgenommen. Die Neuzeit nach dem Zweiten Weltkrieg, mit Verlust der Ostgebiete und Sitz in Berlin, begann für die Selbstverwaltung 1953. Aus den ersten Sozialwahlen ging die Vertreterversammlung hervor, die, stets durch Wahlen geprüft und inzwischen Verwaltungsrat genannt, die Geschicke der BARMER bestimmt. Wurden 1950 knapp 900.000 Mitglieder betreut, konnte 1970 die 3-Millionen-Grenze überschritten werden. Nach der Wiedervereinigung betreuten 1994 rund 20.000 Mitarbeiter(innen) in etwa 1.500 Geschäftsstellen über neun Millionen Versicherte. Der Wettbewerb hat inzwischen zu einer Reduzierung von Mitgliedern, Mitarbeitern und Geschäftsstellen geführt. Der von Ernst Vesper beschworene BEK-Geist ("Angestellte für Angestellte", "Betreuen, nicht verwalten") und die Erhaltung der Maxime "dem Mitglied nahe sein", ist bis in die heutige Zeit aktuell und Arbeitsgrundlage geblieben.

Die starken Bindungen zwischen Wuppertal und der Barmer hat 1984 Heinz Reistenbach, Vorsitzender der Geschäftsführung, anläßlich des 100jährigen Jubiläums so formuliert: "…Verbindungen in vielerlei Hinsicht. Ein großes Unternehmen auf bergischem Fundament!" Die Pensionskasse für die BEK-Angestellten stiftete im gleichen Jahr das Bergbahn-Denkmal.

Bauliche Akzente hat die Barmer Ersatzkasse an einigen Stellen im Tal und auf den Höhen gesetzt. Die Geschäftstellen Barmen, am Geschwister-Scholl-Platz (seit 1930), und Elberfeld, am Karlsplatz befinden sich in Neubauten von 1990 und 1986. Auch die BEK-Zentrale mußte aus Platzgründen vergrößert werden. Dem 1956 fertiggestellten Komplex für 350 Mitarbeiter(innen) an der Unteren Lichtenplatzer Straße wurde 1970 ein neues Gebäude an der Straße An der Bergbahn angefügt. Dort hat einmal das Kriegerdenkmal 1870/71 in Form eines Aussichtsturmes gestanden. Wegen fehlender Erweiterungsmöglichkeiten folgte 1985 die Einweihung der Hauptverwaltung 2 in Sichtweite des Lichtscheider Wasserturmes. 1993 wurde das nach modernsten Sicherheitsaspekten konzipierte Rechenzentrum in Betrieb genommen und Ende 2001 folgte der Umzug auf den höchsten Punkt Wuppertals.

„Wasserportal“ ziert Vorplatz des Wupperverbandes
Zu Beginn des Jahres 2002 hat der 1930 gegründete Wupperverband, zuvor an der Schafbrücke in Barmen Zuhause, von der Barmer Ersatzkasse die am 14. Juli 1956 eingeweihten Gebäudeteile an der Unteren Lichtenplatzer Straße 100 (ohne Gebäude An der Bergbahn) übernommen und eine umfangreiche Sanierung eingeleitet. Mit einem Tag der offenen Tür für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die überwiegend in Außenstellen tätig sind, und deren Familienangehörigen, weihte der Wupperverband seine neue Hauptverwaltung am 25. Mai 2003 ein.
Der Wupperverband bewirtschaftet Talsperren im Bergischen Land, die Wupper mit ihren Nebenflüssen, und sorgt für Hochwasserschutz und ökologische Entwässerung. Flussläufe werden im Gegensatz zu früheren Aktivitäten ökologisch ausgebaut. Nachhaltiger Einsatz für die Zukunft ist eine Investition für kommende Generationen und lebenswerte Welt. Bei diesem Ziel sucht der Wupperverband Partnerschaften mit anderen Institutionen und Organisationen.
Am Ort der heutigen Hauptverwaltung hatte der Barmer Verschönerungsverein einige Jahre nach seiner Gründung 1864 und der Gestaltung der Barmer Anlagen eine Restauration errichtet, aus der sich die 1897 in Betrieb genommene und am 30. Mai 1943 zerstörte Barmer Stadthalle entwickelte. Auf dem benachbarten Grundstück an der Ecke Lichtenplatzer Straße/An der Bergbahn (früher Louisenstraße) war 1874 ein Siegerdenkmal in Form eines Aussichtsturmes entstanden. Nachdem die Ruine 1951 gesprengt worden war, erwarb die Barmer Ersatzkasse das Grundstück, um nach Wuppertal zurück zu kehren und mit ihrer Hauptverwaltung einen Neuanfang zu machen. Am 14. Juli 1956 wurde das nach Plänen von Professor Dustmann erbaute Verwaltungsgebäude eingeweiht. Der Architekt hat den siebengeschossigen Hochbau in Nord-Süd-Richtung gestellt, um Blicke aus den Barmer Anlagen von Süden nach Norden und umgekehrt möglichst wenig zu verstellen. Außerdem gelang es ihm so, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Laufe des Tages viel Sonnenlicht empfangen konnten. Bernd Wille: „Die auch in der Verwaltung hart arbeitenden Menschen konnten, und können noch heute teilweise, den Lauf der Sonne spüren – eine kluge Konzeption.“
Zum Tag der offenen Tür gehörte, die Besucher über Aufgaben und Ziel zu informieren und die Bedeutung von Be- und Entwässerung aufzuzeigen. Den Erlös aus Speisen- und Getränkeverkauf stiftete der Wupperverband für die Trinkwasserversorgung im kriegszerstörten Irak.
Verbunden mit der feierlichen Inbetriebnahme der Hauptverwaltung präsentierte der Wupperverband ein neues Kunstwerk, das den Vorplatz des Haupteingangs und bisherige Parkplatz ziert. Frank Breidenbruch hat eine Brunnenskulptur geschaffen, die den Titel „Wasserportal“ trägt und den 123 Kilometer langen Weg des Wupperwassers von der Quelle bis zur Mündung symbolisch dar stellt.
Der Aufstellung vorausgegangen war ein Ideenwettbewerb, in dem der Wupperverband-Slogan „für Wasser, Mensch und Umwelt“ umgesetzt werden sollte. Vorstandsvorsitzender Bernd Wille: „Wie in der Arbeit des Wupperverbandes ist auch in dem Kunstwerk Breidenbruchs Wasser das zentrale Element. Das Wasserportal ist eingebettet in eine Landschaft, die einen stilisierten Flusslauf unseres heimatlichen Flusses symbolisiert, der unser Arbeitsgebiet mit 2.000 Kilometer Gewässerlänge umfasst.“
Frank Breidenbruch wurde 1963 in Wuppertal geboren und hat unter anderem die Brunnenskulptur im Nordpark geschaffen. In der Barmer Südstadt ist das „Wasserportal“ ein Sinnbild für ein Tor zu einer anderen Welt. Der Betrachter findet sich „vor seinem eigenen Spiegelbild und wird gedanklich aufgefordert, durch sich selbst zu gehen, um auf die andere Seite zu gelangen,“ so die Idee des Künstlers. Das Portal bietet Möglichkeiten der Begegnung und Raumwechsel. Wasser ist ein Element für Leben und ständige Erneuerung. Die Idee der auf einem Stein „sitzenden Null“ brachte Breidenbruch aus Indien mit, wo für ihn die Frage an Bedeutung gewonnen hat: „Woher kommen wir, wohin gehen wir?“ Ein Leuchtstein aus lichtdurchlässigem Marmor trägt zwei variable Buchstaben: ON oder NO. Wieder einmal lädt ein neues Kunstobjekt ein: denk mal, ein Denkmal!