Home » Barmer Köpfe » Conrad Albert Ursprung

Conrad Albert Ursprung

Conrad Albert Ursprung
1856-1932

Wer das musische Leben der beiden Wupperstädte Elberfeld und Barmen kennt, wird erstaunt fragen: „warum gründete der Kommerzienrat albert Ursprung im Jahre 1897 den Barmer Volkschor ?“ Waren doch die beiden großen Chöre (heute vereint als Chor der Konzertgesellschaft), der Elberfelder Gesangverein, gegr. 1811, und der Barmer Singverein, gegr. 1817 durchaus auf der Höhe ihres Könnens und Wirkens. Aber der „Barmer Volkschor“ entstand aus einer für den Gründer typischen Haltung. Wenn von ihm gesagt wird, daß er die Bandfabrik seines Vaters in „sozial-vorbildlicher Weise“ fortführte, so ist damit auch seine Weltanschauung umrissen, die ihn zu der Chorgründung veranlaßte. Er hat (nach einem Zitat der Bergisch-Märkischen Zeitung vom 20.05.1908) es als Zweck und Ziel des Barmer Volkschores betrachtet, „Chor- und Orchester-Werke großen Stils und ersten Ranges zu veranstalten, die an innerer Bedeutung und äußerem Glanz den Darbietungen der exklusiv-gesellschaftlichen Musikpflege um nicht nachzustehen, durch billigste Eintrittskarten aber auch wirklich der breitesten Allgemeinheit zugänglich sind.“ 17 Jahre lang hat der Barmer Volkschor mit größtem Erfolg (besonders nach der Gründung des Volkschor-Orchesters im Jahre 1911) seine Konzerte zur Freude und Erbauung breiter Volksschichten veranstaltet. Vorbildlich bleibt Ursprung in seiner unerschütterlichen sozialen Haltung als Mäzen, für die ihm dann auch von der preußischen Regierung der Titel „Königlich Preußischer Kommerzienrat“ verliehen wurde.

Wer war nun Albert Ursprung, den man in den Registern der Geschichtsvereine vergeblich sucht ? Geboren am 25. Juni 1856 in Barmen als Sohn des Barmer Bandfabrikanten Conrad Albert Ursprung und der Maria Nourney trat er 1880 in das väterliche Geschäft ein eine Bandfabrik, die der Vater unter der Firmenbezeichnung „Viefhaus & Co.“ Mit Friedrich Viefhaus 1856 gegründet hatte und nach Viefhaus Tod unter eignem Namen führte.

Als es im späteren Leben unseres Albert Ursprung einen Strafprozeß gab, sagt ein Barmer Stadtverordneter: „Ich bin mit dem Vater Ursprung befreundet gewesen, ich kenne also Albert Ursprung von den Jugendjahren an. Das Verhältnis zwischen ihm und seinen Eltern war ein musterhaftes, wie es selten vorkommt. Vater und Sohn verkehrten miteinander wie der ältere Freund mit dem jüngeren.“ Ein besseres Zeugnis kann man sich ja nicht wünschen.

Die beiden erfolgreichen Chorleiter und Dirigenten des Barmer Volkschores Karl Martin Hopfe und Hermann Inderau haben sich der väterlichen Freundschaft Ursprungs erfreuen dürfen. Für Hopfe stellte Ursprung sogar die Ausbildungsmittel zur Verfügung. Leider starb Hopfe schon mit 38 Jahren und Hermann Inderau wurde sein Nachfolger. Inderau hat den Barmer Volkschor mit großem Erfolg bis 1914 geführt.. Er wurde leider in den ersten Kriegstagen zur Wehrmacht eingezogen, so mußten Chor und Orchester aufgelöst werden.

Ursprung gehörte auch dem Verwaltungsrat des „Vereins für Ferienkolonien“ an und war Mitbegründer des heute noch bestehenden Kinderheims „Schalksmühle“, viele Kinder aus armen Familien durften hier in den Ferien Erholung finden, ihr Aufenthalt wurde von Ursprung finanziert. Im Juli waren es regelmäßig hundert Kinder, für die er den Aufenthalt bezahlte. Sicher leben heute noch Menschen, die als Kinder zu den Schützlingen Albert Ursprungs gehörten. Leider hat sich aber trotz aller Bemühungen kein Bild von ihm gefunden.

Albert Ursprung hatte stets ein Herz für die Leiden und Nöte seiner Mitmenschen und Freunde. Hier ein Beispiel: Im Jahre 1898 lernte er bei einem Musikfest in Köln Frau Wilhelmine Peill, geb. Schillings, kennen. Sie war die Witwe des aus dem uraltem Elberfelder Geschlecht stammenden Hugo Peill (gest. 1892) und lebte auf dem Maltheserhof bei Römlinghoven. Frau Peill und Albert Ursprung saßen bei dem Konzert nebeneinander und waren begeistert sond der Aufführung von Berlioz „Fausts Verdammnis“. Ursprung erzählte seiner Nachbarin, daß der Barmer Volkschor im Juni des gleichen Jahres das „Reqium“ von Berlioz singen würde. Er lud die alte Dame herzlich ein, sich die Aufführung anzuhören. Frau Peill kam nach Barmen und war freudig erstaunt von der Leistung des Volkschors. Von da ab kam Frau Peill häufiger zu den Aufführungen in Barmen, und es entspann sich eine herzliche Freundschaft zwischen ihr und Albert Ursprung, die sich auch auf die Eltern Ursprungs ausdehnte. Frau Peill einzige Tochter Caroline war mit ihrem Vetter, dem Generalmusikdirektor Max v. Schillings in Stuttgart verheiratet, zwei Enkelkinder, die sie allerdings wenig sah, waren Frau Peill große Freude. Frau Peill war sehr großzügig gewesen und hatte ihren Kindern im Jahre 1906 250.000 Mark zum Ankauf des Schilling´schen Familiengutes Gürzenich bei Düren geschenkt. Trotzdem sahen diese jetzt mit Mißtrauen auf die Freundschaft der Mutter mit Albert Ursprung, dessen soziale Einstellung sie kannten, und als er 1910 bevollmächtigter Vermögensverwalter der Frau Peill wurde, suchten und fanden sie Helfer für die Einlieferung der alten 80jährigen Mutter in ein Irrenhaus. Ursprung schrieb einen geharnischten Artikel in der „Oberkasseler Zeitung“, der natürlich großes Aufsehen erregte. Es wurde von den Gerichten Aufklärung gefordert. Ursprung bekannte sich bald darauf als Verfasser des Artikels und fügte hinzu, daß er die volle Verantwortung für alles Gesagte übernähme. Niemals habe er geldliche Interessen mit dieser Freundschaft verbunden.

Es haben sich dann auch kluge und einflußreiche Juristen für Frau Peill eingesetzt, so der Elberfelder Justizrat Kray und der Barmer Justizrat Thiel. Nach einem langen Martyrium wurde schließlich erreicht, daß Frau Peill nach Holland gebracht werden konnte, wo sie in Arnheim wenige Stunden vor ihrem Tod am 11. April 1913 die Nachricht erhielt, das die „Entmündigung“ aufgehoben sei.

Aber „Gottes Mühlen mahlen langsam, mahlen aber trefflich fein…“, das mußte auch die Tochter der Frau Peill erfahren. Einige Jahre später trennt sich Max v. Schilling von ihr, um die Konzertsängerin Barbara Kemp zu heiraten, nachdem er schon bald nach dem Tod der Schwiegermutter seine Stelle in Stuttgart verlor und in Berlin neu beginnen mußte.

Albert Ursprung starb am 25. Juni 1932, sein Grab findet sich auf dem reformierten Friedhof in der Hugostraße.

Literaturhinweis:
Wuppertaler Biographien Folge 11, Born-Verlag

Quellen-Verzeichnis:
1.) Rheinische Musiker, Folge 5, Köln 1967
2.) Paul Elmar, Geld und Irrenhaus, Berlin 1914