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Hermann Wahl

(uf). Im Jahre 1864 ist Hermann Wahl, Sohn von Saul und Amalie Wahl, in die Geschäftsleitung des Barmer Textilhauses „S. & R. Wahl“ an der Werther Straße 2 eingetreten und trat nach dem Tode seines Vater 1867 in diesen Fußstapfen. Er galt nicht nur als solider Kaufmann, sondern auch als weltoffener Mensch und Kunstmäzen, war Verfasser von „lokalen Lustspielen und Schwänken“. Die private Lebensführung war bescheiden. Wahl muss ungewöhnlich zielstrebig gewesen sein, denn er hielt nicht nur das kaufmännische Streben im Auge und wollte Gewinne erzielen. Auch das Betriebsklima lag ihm am Herzen. Immerhin zählte das Personal um die Wende zum 20. Jahrhundert etwa 200 Angestellte und Arbeiter. Hermann Wahl hat deutlich gemacht, dass er sich als deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens empfand. Deshalb war es für ihn selbstverständlich, Vorbild zu sein und ehrenamtlich in Berufsorganisationen, etwa dem Detaillistenverband (vergleichbar dem heutigen Einzelhandelsverband) tätig zu sein. Schon 1893 wurde der Mitglied der Barmer Handelskammer und blieb es bis zu seinem Tod. Dass er mit Adolf Vorwerk, Albert Molineus und anderen zu den Förderern des Projektes Barmer Bergbahn gehörte, zeigt seine weltoffene und dem Fortschritt zugewandte Haltung.
Anlässlich seines 70. Geburtstages 1910 wurde Hermann Wahl zum Königlich-Preußischen Kommerzienrat ernannt. Die Angestellten und Arbeiter des Textilhauses hatten sich ein besonderes Geburtstagsgeschenk für ihre Chef ausgedacht. Sie ließen im (Jugend-) Stil der Zeit eine kalligrafisch außergewöhnlich schön gestaltete Gruß- und Wunschadresse schreiben und in Leder einbinden. Der Text drückt die Verehrung für den Jubilar aus und bestätigt das für damalige Verhältnisse ausgewogene Betriebsklima.
Hermann Wahl gehörte zu den Begründern der Synagogengemeinde Barmen, die ihn am 11. April 1894 zu ihrem ersten Vorsitzenden wählte. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tode im Jahr 1915.
Hermann Wahls Frau Henny gebar ihm sieben Kinder: Anna, Max, Ernst, Else, Adolf, Fritz, Cläre. Ernst führte S. & R. Wahl in der dritten Generation fort. Nach Vater Hermanns Vorbild war auch Sohn Ernst Wahl stark ehrenamtlich tätig.

Lesetipps:

„Die Wahls in Barmen“, ein jüdisches Familienschicksal in Briefen, Ulrich Föhse, in: Klaus Goebel (Hg.): Unter Hakenkreuz und Bombenhagel, Wuppertal 1989.

Foto: Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge