Home » Neues aus Wuppertal Barmen » Stadtbad Auf der Bleiche

Stadtbad Auf der Bleiche

Ein Wannen- und Schwimmbad für Rittershausen und Heckinghausen
(kgc). Das Schwimm- und Wannenbad an der damaligen Remscheider Straße, die heute Auf der Bleiche heißt, wurde 1908 fertig gestellt. Das Gebäude besteht aus zwei Schwimmhallen – je eine für Frauen und Männer – und einem quer davor liegenden Eingangstrakt. Das Gebäude wurde durch den Barmer Stadtbaumeister Freygang unter Beteiligung des Barmer Stadtbaurates Carl Winchenbach und des Architekten Dicke erbaut. Im Zweiten Weltkrieg, am 30.05.1943, wurden Dach, Tonnengewölbe und Innenaustattung der ehemaligen Herrenschwimmhalle zerstört.
Die Gesamtanlage besteht aus drei Flügeln, die sich U-förmig um einen Innenhof gruppieren. Der westliche Flügel ist auf der Straßenseite gelegen, der Eingang zum Bad ist zentral angeordnet. Der nördlich anschließende Flügel beherbergte ursprünglich die Herrenschwimmhalle, der südliche Flügel die ehemalige Damenschwimmhalle, die bis 30.06.1993 genutzt wurde. Die Eingangsseite wird durch einen hoch aufragenden Mittelpavillon in drei Bereiche gegliedert. Der Mittelabschnitt ist fünfachsig gegliedert, wobei die drei mittleren Achsen, die durch pilasterartige Wandvorlagen voneinander getrennt werden, nochmals vorspringen und insgesamt vier Geschosse aufragen. Der Rest des Mittelabschnittes ist dreigeschossig; die beiden äußeren Abschnitte der Fassade sind nur zwei Geschosse hoch. Über den jeweils äußeren Achsen der Eingangsseite sind Dachpavillons angeordnet, die das Motiv des Mittelpavillons mit ihren Pyramidendächern auf nehmen. Die beiden äußeren Abschnitte der Fassade sind gleichartig aufgebaut, sie besitzen jeweils vier Achsen. In jeder Achse sind in den beiden Geschossen je zwei gekuppelte Fenster angebracht. Zwischen den Achsen befinden sich glatte, ungeschmückte Wandvorlagen.
Die Außenseite des nördlichen Flügels wird zum größten Teil von der Männerschwimmhalle eingenommen. Daneben ist ein Treppenturm angeordnet. Zur Rückseite hin schließen Nebengebäude an. Über dem frei liegenden Kellergeschoss ist die Wand der Schwimmhalle in drei Abschnitte unterteilt. In beiden Geschossen befinden sich jeweils drei gekuppelte Fenster in jedem Bereich., Im zurück springenden Obergaden befindet sich jeweils ein dreiteiliges Rundbogenfenster. Die Hofseite des Flügels ist gleichartig aufgebaut. Östlich der Herrenschwimmhalle befinden sich kleiner Bauten, z.B. das Kesselhaus, die den Innenhof zu dieser Seite hin schließen.
Die südliche Frauenschwimmhalle zeigt äußerlich das gleiche Bild wie die nördliche Männerschwimmhalle. Auf der Westseite sind von der Spiekerstraße aus die Giebelseiten der beiden Schwimmhallen sichtbar. Je ein dreiteiliges Rundbogenfester ist zentral auf der sichtbaren Giebelseite angeordnet. In der Spitze des Giebels ist ein dreiteiliges Fensterband vorhanden. Den oberen gestalterischen Abschluss der Giebel bildet ein flaches Kranzgesims, das seitlich auf Pilastern zu ruhen scheint. Der einzige sichtbare Unterschied zwischen beiden Hallen ist, dass zwischen den Rundbogenfenstern im Obergaden der Langseiten die Wandflächen am Damenbad deutlich schmaler ausfallen. Dies war aufgrund des zur Verfügung stehenden Geländes notwendig. Aber eine Unterordnung des Damenbades gegenüber dem Herrenbad war auch in der Größe erwünscht.
Auf den Längsseiten des südlichen Schwimmhallenbeckens befinden sich im Erdgeschoss und auf der Galerie Umkleidekabinen. An den Außenwänden sind die Zugänge gelegen. Durch die Kabinen erreicht man den Innenraum und so genannten Barfußgang. Von der umlaufenden Galerie aus kann man über eine an der dem Eingang gegenüber liegenden Giebelseite gelegene Treppe das Erdgeschoss erreichen. Ebenfalls an dieser Schmalseite führt eine zweiarmige Treppe mit gemeinsamem Antritt in das Becken. Die gesamte Halle wird von einem Muldengewölbe mit Stichkappen überdeckt. Bis auf Belüftungsöffnungen weist die Deckenfläche keine weiteren architektonischen Elemente auf.
In der nördlichen Schwimmhalle sind durch Kriegszerstörung die gesamte Dachkonstruktion und die historische Innenausstattung bis auf Reste von Fliesen und Stuckelementen verloren gegangen. Erhalten geblieben sind Form und Größe des Beckens mit Überlaufrinnen, die gemauerten Stützpfeiler in der Halle und die umlaufende Galerie im Obergeschoss. Die ebenfalls erhalten gebliebenen Geländer der Galerie wurden entfernt.
Das Gebäude wurde am 14.06.1908 als dritte Badeanstalt in Barmen eingeweiht. Nach dem Ankauf des Grundstückes im Jahre 1905 errichtete die Barmer Badeanstalten AG in Stilform des späten Jugendstils diese Anlage, die nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Betreiber 1918 in städtischen Besitz über ging. Auf Grund der damals vorherrschenden hygienischen Verhältnisse legte man großen Wert auf zahlreiche Wannenstationen erster und zweiter Klasse, die sogar im Kellergeschoss eingebaut wurden. Als Stadtbad für Oberbarmen hatte es eine wichtige soziale Funktion, die auch durch das umfangreiche Engagement der Barmer Schwimmvereine deutlich wird. Lehrveranstaltungen fanden beinahe jeden Tag statt. Ein starkes Bemühen um die Gesundheit der Stadtbevölkerung wurde in zahlreichen Schriften der damaligen Zeit deutlich.
Das getrennte Baden und Schwimmen von Frauen und Männern war zur wilhelminischen Zeit üblich. Ein guter Einblick in die damals vorherrschenden moralischen und anderen Wertmaßstäbe.
Die beteiligten Architekten waren städtische Bedienstete, die im damaligen Bauamt der Stadt Barmen leitende Funktionen inne hatten. Sowohl Carl Winchenbach als auch Stadtbaurat Freygang wurden zu allen wichtigen öffentlichen oder für die Öffentlichkeit bedeutenden Aufträge heran gezogen. So wurde beispielsweise auch das städtische Gymnasium Sedanstraße von ihnen bis 1903 errichtet.
Das Gebäude ist in seiner Art ein für das Wuppertaler Stadtgebiet einmaliges Objekt. Außer dem 1882 eingeweihten Stadtbad Kleine Flurstraße, ebenfalls von Carl Winchenbach errichtet, ist es das einzige erhaltene öffentliche Hallenbad, das vor dem Zweiten Weltkrieg entstand. Die übrigen Anlagen mit ähnlichem Charakter im Wuppertaler Stadtgebiet wurden zerstört und die Ruinen beseitigt. Dies gilt für das 1887 errichtete Elberfelder Stadtbad am Brausenwerth, das 1890 gebaute Ronsdorfer Bad und das Barmer Kurbad an der Friedrich-Engels-Allee. Das Kurbad wurde völlig verändert wieder errichtet. Erhaltung und Nutzung liegen daher aus städtebaulichen, wissenschaftlichen und stadthistorischen Gründen im öffentlichen Interesse. Die Unterschutzstellung erstreckt sich auf das gesamte Gebäude, einschließlich der historischen Innenausstattung.
Nach der Schließung als Stadtbad 1993 wurden die beiden Schwimmhallen abgerissen und durch Wohnblöcke ersetzt. Der unter Denkmalschutz stehende Kopfgebäude blieb erhalten und erinnert an die Bauzeit vor 100 Jahren.

Zeittafel:
1905. Erwerb des Grundstückes.
1906. Beginn der Bauarbeiten für die Badeanstalt an der Remscheider Straße.
14. (Einweihung)/17. (Eröffnung) 06.1908. Badeanstalt an der Remscheider Straße (heute Auf der Bleiche) nach zweijähriger Bauzeit fertig gestellt. Von zwei Schwimmbecken für Männer und Frauen wurde nach der Zerstörung 1943 nur die Damenschwimmhalle instand gesetzt.
08.03. – 19.03.1945. Bombenangriffe auf Oberbarmen, Heckinghausen und Langerfeld. Der Ortskern Heckinghausens versinkt in Schutt und Asche, z.B. am 13.03.1945 die Herrenschwimmhalle des Stadtbades Auf der Bleiche.
10.06.1986. Sport- und Bäderausschuss und Bauausschuss sprechen sich gemeinsam mit dem Bezirksverein Heckinghausen für den Umbau der ungenutzten alten Herrenschwimmhalle zu einem Mehrzwecksaal Auf der Bleiche aus.
29.01.1987. Mit dem 1. „Bleiche-Abend“ im Stadtbad Auf der Bleiche eröffnet Mitbürger Klaus Brausch eine neue Kulturreihe.
07.02.1987. Eröffnung der Mehrzweckräume im Stadtbad Auf der Bleiche, wo früher die Wannenstation war. Neuer Tagungsort der Bezirksvertretung.
21.12.1992. Der Stadtrat beschließt mit Mehrheit der Parteien SPD und FDP die Schließung des Stadtbades Auf der Bleiche.
10.05.1993. Trotz umfangreicher Proteste aus der Bevölkerung beschließt der Stadtrat die endgültige Schließung des traditionsreichen und von vielen Schulen und Vereinen genutzten Hallenbades.
30.06.1993. Schließung.
10.03.1994. Die Umbaupläne für das Stadtbad Auf der Bleiche zum Seniorenzentrum werden auf der Mitgliederversammlung des Bezirksvereins Heckinghausen vorgestellt.
1995. Abriss der beiden Schwimmhallen.
23.11.1995. Grundsteinlegung zum Um- und Neubau des Altenzentrums Auf der Bleiche. Vom ehemaligen Stadtbad ist nach dem Abriß der beiden Schwimmhallen nur noch der denkmalgeschützte Kopfbau erhaltengeblieben, der renoviert wird. Siehe auch 23.09.1996.
23.09.1996. Nachdem das Kölner Lazarus-Hilfswerk als Nachfolger des Arbeiter-Samariter-Bundes das Betreiben des Altenheimes Auf der Bleiche übernommen hat, wird in einer erneuten Grundsteinlegung im Foyer des alten Schwimmbades die Änderung dokumentiert. Zur Zeremonie ist Lutfi Laham, Erzbischof von Jerusalem, nach Heckinghausen gekommen. Der seit jeher der Hilfe von Bedürftigen verpflichtete Lazarus-Orden hat eine fast 900 Jahre alte Geschichte und geht auf die Ritter des Heiligen Lazarus im Heiligen Land Israel zurück.
01.10.1997. Das Altenzentrum Auf der Bleiche auf dem Gelände und mit Bauteilen des ehemaligen Stadtbades wird eröffnet.
28.11.1999. Felix P. Schick (*10.09.1935), Architekt des Sankt-Lazarus-Hauses (unter Einbeziehung des Kopfgebäudes des ehemaligen Stadtbades), gestorben.
Von ursprünglichen Gebäuden sind beide Schwimmhallen nicht mehr vorhanden, jedoch Kopfgebäude.
1908. Eröffnung als städtisches Schwimmbad mit zwei Schwimmbecken für Männer und Frauen, Brause- und Wannenbädern, durch die Stadt Barmen.
30.06.1993. Ende des Schwimmbetriebes im städtischen Hallenbad Auf der Bleiche.
01.10.1997. Inbetriebnahme des Altenzentrums durch das St. Lazarus-Hilfswerk.
28.11.1997. Einweihung des St. Lazarus-Hauses.

02.03.2005