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Siegfried Palm

Ein Meister und „Pavarotti“ des Violoncellos

(kgc). Als Siegfried Palm am 25. April 1927 geboren wurde, gab es im Fischertal noch eine Frauenklinik. Seine Familie wohnte in der Sedanstraße und der Junge wuchs gleich neben dem Realgymnasium auf, das er nach der Volksschule Viktorstraße besuchte. Von seinem Vater gleichen Vornamens hatte Palm das musikalische Talent geerbt. Sein Vorbild war Violoncellist im Städtischen Orchester. Zum 415. Geburtstag seiner Schule kam Prof. Siegfried Palm wieder einmal ins Tal und musizierte gemeinsam mit Prof. Dr. Joachim Dorfmüller. Er gehörte zu den Menschen aus dem Tal, die in der Fremde berühmt geworden sind, wie auf andere Art Harald Leipnitz, Horst Tappert und Rita Süßmuth.

Bereits mit 15 Jahren spielte Siegfried Palm im Orchester des Stadttheaters Barmen, weil er das Violoncello souverän und perfekt spielte. Drei Jahre später folgte ein Engagement als Solovioloncellist im Städtischen Orchester Lübeck. 1947 kam der Barmer zum Symphonieorchester des NWDR in Hamburg. Von 195 bis 1953 war er Meisterschüler von Enrico Mainardi und spielte bis 1962 im Hamann-Quartett. Die folgende Station hieß bis 1968 Rundfunk-Sinfonie-Orchester Köln. Der Umzug nach dort wurde auch deshalb zum Erfolg, weil Palm die Professur und Leitung einer Violoncellomeisterklasse an der Kölner Musikhochschule übernahm, zu dessen Direktor er 1972 avancierte. 1976 wurde er Generalintendant der Deutschen Oper Berlin. Doch 1981 brach der Individualist entgültig durch, er zerriß die Fesseln des Amtes und reist seitdem als „freier Mensch“ durch die Welt. Es gibt kaum eine Musikmetropole, in der Palm nicht gespielt hat. Professor Palm hat die Spieltechnik des Violoncellos wesentlich weiterentwickelt und ist vor allem als Interpret der Neuen Musik bekannt geworden. Eine Reihe von Komponisten hat er zu Werken für sein Instrument angeregt. Zu besonderen Anlässen kehrte der Cello-Virtuose und Cello-Pädagoge gerne in seine Vaterstadt zurück, ob zum Stadtjubiläum oder zur Eröffnung der Uni-Halle. Anläßlich des 415. Geburtstages seines Sedan-Gymnasiums führte Professor Palm mit dem Organisten Professor Dorfmüller in der Immanuelskirche die „Duo-Fantasie“ urauf, die aus der Feder von Christian Gerhard, einem Sedan-Abiturienten des Jahres 1930, stammt.

Professor Siegfried Palm zählte den früheren NRW-Ministerpräsidenten und Bundespräsidenten Johannes Rau (1931-2006) zu seinen Freunden, den er aus „Sedan-Tagen“ kannte. Als der 16-jährige Palm die Leitung des Schulorchesters übernahm, spielte kein Geringerer als „Bruder Johannes“ die Violine.

Mit Siegfried Palm starb am 6. Juni 2005 in Frechen bei Köln eine kulturelle Leit- und Vaterfigur der deutschen Musikszene des zwanzigsten Jahrhunderts. Als Interpret widmeten ihm die wichtigsten Komponisten der zeitgenössischen Musik Solosonaten: Bernd Alois Zimmermann, Yannis Xenakis, Mauricio Kagel, Krzystov Penderecki, Wolfgang Rihm und viele andere. Palm hat sie lebendig gemacht und weitergetragen.

Als Pädagoge sorgte er für eine qualitätvolle Ausrichtung musikpädagogischen Wirkens weit über die Bundesrepublik Deutschland hinaus. Der Kulturpolitiker Siegfried Palm war kompromisslos um Verständigung zwischen Ideologien, Staaten, Menschen bemüht. Als Pädagoge und Kulturpolitiker hat sich Palm besondere Verdienste erworben. Er war immer ein Hardliner in Sachen Qualität, ein liebevoller Vater in der Behandlung seiner Schülerinnen und Schüler, ein kluger Kopf in der Betrachtung zeitgenössischen Musiklebens.

Siegfried Palm hat als Präsident der Gesellschaft für neue Musik (GNM), als Präsident des deutschen Tonkünstlerverbandes (DTKV) und als Präsidiumsmitglied des Deutschen Musikrates und der European String-Teatchers-Association (ESTA) nie funktionärsmäßig, sondern immer als Künstler, gewirkt. In seiner Funktion als Intendant der Deutschen Oper Berlin, als Präsident und Ehrenpräsident des Deutsch-Französischen Kulturrates hat er sich ebenso einen Namen gemacht wie als Interpret und Musikpädagoge. Im ConBrio-Verlag erschien eine Gesprächsbiographie unter dem Titel „Capriccio für Siegfried Palm“.