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Friedrich Wilhelm Dörpfeld

Ein Leben für familiengerechte Schulen und ein sozial befriedetes Vaterland

(kgc). Am 18. Juli 1903 ist im nach Ludwig Ringel benannten Tal in den oberen Barmer Anlagen ein Denkmal zu Ehren von Friedrich Wilhelm Dörpfeld enthüllt worden. Zuletzt 1986 vom Barmer Verschönerungsverein umfänglich renoviert, fehlt ihm seit dem Zweiten Weltkrieg (1939-45) eine von dem Bildhauer Wilhelm Neumann-Torborg geschaffene Figurengruppe, die eine lebensgroße Frauengestalt (Pädagogik) und einen Knaben darstellte, dem sie ein Buch zeigte. Poetisch und einfältig klingt zwar heute der Bibelvers im Sockel des Denkmales: Er hatte unser Volk lieb und die Schule hat er uns erbauet. Es muss aber viel Wahrheit verborgen sein, denn vieles aus dem Munde Dörpfelds könnte heute kaum aktueller sein.

Da der Name Dörpfeld an vielen Stellen im Tale auftaucht, muss erklärt werden, dass das Elberfelder Gymnasium an seinen berühmten Sohn, den Archäologen Wilhelm Dörpfeld, erinnert. Mehrere Merkstationen blieben für den Pädagogen übrig. Die Ronsdorfer Dörpfeldstraße ist geblieben, während die Wichlinghauser Dörpfeld-Straße seit 1935 Liegnitzer Straße heißt. Drei Schulen trugen einst seinen Namen, in Ronsdorf, Wupperfeld und Langerfeld. In Wupperfeld löschte der Zweite Weltkrieg Schulhaus und Gedenktafel aus. Auf ihr wurde Dörpfeld als bedeutendster Volksschullehrer des 19. Jahrhunderts bezeichnet.

Am 8. März 1824 in Wermelskirchen-Sellscheid geboren kam Friedrich Wilhelm Dörpfeld nach der Lehrerausbildung 1848 nach Ronsdorf und wurde Lehrer der einklassigen Heidter Volksschule. Ein Jahr später folgte er dem Ruf an die vierklassige lutherische Volksschule nach Wupperfeld, die er bis zur gesundheitsbedingten Pensionierung geleitet hat. Die Grundsätze seiner pädagogischen Tätigkeit stellte er schon bei seinem Amtsantritt klar: „Die Schule ist vor allem eine Hilfsanstalt der Familie, und der Lehrer ein Gehilfe der Eltern am Werk der Erziehung. Wie Vater und Mutter einig sein müssen, wenn ihre Arbeit an ihren Kindern gelingen soll, so müssen Eltern und Lehrer zusammenhalten in der Arbeit und im Gebet.“ Kann die Feststellung aktueller sein? Liegt darin nicht auch am Ausgang des 20. Jahrhunderts der Erfolgsschlüssel? Gegenseitige Schuldzuweisungen und das Verschieben von Verantwortung scheinen eher die Oberhand zu behalten, wo Partnerschaft unentbehrlich ist. Aus seiner Überzeugung heraus machte sich Dörpfeld viele Gedanken darüber, wie man den Kindern das Wissen gut beibringt. Es war eine Zeit, wo man allgemein noch nicht wusste, wie das Gedächtnis arbeitet und wie man es trainieren kann. Viele seiner Kollegen bleuten ihren Schülerinnen und Schülern den Wissensstoff nur ein. Dörpfeld dagegen überlegte unablässig, wie er seine Stunden interessant gestalten könne, wie die Kinder dazu zu bringen sind, gerne zu lernen und den neuen Stoff auch zu behalten. In Sachen Religion riss er gar die Eltern mit und traf sich abends mit ihnen zum Unterricht. Das führte zu einer väterlichen Aussage: „Wenn der Dörpfeld noch lang hiebliwt, denn makt he us all fromm.“

Dörpfeld führte als erster Lehrer Elternabende ein, engagierte sich für die Lehrerausbildung und legte in zahlreichen pädagogischen, theologischen und philosophischen Schriften Zeugnis von seiner Liebe zu den Kindern und von seiner Verantwortung ab. Er schrieb mit der Hand über 8.000 Briefe (Prof. Dr. Klaus Goebel lieferte 1976 die Gesamtausgabe unter dem Titel „Dein dankbarer und getreuer F.W. Dörpfeld“) und Zeitungsartikel, gab eine Zeitschrift heraus, hielt Vorträge und Versammlungen, bis es an mehreren Orten in Rheinland und Westfalen Schulvereine gab. Oft kamen Kollegen zu Besuch und lauschten, wie Dörpfeld unterrichtete. Die Besucher staunten, wie lebhaft die Kinder auf dem Wupperfeld mitmachten und mit ihrem Herzen beteiligt waren. „Der konnte biblische Geschichten spannend erzählen, Rechenaufgaben gut erklären und Beobachtungen in der Natur so zeigen, dass man verstand, wie alles miteinander zusammenhängt“, ist eine überlieferte Aussage. Der „phantastische Lehrer“, so ein Zitat, wurde zu wichtigen Konferenzen über die deutschen Schulen nach Berlin eingeladen. Dem Berater hörte man aufmerksam zu, denn die Praxisnähe war jederzeit spürbar.

Dörpfeld steht auch für die Verbindung von Glaube, Lehre und Politik. So wandte er sich „gegen die schlimmen Einflüsse der Parteipolitiker auf das Schulwesen“ und fragte: „Wer weiß ein Mittel, um die Menschheit vom Banne der Parteien zu lösen?“ Man könnte glauben, dass sich in einem Jahrhundert wenig geändert hat. Dörpfelds Anschauung hörte sich so an: „Die Interessen des Individuums und die Interessen der Sozietät sind unzertrennlich verbunden. Ethik ist Basis aller sozialen Bestrebungen. Genossenschaftlichkeit, soziale Brüderlichkeit – Anspruch der Arbeiter am Geschäftsgewinn zum Beispiel – das ist, so weit uns zu sehen gegeben, das Ende der Wege Gottes in der sozialen Frage“.
Aus gesundheitlichen Gründen musste Friedrich Wilhelm Dörpfeld 1879 seinen geliebten Beruf aufgeben und kehrte nach einem Aufenthalt in Gerresheim für die letzten Lebensjahre nach Ronsdorf zurück, wo er bei seiner Tochter Anna und deren Mann lebte. Der zweite Sohn, Hans, war Regierungsbaumeister in Berlin und gestaltete das Anlagen-Denkmal mit. 69-jährig starb er am 27. Oktober 1893 und fand seine letzte Ruhe auf dem Friedhof an der Heckinghauser Straße. Damals nahmen die Menschen Abschied von einem Mann, für den Ethik und Psychologie bedeutsam waren und der das Lehramt zu reformieren suchte.
Während Gerhart Werner F.W. Dörpfeld 1961 in den „Wuppertaler Biographien, 3. Folge“ porträtiert hat, übernahm Klaus Goebel 1975 die Würdigung in den „Rheinischen Lebensbildern, Band 6“.