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Ellen Treiße

Ellen Jacobs wurde am 9. Februar 1940 in Barmen geboren. Sie hat mit ihren Eltern, zwei Omas und einem Opa in der Rübenstraße 4, einem fünfstöckigen Haus gewohnt, bis sie 1963 geheiratet hat und auszog. Das Haus gehörte damals der Mutter ihres Vaters, der bis zur Pensionierung Beamter (Ober-Zugführer) bei der Deutschen Bundesbahn war.
Ellen Jacobs hat von 1946 bis 1954 die Volksschule an der Rübenstraße (Ackerstraße) in Heckinghausen besucht. Am 1. April 1954 hat sie in der Bandfabrik Emil Kikuth , Öhder Straße 47, eine Lehre zur Industrie-Kauffrau begonnen, die sie am 31. März 1957 mit Erfolg abschloss. Dort hat sie noch bis zu ihrer Hochzeit im Mai 1963 weiter gearbeitet.
Schwiegervater und Ehemann Walter Treiße waren mit einem Heizungsbau-Geschäft selbstständig. 1970 war eine Flaute im Baugewerbe und Walter Treiße jun. hat eine Esso-Tankstelle in Wichlinghausen als Pächter übernommen. In diesen Jahren hat Ellen Treiße ihren Mann täglich unterstützt, in dem sie Kunden bedient und alle kaufmännischen Angelegenheiten erledigt hat. Nach Ablauf des Vertrages am 31. Dezember 1978 ging ihr Mann Walter wieder in seinen alten Beruf zurück. Neben der Versorgung ihrer Eltern und Schwiegereltern half Ellen Treiße im Schuhhaus Klauser im Werth aus. Walter Treiße ist im März 2006 nach langer Krankheit mit nur 67 Jahren gestorben.
Ellen Treiße lebt im Rauen Werth 15 hat eine 41 Jahre alte Tochter mit einem Lebensgefährten. Sie gesteht: „So bin ich also nicht allein. In meiner Freizeit stehe ich viel mit meinen alten Bekannten in Verbindung.“
Alle Jahre wieder
Am 19. November fand in der Gaststätte „Im Landsknecht“ wieder einmal ein klassenübergreifendes Schultreffen statt. Mit dabei waren 16 Frauen und ein Mann, die sich wie in den Jahren zuvor trafen und über alte und neue Zeiten redeten. Früher war Lehrer Hardt dabei.
Über „olle Kamellen in Heckenhusen“ philosophierten: Rita Wiggers, geborene Böhmer; Erika am Wege (geborene Dick); Rosemarie Wildförster, geborene Weiz; Christa Scheweling, geborene Staab; Leni Schmitz, geborene Brändle; Ursula Weide, geborene Jürges; Doris Müller, geborene Vogelsang; Marlis Frielinghaus, geborene Dahl; Ilonka Affüpper, geborene Hurschmann; Rosemarie Samp, geborene Henze; Karin Müller, geborene Flocke; Ingrid Wunsch, geborene Heyer; Marlis Montag, geborene Kern; Margret Schlichting, geborene Wetter; Hiltrud Wruck, geborene Lehmbach; Rosemarie Schlick, geborene Schönherr; Ellen Treiße, geborene Jacobs; Wolfgang Weskott.


Ellen Treiße
Meine Erinnerungen

2008:
Im Wandel der Zeit

Seit Jahren wird unsere deutsche Sprache auf den Kopf gestellt! Die Worte: date, casting, e-Mail, Feedback, Statements, updaten, checken, Styling, Design, Background. Innovations, Performance, digitalisieren, Location, Handy, chatten, Homepage, im Internet surfen usw. sind heute gang und gäbe. Auch wenn man nicht immer weiß, was die Worte bedeuten.
Aufgewachsen in unserem Haus in Heckinghausen mit 19 Mietparteien, zur damaligen Notzeit habe ich mit vielen alten „geborenen Barmern“ zusammen gewohnt. Die damalige Ausdrucksweise will ich nun mal wieder auffrischen.
Bescheidenheit
Man war seinerzeit mit dem Essen bescheiden. Man benutzte mols zum Kochen eine Scheppe, Zöppkes, Löpel und einen Kochpott am Herd, teils als Kohleherd, teils als Gasherd. In der Küche befand sich eine Gasuhr, welche mit gekauften Gasmünzen bestückt wurde und deren Anzahl von Zeit zu Zeit von den Leuten der Stadtwerke kontrolliert, abgelesen und abgerechnet wurde. Man aß damals u.a. suren Kappes, Mattekäse, Himmel und Erde (Himmel un Äd), armen Ritter, Steckrüben, Blotworscht, Bomböschen, Puffertskuchen und oft auch Brotsuppe.
Auf den Betten hatte man Matratzenschoner, Moltontücher, Unterbetten, Paradekissen, Schazen und Plümos. In einer Ecke des Schlafzimmers hatte man einen Mantelstock stehen und einen großen Kleiderschap – nicht zu vergessen!
Einrichtung
In der Wohnküche saß man auf Holzstühlen, Holzbänken, Sofas, Chaiselongs oder Canapes. Ein großer Tisch, ein Handtuchhalter mit weißem gestärkten Überhandtuch und ein Küchenbord mit mehreren Düppen durfte neben dem Küchenschap nicht fehlen. Reichere Leute hatten auch Wohnzimmer mit Lincrusta an den Wänden und Stuck an den Plafonds sowie teuren Gobelins ringsherum.
Möbliert waren die Zimmer mit gepolsterten Lehnstühlen, Clubsessel, Vertikos, Marmortischen, Kandelaber oder Kronleuchter. Logischerweise hatte man auch Gardinen mit Schabracken. Diese waren selbstverständlich für betuchte Leute. Beheizt wurde das Wohnzimmer durch einen Kamin, mit Holz, Eierkohlen oder Briketts. In musikalischen Familien durften ein Klavier und ein Bandoneon nicht fehlen. Die Frauen standen mols mit einer gestärkten Schötte (Schürze) oder Kittel und Filzpantoffel bei der Küchenarbeit am Herd und großen grauen Spülstein.
Im Waschkeller hat man mit einer Waschmaschine mit Wassermotor und einer Fringmaschine die Wäsche gewaschen, welche vorher in einem Waschkessel in Lauge eingesteckt und gekocht wurde, um später auf dem Oller zu trocknen.
Wenn man mal musste, ging man eine halbe Treppe tiefer zum Häusken, Pissoar oder Abee und schob selbstverständlich die Scholle vor. Gebadet wurde in Zinkwannen oder –küben, die man auf dem Oller aufbewahrte und zum Gebrauch herunter holte.
Beruf
Die Männer gingen zum Prinzipal ins Kontor, zur Bandwirkerei, zur Pappschöttelei, ins Walzwerk, zur Färberei, zur Schlosserei, zur Maschinenfabrik, als Klempner, Anstreicher, Schreiner, Metzger, Bäcker, Maurer und vieles mehr arbeiten. 48 Stunden in der Woche!
Wenn es regnete zog man Galoschen oder Gamaschen an und nahm einen Parapluie mit. Einige Leute hatten auch einen Köter oder Röd, zogen eine Joppe, Überzieher oder Ulster an und setzten einen Hut oder Kappe auf und gingen über die Trottoars, Gassen und Stroten spazieren, in die nächste Pinte oder Kneipe, um sich einen zu zwitschern.
Mit der Bergbahn zum Toelleturm
An schönen Sonntagen kaufte man ein Billet und fuhr mit der ganzen Familie mit der Straßenbahn oder Bergbahn (die gab es bis 1959 noch) zum Toelleturm und weiter zur Müngstener Brücke, und nahm in einem Prumenbülchen Bütterkes und Ärpelschlot mit. Wenn man kein Kniesbül war und kein Oller Miesepriem, trank man da an der Trinkhalle unter der Brücke einen Schlör.
An gemütlichen Abenden durfte das Strickzeug bei Frauen und bei den Männern datt Piepken mit Tabak (eigene Zucht aus dem Garen) oder ein Priem Kautabak und ein Füselken nicht fehlen. Bei guter Nachbarschaft wurde öfter einen miteinander geklönt oder Skat gedroschen. Der Volksempfänger oder das Parlefon dudelte dabei: „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt“.
Spielerei
Tagsüber spielten die Blagen auf der Straße mit Heuer und Knippsteinen oder sie bauten sich in den benachbarten Trümmern eine Bude. Das Ball- und Diabolospielen war modern und ab und zu durften wir zum Sportplatz Widukindstraße zur Kirmes oder, wenn Selma Traber ihre Hochseil-Kunststücke vorführte. Im Sommer wurde zum Schwimmen in die „Mählers“ gegangen und im Winter in die Badeanstalt auf der Bleiche. Der Teich vom Murmelbach wurde zu den ersten Sommerfesten genutzt, wo man an den Losständen u.a. auch ein Fettpaket gewinnen konnte.
Andere Sprache
So war datt. Es war die Sprache, die wir damals verständen haben. Geschadet hat es mir nicht, solche Sprache gehört und gesprochen zu haben.

Mittwoch, 19. November 2008
Unser heutiges Treffen ist unserer Kinderzeit gewidmet. Die ersten Jahre wurden sehr von den Begleitumständen des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) geprägt. Während der Bombenangriffe wurden wir von unseren Angehörigen mit in den nächsten Luftschutzkeller oder in den nächsten Bunker genommen, um uns vor Bomben zu schützen. Durch die auf den Dächern befindlichen Sirenen wurden wir vor jedem Angriff durch Alarm gewarnt, um uns Unterschlupf zu suchen. Die Fenster der Luftschutzkeller waren von außen zugemauert, damit keine Bomben hineinfliegen konnten. Außerdem waren die Kellerwände von aneinander stehenden Häusern an den Giebelwänden durchbrochen, damit sich jeder bei Gefahr von Haus zu Haus retten konnte. Gott sei Dank haben wir diese Zeit überstanden, auch wenn viele Bombentrichter unsere Wasserleitungen zerstört hatten und uns oft auch bei Tieffliegeralarm nichts anderes übrig blieb, als unser Wasser an einer Quelle im Waldbereich zu holen.
Größtenteils wurden unsere Häuser in der Rübenstraße durch mutige Frauen und ältere Männer gerettet. Sie haben Bomben und Phosphor-Kanister aus den brennenden Dächern entfernt und auf die Straße geworfen. Wenn wir nach der Entwarnung den Bunker verlassen hatten und wieder in unsere Wohnhäuser zurück kamen, dann empfingen uns offen geflogene Haustüren, Glasscherben und Bettfedern, welche durch den Druck aus zerstörten Betten und Wohnungen geflogen kamen. Erinnern kann ich mich außerdem noch an den furchtbaren Brandgeruch und den Qualm, der uns umgab.
Nun haben wir früheren Bunker- und Luftschutzkellerkinder von Heckinghausen uns wieder getroffen. Im vorigen Jahr, 2007, haben wir solch ein treffen zum ersten Male gemacht und es hat guten Anklang gefunden.
Heute fange ich mit unserer Einschulung nach Ende des Zweiten Weltkrieges an. Ich wurde mit vielen anderen 1946 in die Schule Rübenstraße (Ackerstraße) geschickt. In Erinnerung ist mir, dass der Schulunterricht nicht immer einwandfrei stattfinden konnte, da kein Koks und keine Kohlen zu bekommen waren und die Klassenräume kalt blieben. Außerdem waren wir Kinder in der Überzahl in der kleinen, einzigen, ganzen Schule in Heckinghausen. Oft hatten wir nur zwei Unterrichtsstunden. Trotzdem musste die Lehrkräfte uns unter diesen schwierigen Umständen etwas beibringen. So wie ich das damals empfunden habe, hat Rektor Kramer alles fest in der Hand gehabt. Unterstützt wurde er von den Lehrerinnen Kuhlmann, Gründel, Kotthaus, Berndt, Kluge, Middendorf, Dort und den Lehrern  Hardt, Meis, Hagmann, Weßler, Edelhoff,Grensing,Lukas usw. Zu der Zeit bekamen wir auch täglich die Quäkerspeise. Unsere alte Hausmeisterin musste sie immer an uns austeilen. Vor Weihnachten erhielten wir durch die Quäker auch etwas Schokolade und gesalzene Erdnüsse geschenkt. Das braune Schokoladenpapier habe ich mir immer einige Tage verwahrt und daran gerochen, wenn ich Hunger auf Schokolade bekam. Als die Schule aus allen Nähten platzte, mussten die Klassen mit den älteren Kindern zur Schule Wichlinghauser Straße ausgelagert werden. Nach dem vierten Schuljahr waren sowieso mehrere Kinder zu höheren Schulen abgewandert. Von dem Schulneubau in der Meyerstraße haben wir dann noch ein paar Jahre etwas mitbekommen. Vor allen Dingen erhielten wir noch einen neuen Rektor, Herr Schröder. Durch die verschiedenen Konfessionen wurden ein paar Klassen als katholische Schule, ein paar Klassen in der Rübenstraße als evangelische Schule und die meisten Klassen in der Meyerstraße als Gemeinschaftsschule eingerichtet. Eine neue Turnhalle wurde ebenfalls in der Meyerstraße gebaut.
Schließlich begann für uns der Ernst des Lebens. Wir mussten für ein gutes Abschlusszeugnis büffeln. Viele kamen in eine Lehre, andere machten später noch das Abitur und studierten anschließend. Aber den Kontakt zu unseren ehemaligen Mitschülern haben wir nicht abgebrochen, weil wir seit unserer Schulentlassung jedes Jahr ein Klassentreffen haben. Unser ehemaliger Lehrer, Herr Hardt, hat früher auch viel an unseren Treffen teilgenommen. Heute sehen wir uns wieder, zu einem lockeren Beisammensein, und unterhalten uns auch über die ollen Kamellen, die wir in Heckinghausen erlebt haben. Unsere Mütter und Väter haben uns damals redlich durchgebracht und sich oftmals gegenseitig unterstützt und beraten. Einen schönen Abend wünscht Ellen aus Hausnummer 4!