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Peter Schölgen

(im/kgc). Untrennbar mit der Gestaltung der Barmer Anlagen verbunden ist der Name Peter Schölgen, nach dem der von Ulmen flankierte im Volksmund so genannte Sonnenweg entlang der Lichtenplatzer Straße benannt ist. Der „Herr Garteninspektor“ kam 1870 aus Düsseldorf an die Wupper, um nach den Plänen des königlichen Gartenbaudirektors Johann Clemens Weyhe den Park am Barmer Südhang zu gestalten. Das ideelle Streben der Initiatoren vom Barmer Verschönerungsverein nach den Barmer Anlagen war eine große soziale Tat, in einer Zeit, die dieses Schlagwortes noch nicht bedurfte. Die Gründungsmitglieder waren noch „Stadtväter“, die daran dachten, all denen, die durch ihre Arbeit an der Entwicklung und dem Aufblühen der alten Bleicher- und Färberstadt Barmen beteiligt waren, und die in dem stetig enger werdenden städtischen Gemeinwesen wohnte, die Möglichkeit des Naturgenusses in einem gepflegten Park zu geben. Zuvor waren große Parkanlagen nur im Zusammenhang mit Schlössern entstanden und dienten nur den Fürstlichkeiten und ihrem Gefolge zur Erbauung. Die Alternative sollte nun in Barmen für alle Bürgerschichten Wirklichkeit werden. Die Umsetzung des Ideals und der ehrgeizigen Pläne wurde zur Lebensaufgabe für Peter Schölgen. Er hielt dem Verschönerungsverein und Barmen auch dann die Treue, als er aus Düsseldorf zurück gerufen wurde. Eine heute unvorstellbare Treue!
Junger Mann mit Tatendrang
1870, 6 Jahre nach Gründung des Verschönerungsvereins, kommt ein dreißigjähriger, schlanker, schwarzbärtiger Mann im Auftrag des königlichen Gartenbaudirektors Weyhe nach Barmen, um die Pläne seines Lehrmeisters zu verwirklichen. Er stammt aus einer alten Düsseldorfer Gärtnerfamilie. Schon sein Großvater war Gärtner im Dienste des Prinzen von Preußen. Ein kleines Bauerngut in Flingern (heute innerstädtischer Ortsteil von Düsseldorf) gehörte den Schölgens und dort hatte der 1840 geborene Peter seine Kindheit verbracht. Er trat dann bei Weyhe in die Lehre, arbeitete im schönen Düsseldorfer Hofgarten, führte Dekorationen im Schloss aus und besuchte eine Zeit lang die Kunstakademie. Voller Freude und Tatendrang kommt Schölgen nach Barmen. Diese Freude muss unbändig sein, leuchtete sie doch später noch aus den Erzählungen des 80-jährigen, als er nach 50-jähriger Arbeit Bilanz zog.
Schölgen sieht sich 1870 dieser Gruppe tatkräftiger Männer gegenüber, mit denen ihn sehr bald ein auf gegenseitige Achtung gegründetes Freundschaftsverhältnis verbindet. Er lernt auch den städtischen Förster Friedrich Wilhelm Heintzen kennen, der sich seiner väterlich annimmt. So beginnt die Arbeit, aus einem Gebiet von Wiesen, Gestrüpp und sogar Felsen, eine Parkanlage zu schaffen. Es sind umfangreiche Planierungsarbeiten notwendig. So liegt der heutige Boden des unteren Teiches in den unteren Anlagen zwei Meter über dem damaligen Niveau. Die ganze darunter zum Tor sich hin ziehende Rasenfläche ist eine tiefe Kuhle. Bei den Vermessungen, als Schölgen auf die abgesteckten Stöcke deutet und sagt: „Dort oben kommt der Teichboden hin,“ sagt der Vorsitzende Wilhelm Werle´ zu ihm: „Zum Teufel! Wollen Sie denn das Wasser in die Luft legen?“
Schölgen heiratet 1871 die einzige Tochter des Försters Heintzen und wohnte die ersten Ehejahre in dem kleinen Haus an der „Kolonie“, später Könighof genannt. Es müssen dort noch mehrere Häuser gestanden haben, wohl kleine Bauernhöfe. Inzwischen wird auf dem Plateau die erste Stadthalle, ein kleines Restaurationsgebäude, gebaut, das sich regen Besuches der Honorationen erfreut. 1875 steht auch das Haus in der neu angelegten Gärtnerei, in das Peter Schölgen einzieht. Als die unteren Anlagen fertig sind, ruft Dr. Weyhe ihn zurück, denn er braucht den bewährten jungen Mitarbeiter. Auf der anderen Seite will ihn der BVV-Vorstand halten, um das Werk fortzusetzen und zu vollenden. Die Freude am Barmer Werk ist so groß, dass er den Ausbau unermüdlich fortsetzt.
Sehenswürdigkeit ersten Ranges
1880 beginnen die Arbeiten im Ringeltal, das nach seinen Entwürfen gestaltet wird. Das Fischertal wird in die Anlagen einbezogen, die nach Schüller und Barthels benannten Wege gelegt und die Ulmenallee entlang der Lichtenplatzer Straße, die später seinen Namen tragen wird. Der repräsentative Zugang zu den Anlagen, die Augustastraße, wird mit Linden bepflanzt. Eine Erneuerung wurde 1918 notwendig. Die Anlagen schmücken sich mit den schönsten Beeten, Zu den Motiven gehörten der Barmer Löwe und das Eiserne Kreuz. Alle Pflanzen werden in der eigenen Gärtnerei gezogen und darüber hinaus werden viele Blumen verkauft. Viele städtische Plätze wurden mit Beeten ausgestaltet, weil es ein Barmer Gartenamt erst viele Jahre später gab. Gegen angemessene Vergütung leistete der BVV diesen Service für die Stadt. In der Gärtnerei wird eine Orangerie gebaut, zur Aufnahme großer Palmen und Lorbeerbäume während der kalten Wintermonate. Um die Wende zum 20. Jahrhundert sind die Barmer Anlagen bereits eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges. Es kommen Kommissionen aus ganz Deutschland und sogar aus Nordamerika zur Besichtigung und alle Gäste sind des Lobes voll. All das ist der Verdienst und das Werk eines Mannes, der nichts als seine Arbeit kennt. Er leitet die Gärtnerei, die 20-24 Arbeitskräfte beschäftigt. Überall wird Schölgen zur Anlagen von Privatgärten bei den neu erbauten Häusern in der Zeit des wirtschaftlichen Aufstiegs gerufen. Es gibt wohl keines der alten großen Patrizierhäuser (Molineus, Mittelsten Scheid, Vorwerk, Schuchard und andere), die nicht ihre Gärten von ihm anlegen lassen. 1895 verleiht ihm die Stadtverordnetenversammlung den Titel „Städtischer Garteninspektor“.
Stolz auf Familie und Leistung
Im Alter von 55 Jahren eine erste Bilanz: Peter Schölgen hat mit seiner Frau drei Söhne und zwei Töchter. Die hübschen Töchter in die verschiedenen Bürgervereine einzuführen, machten ihn stolz. Er spürt große Kraft und arbeitet rastlos weiter. Der „Herr Inspektor“ ist eine bekannte und geachtete Persönlichkeit, ein Mensch, der nur strenge Pflicht anerkennt. Offen und ehrlich in seinem Wesen, geliebt, gefürchtet bei seinen Untergebenen, von denen er viel verlangt, die aber auch wissen, wie gerecht er denkt. Er zieht seine Mitarbeiter heran, die seine reiche Erfahrung und Kenntnisse schätzen. Dazu gehört auch Josef Schnitzler, der ihm ein guter Obergärtner ist und sein Nachfolger wird. Aber an den Ruhestand denkt Schölgen noch lange nicht. Urlaub nimmt er nie. Seine einzigen Reisen sind Einkäufe in Geldern und Venlo, wo er große Baumschulen besucht und nach zwei Tagen wieder zuhause ist.
74-jährig ist Peter Schölgen 1914 noch immer im Dienst. Das ist gut, denn fast alle alten Arbeiter werden für den Ersten Weltkrieg eingezogen oder zu Arbeiten in der Rüstungsindustrie verpflichtet. So hält er die Anlagen so gut es möglich ist, mit ungelernten weiblichen Arbeitskräften, die erstmalig eingestellt werden, in Ordnung. Wieder erscheint, wie viele Jahre vorher, auf den Teppichbeeten das Eiserne Kreuz.
Nach Ende des Ersten Weltkrieges scheidet Peter Schölgen im Alter von 80 Jahren aus den Diensten des Verschönerungsvereins aus. Er fällt nach 50 ereignisreichen Jahren scheinbar in ein tiefes Loch: er fühlt sich geistig wohl, aber entwurzelt und überflüssig. Manchmal fragt ihn sein Nachfolger um Rat. Seine bis dahin erstaunlichen Körperkräfte verfallen schnell. Die Inflation kann er nicht verstehen. Sie bringt ihn und seine Lebensgefährtin in materielle Not. Als 1923 einer seiner Söhne an den Folgen der Kriegsgefangenschaft 40-jährig stirbt, bricht seine Lebenskraft. Peter Schölgen stirbt am 19. Juli 1924. Nachfolgenden Generationen hat Peter Schölgen ein großartiges Werk, den im englischen Stil gestalteten Landschaftspark mit dem Namen Barmer Anlagen hinterlassen!

21.01.2008