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Ursula Ernestus

(kgc). War es Zufall? Just am 22. Oktober, an ihrem Geburtstag verlieh im Barmer Engelshaus der Land-tagsabgeordnete und Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland Winfried Schittges den Rhein-landtaler an Ursula Ernestus. Er dankte für ihr ehrenamtliches Engagement auf dem Gebiet der bergischen Familienforschung als Teil der bergischen Heimatforschung. Ursula Huffert wurde am 22. Oktober 1932 als Tochter des Grafikers und Exlibris-Künstlers Hermann Huffert in Hanau geboren. Nach dem Abitur folgte das dreijährige Studium am Bibliothekar-Lehrinstitut in Köln, das sie 1956 mit dem Diplom als Bibliothekarin für den Dienst an Öffentlichen Bibliotheken abschloss. Im gleichen Jahr heiratete sie den Berliner Bibliothe-kar Horst Ernestus. Bis 1960 und zur Geburt des ersten Sohnes Christopher war die junge Frau in der Stadtbücherei von Berlin-Reinickendorf tätig. 1972 zog die Familie nach der Berufung des Ehemanns zum Direktor der Stadtbibliothek nach Wuppertal. Ursula Ernestus betreut zeitweise die Mediathek des Selbst-lernzentrum der Volkshochschule und lange Jahre die Bibliothek des Wuppertaler Uhrenmuseums.
Zwar arbeitete Ursula Ernestus an zahlreichen bibliothekarischen Veröffentlichungen, Buchbesprechungen, Übersetzungen von Fachbeiträgen und am Standardwerk „Das Bibliothekswesen der Bundesrepublik Deutschland“ ihres Mann mit, doch der ehrenamtliche Schwerpunkt war die eigene, selbstständige bergi-sche Familienforschung. Am Anfang stand die eigene Familie – der Name „Ernestus“ leitet sich von „Ernst“ ab – mit den Wurzeln in Marburg und Wuppertal. Diese geradezu detektivische Recherche war für Mutter und Sohn Christopher der Grundstein für eine drei Jahrzehnte währende Arbeit. Der Ergebnisband trägt den Titel „Ernst, Ernesti, Ernestus“. Die Nachforschungen führten zu engen Kontakten mit dem Bergischen Verein für Familienkunde, dessen stellvertretende Vorsitzende Frau Ernestus seit vielen Jahren ist. Winfried Schittges: „Diese Erwähnung allein vermittelt keine Vorstellung vom hohen persönlichen und wissenschaft-lichen Engagement. Jeder, der in einem Verein Funktionen ausübt, kann bestätigen, dass die anfallenden Anfragen, die Beratungs- und Fachgespräche gar nicht ausreichend gewürdigt werden können.“
Die Familienforschung trägt auf verschiedenen wissenschaftlichen Gebieten Früchte. Viele Jahre wurde an der Edition von Wuppertaler Ortfamilienbüchern gearbeitet, denn kirchliche Archive sind unerschöpfliche Quellen für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte einer Stadt wie Wuppertal. Insbesondere die Kirchenbü-cher, die Taufen, Heiraten und Beerdigungen verzeichnen, waren und sind bis etwa 1810 dem Jahr der Einführung der Standesämtern im Rheinland weitgehend verlässliche Bewahrer von Daten über die Famili-en einer Gemeinde. Es handelt sich um eine Quellengattung, deren Wert für die orts- und regionalhistori-sche Forschung immer mehr erkannt wird. Zur Auswertung gehören Fähigkeit und Wissen, alte Handschrif-ten zu entziffern. Nur bei schonendem Umgang bleiben die Originale der Nachwelt möglichst lange erhal-ten. Fachleute loben die „hervorragende landeskundliche und genealogische Arbeit“ von Ursula Ernestus. Worte wie Wissen, Energie, Ausdauer, Akribie und Disziplin sind einige Pluspunkte. Die lautlose unspekta-kuläre Arbeitsweise und das optimale Ergebnis waren der Landschaftsversammlung einen Rheinlandtaler für Frau Ernestus wert.
1994 erschien das vom Bergischen Verein für Familienkunde herausgegebene zweibändige Werk „Die Familien der evangelisch-reformierten Gemeinde Barmen-Gemarke 1702-1809“. Ursula Ernestus arbeitete an diesem Gemeinschaftsprojekt maßgeblich mit und übernahm die Redaktion der Veröffentlichung. Weite-re Ortsfamilienbüchern, so das der evangelischen Gemeinde Wichlinghausen, der evangelisch-lutherischen Gemeinde Wupperfeld, der reformierten, evangelisch-lutherischen und katholischen Gemeinden Ronsdorfs, wurden von ihr alleine bearbeitet. Nachfolgend fiel der Blick auf die reformierte Gemeinde in Elberfeld, de-ren Kirchenbücher bereits 1582 beginnen. Eine fast übermenschliche Aufgabe, Energie kostend und Zeit raubend. Ursula Ernestus: „Über den genealogischen Aspekt hinaus ergeben sich auch Gelegenheiten, Geschichten berühmter Familien zu ergänzen oder auch richtig zu stellen. Ziel und Antrieb ist die Erfor-schung der Stadtgeschichte.“ Neue Medien und der Computereinsatz ermöglichen in der praktischen For-schung Arbeits- und Zeitersparnis und sind unverzichtbare Hilfen beim Suchen und Ordnen der Ergebnisse.
Die aus der Arbeit entstandenen und entstehenden Ortsfamilienbücher, früher Ortssippenbücher genannt, sind eine wertvolle Hilfe bei der Erforschung der eigenen Familie in einem bestimmten Zeit- und Ortsrah-men. Daraus erwächst in der Regel eine hohe Identifikation mit dem heimatlichen Raum, mit der Stadt Wuppertal und dem Bergischen Land.

28.12.2007