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Anthony Douglas Cragg

(kgc). Wer der Stadt Wuppertal und örtlich dem Stadtteil Barmen eine Skulptur mit Namen „I’m alive“ als Dauerleihgabe vor dem Opernhaus überlässt und die Villa des verstorbenen Farbenfabrikanten Dr. Kurt Herberts in Unterbarmen vor dem Verfall rettet, daraus sogar einen attraktiven Skulpturenpark entwickelt, darf getrost als „Barmer Kopf“ gelten, auch wenn er über 30 Jahre zuvor in Liverpool geboren wurde und sein Atelier auf dem Gelände der früheren Sagan-Kaserne an der Lise-Meitner-Straße hat. Dabei ist der Begriff Atelier schmeichelhaft, denn wo früher Panzer gewartet wurden, betreibt Cragg eine richtige Werkstatt. Schließlich fertigt er nach ersten Zeichnungen Styropormodelle und Kunststoff-Abgüsse, die schließlich in der berühmten Kunstgießerei von Karl-Heinz Schmäke in Düsseldorf landen und zu tonnenschweren Kunstwerken werden. Zu Erfüllung seiner Aufträge beschäftigt Cragg ein Team mit 15 Mitarbeitern.
Erste und zweite Heimat
Der von der britischen Königin geadelte Sir Anthony Douglas Cragg wurde 1949 in Liverpool, englische Heimatstadt der berühmten Beatles, geboren. Sein beruflicher Werdegang begann als Biochemie-Laborant. Danach studierte er in England. Mit Blick auf die liebesbedingte Ankunftszeit 1977 in Wuppertal sagte Tony Cragg einmal: „Diese Stadt ist mir zur Heimat geworden und übt immer einen positiven Reiz aus.“ Über so viel Zuneigung kann sich die Stadt glücklich schätzen.
Ursprünglich war er für ein Jahr zum Lernen der deutschen Sprache an die Wupper gekommen. Schmunzelnd stellt er 30 Jahre später fest: „Ich lerne immer noch.“ Seine erste Frau war also geborene Wuppertalerin.
Bedeutung
Tony Cragg zählt zu den wichtigsten Bildhauern der Welt! Seine Werke sind weltweit verstreut und anerkannt. Er ist Mitglied der Royal Academy, Professor in Düsseldorf, Träger des Praemium Imperiale für Skulptur und des „Nobelpreises“ der Bildenden Künste.
Skulpturenpark in Unterbarmen
2006 hat Tony Cragg die seit vielen Jahren zwischen Hirschstraße und Unterbarmer Wald leer stehende Villa des Lackfabrikanten Dr. Kurt Herberts erworben und errichtete im 15 Hektar großen Wald einen Skulpturenpark aus Natur und Kunst, in dem seine und die Werke anderer internationalbekannter Bildhauer gezeigt werden (ab 31. Oktober 2008 Skulpturen von Eduardo Chillida). Damit hat er sich an die Stadt Wuppertal gebunden und macht sie mit diesem Projekt für zahlreiche auswärtige Kunstliebhaber interessant. In den ersten vier Wochen kamen rund 5.000 Besucher in den Unterbarmer Wald. Durchschnittlich werden pro Tag 500 Gäste gezählt.
Übrigens: als Tony Cragg seine Ehefrau Tatjana mit seinen Plänen konfrontierte, sagte sie spontan, aber wohlwissend, dass diese Entscheidung zu ihm passt: „Tony, Du bist verrückt!“ Die Worte waren wohl liebevoll gemeint.
Oberbürgermeister Peter Jung voll des Lobes zu Tony Cragg: „Sie haben mit Liebe und Leidenschaft ein Kleinod geschaffen. Der Park ist ein Traum, ein Anziehungspunkt, der viele Neugierige nach Wuppertal lockt.“
Skulptur vor dem Opernhaus
Mit seiner Metallskulptur „I’m alive“ hatte sich Tony Cragg an der Regionale 2006-Kunstaktion „Sichtweisen – Kunst auf der Talachse“ beteiligt, so dass sich Autofahrer auf der Friedrich-Engels-Allee und Fußgänger im Engelsgarten an die moderne, silberne Form gewöhnen konnten. Sie haben die glanzvoll geschwungene Form schnell ins Herz geschlossen. Nach Schluss der Aktion erhielt die Stadt vom Künstler das Kunstwerk als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Oberbürgermeister Peter Jung: „Ich freue mich sehr, dass diese wunderschöne Skulptur vis-a-vis zum Opernhaus stehen bleiben wird, denn sie bereichert unser Stadtbild und wird uns noch lange Freude bereiten. Tony Cragg hat damit seine Verbundenheit zur Stadt noch einmal unterstrichen.“
Beiträge zum markanten Stadtbild
Mit weiteren Plastiken an markanten Stellen der Stadt, beispielsweise vor dem Von-der-Heydt-Museum und dem Neubau der Stadtsparkasse am Islandufer, hat der international renommierte Künstler Wuppertal ein unverwechselbares Gepräge verliehen.
In der „Westdeutschen Zeitung“ vom 30. Juni 2008 lobte Hilmar Hecker in einem Leserstatement: „Dieser uneitle, sympathisch daher kommende Angelsachse stellt mit seiner künstlerischen Potenz wahrlich eine Bereicherung für unsere Kommune dar. Allein mit seiner Skulptur „I’m alive“ hat er den Raum um das Opernhaus in Barmen ordentlich aufgepeppt. Man darf gespannt sein, was Sir Anthony Cragg rund um die ehemalige Herberts-Villa gezaubert hat – wir können uns auf Großes gefasst machen.“
Ehrenring
Am 23. Juni 2008 hat der Rat der Stadt Wuppertal auf Antrag der Fraktionen von CDU und SPD einstimmig beschlossen, Tony Cragg mit dem Ehrenring der Stadt Wuppertal als bleibende Wertschätzung seines künstlerischen Werkes und in dankbarer Anerkennung seiner Verdienste auszuzeichnen. Oberbürgermeister Peter Jung streifte Tony Cragg am 20. Oktober 2008 im Ratssaal den Ehrenring über den Finger. Seit 1967 ist Cragg 62. Empfänger der nach der Ehrenbürgerschaft zweithöchsten Wuppertaler Auszeichnung.

Online-Informationen
www.tony-cragg.com

Villa „Waldfrieden“ von Dr. Kurt Herberts
Tony Craggs Skulpturenpark rund um das Waldschlösschen
Runde Wände werden durch geschwungene Kunstformen ergänzt
(kgc). Jahrzehntelang war Haus Waldfrieden mit seinem Park großräumig eingezäunt und von keiner Seite einsehbar. Der Übergang zum Unterbarmer Wald ist nahtlos. Allein die Zufahrt zur Villa des Farbenfabrikanten Professor Dr. Kurt Herberts war und ist 800 Meter lang. Das zweigeschossige Haus ist von einem rund 155.000 Quadratmeter großen Grundbesitz umgeben, den der aus Liverpool stammende Künstler Tony Cragg 2006 erworben hat.
Erheblicher Kostenklotz
Seit etwa 1990 hat die Villa leer gestanden. Zur Substanzerhaltung war ein monatlicher von 5.000 Euro notwendig. Ein Ballast, von dem sich die Erbengemeinschaft Herberts gerne befreit hat. Neben der Fabrikantenvilla befinden sich ein ehemaliges Personalwohnhaus, eine Schwimmhalle, ein vom Feuerlöschteich zum Freibad umfunktioniertes Becken und Wirtschaftsgebäude auf dem Gelände, das von der Hirschstraße fast bis hinauf zur Böhle reicht. Der damalige Besitzer der Farbenfabrik Herberts (heute: Du Pont) hatte 1940 das Grundstück erworben, auf dem sich ein Haus von 1897 befand. Noch vor der Währungsreform ließ Herberts von 1947 bis 1949 „Haus Waldfrieden“ mit einer Wohnfläche von 600 Quadratmetern errichten. 20 bis 22 Wohnräume wurden durch neun Bäder und Toiletten plus Wirtschaftsräume ergänzt.
Anthroposophischer Stil
Auffallend ist der im einheitlichen Stil anthroposophischer Basis errichtete Komplex. Fließende Formen dominieren außen und innen. Kurt Herberts war Anhänger der anthroposophischen Lehre Rudolf Steiners.
Das Gebäude ist ein Werk des Architekten Franz Krause, der auch für die Lotte-Neumann-Siedlung in Barmen verantwortlich zeichnete. Witwe Ursula Herberts erinnerte sich einmal, dass „Haus Waldfrieden stets ein offenes Haus für viele Menschen war. Das Personal wohnte im Haus, wie zuvor die Handwerker während der Bauzeit.
Langer Dornröschenschlaf
Für den stattlichen Wohnsitz wurde lange Zeit kein Käufer gefunden. Ein Abriss kam nicht in Frage, da an der Erhaltung des Denkmals öffentliches Interesse besteht. In dem Buch „Architektur im Wuppertal“ ist von einem „einzigartigen Dokument moderner Architektur in Deutschland“ die Rede. Eine weitere Nutzung als Einfamilienhaus war wegen der Größe des Objektes unmöglich. Zwar wollte ein Unternehmer seinen Firmensitz ins „Haus Waldfrieden“ verlegen, doch die massiven Bauwünsche, beispielsweise ein Hotel, waren aus Sicht der Stadtverwaltung nicht genehmigungsfähig. Auch ein Pflegeheim auf der Fläche des Personalgebäudes ließ sich nicht realisieren. Zuletzt scheiterten Überlegungen für ein Krematorium. Nach dem Erwerb durch Tony Cragg bekommt der „Waldfrieden“ einen ganz neuen Akzent.