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Ernst-Gerd Jentgens

Er mischte weltliche und religiöse Kunst

(kgc). Ernst-Gerd Jentgens wohnte in der Wichlinghauser Schimmelsburg, doch sein Atelier befand sich in der Normannenstraße. Auch sonst hatte der 1931 in Düsseldorf Geborene und 2002 Gestorbene in Oberbarmen starke Wurzeln. Als einer von vier Geschwistern besuchte er den Kindergarten in der Normannenstraße, wo die Großeltern einige Häuser besaßen. Als Jentgens 1937 den roten Ziegelbau in der Wichlinghauser Straße besuchte, war es noch eine katholische Volksschule, aus der bald eine Gemeinschaftsschule wurde. Stark sind die Erinnerungen an die Zeit des Dritten Reiches und besonders an den der „Kristallnacht“ folgenden Tag, den der junge Jentgens in der „Bannmeile der Schule“ erlebte. Das Leid der Menschen hat ihn auch nie mehr losgelassen, sondern ist bis heute Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit geblieben. Doch zunächst besuchte er das Carl-Duisberg-Gymnasium. Eine Ausbildung als Goldschmied und das Abitur am Abendgymnasium folgte. Jentgens studierte Pädagogik, Soziologie und Kunstgeschichte an der Uni Köln, abgeschlossen hat er mit einer soziologischen Betrachtung Max Beckmanns und seines Werkes. Im Schuldienst wirkte er ab 1959 20 Jahre in der Kunsterzie¬hung. Einen Lehrauftrag hatte Jentgens von 1973 bis 1979 an der Pädagogischen Hochschule Ruhr. Aus gesundheitlichen Gründen stieg er aus und widmete sich der freien künstlerischen Tätigkeit in den Bereichen Malerei, Graphik und Bildhauerei.

Ausstellungen lassen sich wie Perlen an einer Kette aufreihen, doch die Menge war ihm dabei ebenso zweitrangig, wie der Verkauf seiner Werke; in einem gewissen Rahmen, versteht sich, denn schließlich lebte Jentgens von und mit der Kunst. Wenn er darüber sprach, dass er „Distanzen überwinden, Himmel und Erde zusammenholen möchte“, dann beschrieb „EGJ“, so sein Markenzeichen, künstlerische Ziele, geriet aber unversehens in den Bereich des christlichen Glaubens, der ihn Zeit seines Lebens geprägt hat. Er war Meßdiener in St. Johann Baptist und hat auch sonst mitgearbeitet. Trotz enger Beziehungen bekleidete Jentgens nie mehr ein Ehrenamt in seiner Gemeinde. Er gestand auch seine kritische Haltung zu vielem, was in der katholischen Kirche passierte und dass die Demokratie dort draußen geblieben ist. Geradezu natürlich hatte er zur künstlerischen Gestaltung der katholischen Kirche Oberbarmen ein gespaltenes Verhältnis und begründet die Kritik theologisch. Einst hatten ihn Jugendliche gebeten, Zeichnungen zum gemeindeeigenen Liederbuch beizusteuern. Der Kreuzweg dokumentierte Jentgens eigenständige Kunstarbeit, die doch mehr als bei anderen Künstlern der Erläuterung und des Hintergrundwissens bedarf. In ihm steckte der Wunsch, Glaubensnachrichten zu verbreiten und die Botschaft zu verkünden: „Das ist das Leiden Christi ebenso, wie das Leiden der Juden, junger Deserteure 1945 in der Sagan-Kaserne, jugoslawischer Völker unserer Tage und der Tschernobylopfer.“
„Menschenbilder“, so läßt sich mit einem Wort das Schaffensergebnis von Ernst-Gerd Jentgens überschreiben. Dauerhaft zu sehen sind von ihm, in der Borkumer Inselkirche eine Altarausstattung in Kupfer, in der katholischen Kirche St. Marien, Barmen, ein Antependium mit zwei Teilen, in der evangelischen Erlöserkirche an der Stahlstraße das Altarkreuz, im Eingangsbereich der katholischen Hauptschule Carnaper Straße des an Bernhard Letterhaus erinnernde Bronzerelief, vor der evangelischen Kirche Gemarke die Figur des „Frierenden“ und vor der katholischen Kirche St. Antonius am Stein¬weg die Figur des „Wartenden“. Für diese Gemeinde hat Jentgens einen Kreuzweg geschaffen, doch der ausgeschriebene Wettbewerb wurde durch eine frei Auftragsvergabe annulliert.
Ernst-Gerd Jentgens schien nicht in Künstlercliquen eingebunden zu sein (obwohl er 20 Jahre in Vorständen von BBK, Gewerkschaft Kunst und Bergische Kunstgenossenschaft seine Solidarität bewiesen hat) – vielleicht weil er nicht „mitschwamm“ und sich von seinen Überzeugungen leiten ließ. Dabei wußte er seine Ansichten mitreißend darzustellen und durfte sich als kritischer, aber engagierter Zeitgenosse loben lassen. Er hat an der Westkotter Straße einen Beitrag zur Denkmalpflege geleistet, als er abbruchreife Häuser erwarb und instandsetzen ließ, und er wollte damals die Adler-Brauerei retten. In beiden Projekten dokumentierten sich Erfolg und Niederlage.

Am 17. November 2002 fand das Leben von ernst Gerd Jentgens ein jähes Ende.
07.10.1996