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Johannes Flintrop

(kgc). Als der (Wahl-)Kölner Künstler Gunter Demnig am 9. Februar 2008 vor dem Haus Meisenstraße 22 auf dem Sedansberg einen 10 x 10 x 10 Zentimeter großen „Stolperstein“ mit der Inschrift „Hier wohnte Johannes Flintrop“ im Gehwegboden versenkte, machte er damit die Erinnerung an Johannes Flintrop als Opfer des Nationalsozialismus sichtbar. Die Katholische Kirchengemeinde St. Marien bezeichnet ihn als „großen Sohn unserer Gemeinde“. Solche im Boden eingelassenen Messingtafeln erinnern in der Regel an die Schicksale deportierter Juden. Demnig hat seit 1993 mit seinem Patenschaftsprojekt „Stolpersteine gegen das Vergessen – ein Projekt für Europa“ internationale Beachtung gefunden. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist. Je mehr Steine verlegt und zu sehen sind, umso größer wird das Interesse, auch wenn es schmerzhaft sein kann, Geschichte nicht dem Vergessen anheim zu geben,“ so erklärt sich Demnig die Aufmerksamkeit für seine Arbeit. In Wuppertal gibt es gegenwärtig acht „Stolpersteine“, von über 14.000 in ganz Europa. Die Finanzierung erfolgt über Patenschaften. Mit dem Verlegen gehen die Steine als Schenkung an die Gemeinden über.

Johannes Flintrop wurde am 23. Mai 1904 in Barmen geboren. Er stammte aus einer Familie mit katholischer Auffassung. Von 1912 bis 1921 besuchte er das Gymnasium in Barmen und wechselte dann bis 1926 zu Studien an die Hochschulen in Bonn und Münster. Im Erzbischöflichen Seminar bereitete sich Flintrop auf den Priesterberuf vor.

Als am 28. Juni 1927 durch Weihbischof Dr. Sträter im Kölner Dom geweihter Priester wirkte er von 1927 bis 1931 in Köln-Mülheim (Herz Jesu) und von 1932 bis 1942 in Mettmann (St. Lambertus). Ob Altar, Kanzel, Beichtstuhl, Unterricht, Vereinsleben, Kranken- und Hausseelsorge: Kaplan Flintrop war immer eifrig und unermüdlich im Einsatz! Zehn Jahre war er Präses und Bezirkspräses der Mettmanner Kolpingsfamilie.

Am 5. März 1942 ist Johannes Flintrop ohne Angabe von Gründen in Mettmann verhaftet und ins Düsseldorfer Polizeigefängnis am Mackensenplatz gebracht worden. Bereits 1941 hatte er acht Wochen in Untersuchungshaft zugebracht. Damals war er denunziert worden, weil er in einer Diskussion beim Katholischen Arbeiterverein geäußert hatte: „Den Krieg gegen Russland haben wir noch nicht gewonnen.“ In einem Brief an seine Eltern schrieb Flintrop von einer Dummheit und Suppe, die er nun auszulöffeln habe. Gegenüber einer Frau hatte er bei einem Krankenbesuch geäußert, dass „wir gewiss ebenso wie die Russen – Gräueltaten verübten“. Die Gestapoleitstelle Düsseldorf begründete die Festnahme, „weil er durch defätistische Äußerungen gegenüber einem Krankenhaus-Patienten das Vertrauen und den Glauben an den Endsieg Deutschlands zu untergraben versucht hat“. Am 13. April 1942 erließ das Staatspolizeiamt Berlin einen Schutzhaftbefehl für den katholischen Kaplan mit Wohnsitz Schlageterstraße 21 in Mettmann. Begründung: „Er gefährdet nach dem Ergebnis der staatspolizeilichen Feststellung durch sein Verhalten den Bestand und die Sicherheit des Volkes und Staates, indem er ungeachtet einer früheren, wegen seiner staatsabträglichen Haltung erfolgten staatspolizeilichen Beanstandung sein geistliches Amt dazu missbraucht, durch defätistische Äußerungen Unruhe und Erregung hervorzurufen, die geeignet sind, den Glauben des deutschen Volkes an den Endsieg und die unverminderte Schlagkraft der Wehrmacht zu erschüttern.“ Am 1. Mai 1942 ist Johannes Flintrop ins Konzentrationslager Dachau, Lagerblock 13/1, verlegt worden und erhielt die Gefangenennummer 29864. Dort wurden alle zu „Schutzhaft“ verurteilten Priester zusammengefasst und in drei Blocks untergebracht. Eine Stube des Blocks 26, der durch einen Stacheldraht abgesperrt war, wurde als Kapelle eingerichtet. Laien war das Betreten des Blockes streng verboten. Verstöße gegen die Lagerordnung wurden drastisch durch Kollektivstrafen geahndet.

Der letzte Brief Flintrops an seine Eltern und Schwester datiert auf den 26. Juli 1942. Gestorben ist Johannes Flintrop am 18. August 1942 um 8.20 Uhr im Konzentrationslager Dachau an den Folgen von Phlegmone am linken Fuß. Bevor der Verstorbene von seiner Familie abgeholt werden konnte, war die Leiche bereits eingeäschert. Deshalb ist durchaus möglich, dass die tatsächliche Todesursache auch Folge einer körperlichen Schwächung oder durch medizinische Experimente erfolgt ist.
Beigesetzt wurden die sterblichen Überreste auf staatliche Anordnung auf dem Friedhof Schützenstraße in Wuppertal-Barmen, nachdem das Requiem in der Mettmanner Pfarrkirche St. Lambertus stattgefunden hatte.

In einem Vortrag am 10. März 2008 im katholischen Pfarrzentrum St. Antonius zählte der Kölner Prälat Helmut Moll Johannes Flintrop zu den „Blutzeugen und Märtyrern des 20. Jahrhunderts“.

Literaturtipp:

„Briefe aus der Gefangenschaft“, Zum Gedenken an Johannes Flintrop, Bearbeitung durch Thomas Iking, Herausgabe durch St. Marien, Wuppertal-Barmen.
„Ein unerschrockener Seelsorger. Zum Gedenken an den Tod von Johannes Flintrop vor 40 Jahren im KZ Dachau; Westdeutsche Zeitung, 19.08.1982.