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Günter Stein

(kgc). Dieser „Barmer Kopf“ wurde nicht in Barmen geboren und ist nach seiner beruflichen Zeit im Tal wieder in seine Kölner Heimat zurückgekehrt. Dennoch hat Günther Stein als katholischer Priester, Pfarrer und Dechant im Tal Spuren hinterlassen. Auf dem Sedansberg und in Hatzfeld wird immer ein Koffer für ihn stehen.

Der Weg
Günther Stein wurde am 29. Mai 1942 in Köln geboren und ist in Porz aufgewachsen. Dem Abitur am neusprachlichen Gymnasium der Stadt Porz am Rhein am 3. März 1961 ließ er Studien der Philosophie und Theologie in Bonn und Innsbruck folgen. Am 11. Juli 1967 wurde er zum Diakon geweiht. In dieser Funktion war er in einer Obdachlosensiedlung in Köln-Poll und im Neubaugebiet Köln-Chorweiler tätig, absolvierte dann eine zusätzliche Ausbildung als Sozialarbeiter.
Priesterliches Leben
Günther Stein wurde am 12. Juni 1976 zum Priester geweiht. Bis 1980 war er Kaplan in Köln-Chorweiler. Dann folgte der Umzug in den Nordosten des Erzbistums Köln, denn 1980 erreichte ihn die Ernennung zum Pfarrverweser und später zum Pfarrer an den katholischen Kirchengemeinden St. Marien (Wichelhausberg) und St. Konrad (Hatzfeld) in Wuppertal-Barmen. In der kirchlichen Hierarchie stieg Günther Stein auf: 1989 Ernennung zum Definitor, Vertreter des Dechanten, des Dekanates Wuppertal–Barmen, 1991 Ernennung zum Dechanten des Dekanates Barmen. Nach Zusammenlegung der beiden Dekanate Barmen und Elberfeld zum Stadtdekanat Wuppertal und Neuordnung von Seelsorgebereichen als Nachfolgeeinheiten von Pfarreien (Barmen-Nordost mit St. Marien, St. Pius X., St. Konrad, St. Johann Baptist, St. Mariä Himmelfahrt unter Leitung von Pastor Ulrich Lemke),verabschiedete sich der beliebte Seelsorger 2008 aus dem Tal und zog zum Rhein heim: Ernennung zum Pfarrvikar, Pfarrer in der Seelsorge ohne Leitungs- und Verwaltungsaufgaben, in Heilige Drei Könige, Köln–Rondorf.
Eine Frage, eine Antwort
Auf die Frage an Günther Stein, was der Unterschied zwischen einem Pastor und Pfarrer ist, antwortet er: „Es gibt keinen Unterschied.“
Reisen, wandern und mehr
Weil auch ein Priester Entspannung und Erholung braucht und ein Recht auf Kultur hat, berichtet „Reiseleiter“ Günter Stein: „Ich war gerne und oft mit vielen Leuten unterwegs: Busreisen nach Griechenland, Italien, in die Türkei, nach Frankreich, Österreich, England, Irland, Polen und Spanien mit Gemeindemitgliedern, meist mit zwei Bussen. Persönlich bin ich gerne und oft nach Israel gereist. Zu Israel hatte ich immer ein ganz besonderes Verhältnis, als junger Student war ich schon auf einer sechswöchigen Reise dort, habe dann Jugendfahrten und später Gemeindefahrten geleitet. In der Heimat Jesu fühle ich mich ihm besonders nahe, die Welt der Bibel wird lebendig. Dann macht mich aber auch die politische Situation besonders betroffen. Ich bemühe mich um ein Verständnis für beide Seiten und leide an der Friedlosigkeit mit. Der Apostel Paulus ist mir auch ein Stück ans Herz gewachsen, weil er so viel geschrieben hat und weil die Apostelgeschichte so viel von ihm erzählt. Ich wandere gerne auf den Spuren von großen Gestalten des Glaubens.
Viermal war ich in Afrika (Kenia) und habe dort unsere Projekte besucht. Da ich direkt am Rhein großgeworden bin, war mein Hobby auch Segeln (auf Nord- und Ostsee und vor allen Dingen in Griechenland). In den letzten Jahren habe ich mich mehr auf das Wandern verlegt. Zuletzt habe ich den Elisabethweg in Hessen und Thüringen erwandert und den Jakobsweg durch das Elsass.“
Gemeinsam mit seinem Priesterkollegen und Freund Franz Ondraczek (Pfarrer an St. Elisabeth in Heckinghausen) war Günther Stein in Schweden, Norwegen, Irland, Italien, Griechenland und an der Schlei. Dann wurde gemeinsamer Urlaub wegen fehlender Vertretungsmöglichkeit immer schwieriger.
Erinnerungen an Barmen
Mit einjährigem Abstand von seinem Abschied aus Barmen blickt Günter Stein zurück: „Es sind natürlich ganz viele Gemeindemitglieder, die mir ans Herz gewachsen sind. Da sind die treuen Alten, denen ich so viel verdanke, die mir ein Vorbild waren. Besonders unterwegs ist das Zusammengehörigkeitsgefühl gewachsen. Ich denke an so viele schöne Feste; auch und besonders an den Karneval in St. Marien und St. Konrad. Als Kölner fand ich diese Feiern immer großartig,
Es war für mich ein besonders schönes Erlebnis, die Kinder aufwachsen zu sehen, sie zur Kommunion und zur Firmung zu führen. Die Messdienerarbeit hat mir immer viele Freude gemacht, wie oft haben wir etwas unternommen. Ich denke an die Jugendlichen, die mich jung gehalten haben, so viele Fahrten, so viele Jugendmessen und andere Begegnungen.
Unvergessen sind natürlich auch die guten ökumenischen Beziehungen. Wolfgang Stoffels hat ein Buch über uns geschrieben. Das Verhältnis zu meinen evangelischen Kollegen am Ort war einfach erfreulich. Dann waren da die ökumenischen Begegnungen auf Stadtebene, die großen Gottesdienste, die vielen Aktionen.
Freude hat mir auch die Begegnung mit den ausländischen Mitbürgern gemacht. Oft konnte ich ein wenig helfen und Wege bereiten. Bereichernd waren die Begegnungen mit der italienischen und polnischen Gemeinde. So viele schöne gemeinsame Gottesdienste und Feste.
Meine älteren Mitbrüder, besonders Pfarrer Anton „Toni“ Schwedt (auch ein „Barmer Kopf“), haben mich geprägt. Wie gerne war ich mit ihnen zusammen.
So lautete mein Abschiedsbrief:
Liebe Schwestern und Brüder, „Geht die Steinzeit zu Ende?“, so hat jemand gefragt und ich schreibe diesen Brief, um Ihnen zu bestätigen, dass ich mich dem Bischof neu zur Verfügung gestellt habe, um anderswo meinen Dienst fortzusetzen. Im Herbst 2008 wird der Wechsel stattfinden. Mit der „Steinzeit“ war die Geschichte der Menschheit nicht zu Ende, im Gegenteil. Und so wird es auch in St. Konrad, St. Marien und St. Pius sein. Es wird nicht nur irgendwie weitergehen, es wird gut weitergehen. Auf einer Priesterratssitzung 2007 Jahr haben wir mit Betroffenheit die Statistik zur zukünftigen Entwicklung des Priesterberufes und der Katholikenzahl zur Kenntnis nehmen müssen. Es gibt nicht nur immer noch weniger Priester, von den immer weniger werdenden Priestern wollen auch immer weniger Pfarrer werden. Es ist hier nicht der Ort, darüber Theorien zu entwickeln, warum das so ist, auch will ich nicht in das Klagelied der ewig gestrigen einstimmen, die es schon immer gewusst haben. Wohl aber ist mir deutlich bewusst geworden, dass Entscheidung und Handeln angefragt ist, in einer solchen Lage der Kirche, auch im Barmer Nordosten. Ich halte die Entscheidung zu größeren Seelsorgebereichen, in denen ein Pfarrer in Gemeinschaft mit anderen Seelsorgern seinen Dienst tut, für zukunftsfähig und richtig. Was wären denn die Alternativen? Senioren auf die Gemeinden als Quasi-Pfarrer verteilen? Kopf in den Sand? So lange es noch geht, irgendwie weitermachen? Nein, diese Reform ist notwendig, ich stehe dazu und möchte sie mitgestalten. 1 und 1 kann eben nicht 5 ergeben, das versteht jeder – denke ich. Priester müssen neu verteilt werden. Die Reform bedeutet konkret: Unsere Gemeinden sind schon im größeren Seelsorgebereich mit St. Johann Baptist in Oberbarmen und St. Mariä Himmelfahrt in Nächstebreck zusammen. Pfarrer Ulrich Lemke, mit dem ich schon seit vielen Jahren verbunden bin, dessen Fähigkeiten ich sehr schätze und dem ich tief dankbar bin, für seinen Mut und seine Bereitschaft, wird Leitender Pfarrer dieser fünf Gemeinden sein. Ihm stehen zur Seite, ein weiterer hauptamtlicher Priester als Pfarrvikar und alle bisherigen Seelsorger – auch alle unsere Subsidiare – in den fünf Gemeinden. Die Zahl der Seelsorger wird sich also nicht verringern und statt meiner wird ein voll diensttauglicher Priester als Pfarrvikar für die fünf Gemeinden mit im Bunde sein. Wenn – wie in der Agrarwirtschaft – Felder oder Weideflächen auch für die Herde Christi zusammengelegt werden und nicht unnötig „parzelliert“ sind, wird das auch für die Seelsorgearbeit fruchtbar sein. Es kommt doch Freude auf, wenn man mit einem Angebot mehr Menschen erreicht, wenn man das, was hier gelungen ist, auch dort anbieten kann, wenn gebündelte Kräfte mehr bewegen können. Das gilt für die Seelsorger und für die haupt- oder ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gemeinden. Man liest da hin und wieder Schreckliches über Laien, die angeblich nicht bereit sind, über den Tellerrand ihrer Gemeinden oder Bezirke hinauszuschauen. Gut, dass es die bei uns nicht gibt. Bei Pfarrereinführungen – so auch bei meiner vor 28 Jahren – wird gerne das Evangelium vom Palmsonntag vom Einzug Jesu in Jerusalem erwähnt. Wir, die Pfarrer, sind dabei die Esel, die den Herrn in seine Stadt tragen dürfen. Dieses Bild vom Esel hat mich jetzt wieder eingeholt: mein Freund Francisco erzählte mir, die Römer hätten zum Straßenbau im unwegsamen Gebirgsgelände einen Esel vorangetrieben. Er habe ihnen dann immer den günstigsten Weg gezeigt. Ein solcher Esel könnte ich gewesen sein. Der Weg ist markiert, jetzt kann die Straße gebaut werden, die Straße der fünf Gemeinden zueinander, die Straße, die nicht mehr provisorisch, sondern jetzt zukunftsfähig ist. Sie zu motivieren, an dieser Straße mit zu bauen, Ihnen auf Zukunft Lust zu machen, Neues und Neue mit Freude und Vertrauen anzunehmen, ist der zweite Zweck dieses Briefes. Wie froh bin ich, dass unsere Gremien schon auf dem Weg dazu sind.
Nun aber zu mir, dem alten Esel: 28 Jahre durfte ich meine Wurzeln in den Boden unserer Gemeinden treiben, 28 Jahre hat mich dieser Boden gehalten. Ihnen dafür zu danken, ist der dritte Zweck dieses Briefes. Schauen Sie: ein Priester, ein Pfarrer besonders, kann doch nur leben, blühen, sich seines Daseins freuen, die eine oder andere Frucht bringen, wenn ihm die Wurzeln Saft und Kraft geben. Das haben Sie in Konrad, Marien und Pius 28 Jahre getan. Sie sollen wissen, wie dankbar ich Ihnen dafür bin. Glaube, Hoffnung und Liebe kann man nicht aus Büchern lernen, Glaube, Hoffnung und Liebe geschieht in der lebendigen Beziehung zu Menschen, mit Menschen. Deshalb gibt es kein Christentum ohne Gemeinden, deshalb ist ein Priester im Grunde nichts ohne Gemeinde. Und wenn bei mir hoffentlich auch der Eindruck entstanden ist, ich hätte das eine oder andere in der Seelsorgsarbeit gerne gemacht, dann sollen Sie wissen, dass Sie daran schuld sind. Ich könnte jetzt sehr viel von Menschen erzählen, die mein Priestersein geprägt und genährt haben, mir fallen so viele Beispiele dazu ein, aber ich kann sie hier nicht nennen, weil ich nicht alle erwähnen kann. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass ich hier in Dankbarkeit und Verbundenheit besonders auch an die denke, die schon in der unmittelbaren Gemeinde Gottes das Fest ohne Ende feiern dürfen. Aber mein Schreiben hat auch noch einen vierten, einen letzten Grund: Wenn ich mir die 28 Jahre vor Augen halte, dann erschrecke ich manchmal heftig: 28 Jahre hatten die Leute mehr oder weniger nur Dich vor Augen, wenn es um Gauben und christliches Leben ging. Deine Art, vor allen Dingen aber auch Deine Unarten haben nicht wenige vor den Kopf gestoßen oder gar abgestoßen. Im Grunde genommen warst Du dieser Aufgabe, diesem Amt nicht gewachsen. Lassen Sie mich wenigstens jetzt – um 5 vor 12 – noch einmal herzlich um Vergebung bitten: Gott ist größer als ich es Ihnen verkündigen konnte, Christus ist Ihnen in seiner liebenden Gegenwart näher, als ich Ihnen nahe sein konnte, und ihn Ihnen nahe bringen konnte. Werfen Sie bitte unser christliches Glauben, Hoffen und Lieben nicht über Bord, erst recht nicht, weil ich Ihnen nicht das war, was ich Ihnen hätte sein können und sein müssen. Beten Sie bitte auch weiterhin für uns Priester, neben Ihrem Mittun benötigen wir der Gnade Gottes am meisten.
Hier und da werde ich zu einer Taufe, einer Hochzeit oder einer Beerdigung eingeladen. Kontakte, die über Jahrzehnte gewachsen sind, reißen nicht so schnell ab.

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Günther Stein, Brühler Landstr. 425, 50997 Köln (Meschenich), Tel. 02232 965438